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Hrodźišća
Felix Biermann

Historische Burgen, deren Befestigung im Wesentlichen aus Wällen in Holz-Erde-Konstruktion besteht. Sie gehören zu den eindrucksvollsten frühgeschichtlichen Denkmalen der Lausitzen. In der Ober- und Niederlausitz sind mehr als 100 solcher „Schanzen“ des 8./9. bis 12. Jh. bekannt, wobei weitere, inzwischen abgetragene Wallburgen anzunehmen sind. Diese Wehranlagen zeugen von der Herrschaftsorganisation, der militärischen und politischen Geschichte in beiden späteren Markgraftümern: Burgwälle waren Stützpunkte der Herrschaft bei Lusizern, Milzenern und kleineren Stämmen wie den Besunzanen, später auch der in die Lausitzen expandierenden äußeren Mächte, v. a. Polens und des ostfränkisch-deutschen Reiches. Sie erfüllten militärische sowie administrative Aufgaben und waren zuweilen auch wirtschaftliche Zentralorte; einige spätslawische Burgwälle wurden Kernpunkte der Herausbildung von Städten (z. B. Bautzen, Cottbus). Sie hatten als Machtsymbole eine erhebliche Bedeutung: Wer die Burgen kontrollierte, beherrschte das Land.

Burgwälle wurden stets an verteidigungsstrategisch günstigen Plätzen errichtet: auf Erhebungen oder Halbinseln in sumpfigen Niederungen, auf ins Tal ragenden Geländespornen oder an steil abfallenden Talrändern, seltener in Gipfellagen. Grundelement der Befestigung war ein Wall, der als Abschnittsbefestigung nur an den Angriffsseiten halbrund (oft bei den sog. Skalenschanzen) oder vollständig geschlossen ausgeführt wurde. Die Wälle bestanden aus neben- und hintereinander aufgereihten kastenartigen Bohlenkonstruktionen, deren Fronten oft mit innen quer zur Wallrichtung eingezogenen Balken (z. T. mit Asthakenverbindung) verstrebt waren. Bei schwankendem Untergrund dienten Balkenroste zur Fundamentierung der mit Erde aufgefüllten Wallkörper. In der Oberlausitz wurden die Wallfronten vielfach von Trockenmauern gebildet (z. B. Göda, Niedergurig, Ortenburg in Bautzen, Landeskrone bei Görlitz). Wahrscheinlich waren für diese Bauweise von Böhmen ausgehende Einflüsse wirksam. Bei den Burgwällen der Niederlausitz gab es keine Trockenmauern, aber mit Feldsteinen belegte Wallfronten. Diese waren ursprünglich recht steil; ihr heutiges Gefälle ist ein Resultat sekundärer Verschleifungsprozesse.

Burgwall bei Ostro; Fotograf: Rafael Ledschbor

Durch Renovierungen und Verstärkungen, bei denen man außen neue Wallsektionen an die älteren Wallsockel ansetzte, konnten Wälle bis zu 20 m breit werden. Ihre Höhe lag wohl meist zwischen 5 und 10 m, wobei dieses Regelmaß von manchen imposanten Wallmauern bes. in der Oberlausitz deutlich überschritten wird (z. B. Loga bis zu 14 m, Niethen 16 m). Stets waren die Burgwälle mächtige Verteidigungsanlagen. Obenauf befanden sich gewiss Wehrgänge, doch fehlen hierzu archäologische Befunde. Auch die Existenz von Türmen u. ä. Verteidigungsbauten kann nicht belegt werden. Vor den Wällen verliefen als Annäherungshindernisse Gräben; bei Niederungsburgen waren es im Allgemeinen flache Sohlgräben, die zur Sammlung des hoch stehenden Grundwassers ausreichten. An Höhenburgen treten viel tiefere und breitere Trockengräben auf. Als Tore dienten Unterbrechungen im Wallverlauf oder durch den Wall geführte Tunneltore (so in Brohna, Raddusch, Schönfeld und Tornow).

Größe und Form der Burgen differieren, was mit ihrer unterschiedlichen Zeitstellung, Funktion und Lage zu tun hat. In der Niederlausitz haben die meisten Burgen nicht mehr als 50–70 m Außendurchmesser, sind rund oder oval und liegen in Feuchtgebieten; diese kleinen Niederungsrundwälle kann man als Typ Tornow bezeichnen (z. B. Groß Beuchow, Groß Lübbenau, Leuthen-Wintdorf, Lübbenau, Raddusch, Repten, Schönfeld, Vorberg). In der Oberlausitz kommen einige Befestigungen desselben Typs vor (z. B. Brohna, Großhänchen, Loga und Luga), daneben kleine Rundwälle in Höhenlage (Belgern) und v. a. halbkreisförmige Skalenschanzen und Abschnittsbefestigungen von geringer Größe (Weite Bleiche von Bautzen, Blösa, Dahren, Göda, Kleinseitschen, Lauske, Zschorna u. a.). Der Grundriss der Höhenbefestigungen ist häufig enger an die natürlichen Gegebenheiten angepasst als jener der Niederungswälle. Außerdem gibt es weit größere Burganlagen, so die Ortenburg (etwa 100 x 110 m), das Burglehn bei Lübben (150 x 140 m), Gehren (130 x 130 m), Niethen (150 x 100 m), Coblenz (150 x 130 m) und die enorm große, aber nicht in allen Teilen klar datierte Landeskrone. Neben den vorherrschenden einteiligen Burgwällen kommen Befestigungen mit einer Gliederung in Haupt- und Vorburg vor (z. B. Freesdorfer Borchelt, Coblenz, Kopschin). Eine Sonderstellung nehmen die slawischen Befestigungen auf den Ruinen bronze- und früheisenzeitlicher Burgen ein, etwa die Ostroer Schanze, das Heilige Land von Niemitzsch/​heute: Polanowice (Polen) und der Burger Schlossberg im Spreewald.

Die Ausgrabungsbefunde im Innern von Burgwällen lassen auf eine rege Besiedlung schließen. In den Höfen standen Holzhäuser, entweder konzentrisch mit einem Schwerpunkt hinter dem Wall und teilweise an dessen Rückfront anschließend (Tornow) oder insgesamt bebaut (Presenchen). Neben den für das slawische Siedlungswesen überregional charakteristischen Blockhäusern von ca. 12–25 m2 Fläche treten in fast allen Burgen der Niederlausitz (z. B. Presenchen, Vorberg, Saßleben, Schönfeld, Tornow), aber wohl auch in Wehranlagen der Oberlausitz wie Brohna tiefe, oft steinverkeilte Pfostengruben in großer Zahl auf, die zu Pfostenhäusern gehörten. Für diese außergewöhnliche Bauweise, die auf offenen slawischen Siedlungen keine Parallelen findet, ist an westliche oder südliche Einflüsse zu denken. In vielen Burghöfen kamen außerdem zylindrische Speichergruben für Getreide (bes. in Schönfeld), Steinpflaster, Estriche, Öfen und Feuerstellen, stets starke Kulturschichten sowie mitunter mehrere Brunnen zutage. Allein im Burgwall von Raddusch wurden vier z. T. gleichzeitig funktionierende Brunnen entdeckt, darunter ein 11,80 m tiefer Schacht. Das Wasser benötigte man für Mensch und Vieh, v. a. aber zum Löschen bei Feuer und zum Feuchthalten hölzerner Partien der Burg bei Angriffen mit Brandpfeilen. Die intensive Nutzung der Burgen unterstreichen die in der Regel überaus zahlreichen Funde von Siedlungsabfällen, etwa Gefäßkeramik, Darrwannen aus Lehm, Mahlsteine, Spinnwirtel, Eisen- und Geweihgerät, große Mengen von Tierknochen. Militaria wie Sporen, Lanzen- und Pfeilspitzen bezeugen den militärischen Zweck der Anlagen. Auf die Feuerzerstörung vieler Burgen gehen Brandschichten und evtl. auch die mitunter nachgewiesenen Verschlackungen in den Wällen zurück, die sog. Schlackewälle.

Burgwall bei Loga, 1950; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Die ältesten Burgwälle errichteten die Slawen wahrscheinlich um oder bald nach 800 in der Oberlausitz. Aufgrund des unzureichenden Forschungsstands sind die Datierungsgrundlagen dort zwar schwach, doch kann man große Höhenbefestigungen wie Coblenz und Niethen wohl in Beziehung zu ähnlichen Anlagen in Böhmen und Schlesien setzen und als Sitze früher einflussreicher Herrschaften deuten. In der Niederlausitz entstanden Burgen erst seit der zweiten Hälfte des 9. Jh., dann aber rasch und zahlreich. Bis in die zweite Hälfte des 10. Jh. waren hier fast nur die kleinen, recht gleichförmigen Niederungsrundwälle des Typs Tornow gängig. Sie dienten als Ansitze kleiner slawischer Herrschaften begrenzter, z. T. wohl nur lokaler Reichweite und sind damit Anzeichen einer starken politischen Zersplitterung bei den Lusizern. Dazu passt, dass eine Hauptburg für diese nicht bezeichnet werden kann. Die dafür lange in Anspruch genommene, bei Thietmar von Merseburg erwähnte Burg Liubusua ist nicht in der Niederlausitz, sondern bei Löbsal an der Elbe zu lokalisieren. Die Burgwälle in der Niederlausitz werden zuweilen mit den im sog. Bayerischen Geographen (Mitte des 9. Jh.) erwähnten 30 Civitates der Lusizer („Lunsizi“) in Verbindung gebracht, was aufgrund der Diskrepanzen in der Datierung aber nicht ohne Weiteres möglich ist.

In der Oberlausitz entstanden vom späteren 9. bis zum 10. Jh. ebenfalls zahlreiche kleine Burgwälle: Niederungsrundwälle, Spornbefestigungen, Höhenrundwälle und Skalenschanzen. Art, Größe und Vielzahl der Burgen lassen bei den Milzenern auf ähnlich kleinteilige Machtverhältnisse schließen wie bei den Lusizern, zumal die Ortenburg als zentraler Herrschaftssitz der Milzener offenbar erst seit dem späten 10. Jh. erfasst werden kann. Die Landeskrone hingegen bestand als gewaltige Befestigung bereits in mittelslawischer Zeit und wäre als Hauptburg der Besunzane gut vorstellbar. Generell hat die Oberlausitz im 9./10. Jh. eine vielgestaltigere Burgenlandschaft als die Niederlausitz, wozu auch einige größere Wehranlagen gehören. Dies lässt auf komplexere Herrschaftsstrukturen schließen. Die Expansion fremder Mächte in die Lausitzen, so der Ostfranken und der Polen, im Süden auch der Böhmen, führte während des 10. Jh. zunächst zu einer vermehrten Errichtung und Erneuerung von Rundwällen durch die bedrohten Kleinherrschaften. Dabei sollte der Zusammenhang von äußerer Bedrohung und slawischem Burgenbau jedoch nicht überbewertet werden. Mit der Konsolidierung der größeren, fremden Herrschaften seit der zweiten Hälfte des 10. und im 11. Jh. kam es zu einem Wandel in der Burgenlandschaft. In der Niederlausitz wurden die meisten kleinen Rundwälle aufgegeben. Als Stützpunkte der neuen Herrschaften, die z. T. auch schriftlich als Burgwarde überliefert sind, existierten nach 1000 nur noch wenige, dafür aber größere Burgen, wie z. B. der Schlossberg von Cottbus oder das Burglehn von Lübben. Auch in der Oberlausitz entstanden zu jener Zeit große Burgen wie die Ortenburg. Wahrscheinlich kam es dort in spätslawischer Zeit zu ähnlichen, wenngleich weniger einschneidenden Veränderungen.

Schriftquellen enthalten zu den Burgwällen wenig Informationen; vor 1050 wird nur eine sehr kleine Anzahl von Burgen erwähnt, so Niempsi (Niemitzsch), Triebus (Trebbus) und Liubucholi (Leibchel) im Jahr 1000, Budusin (Bautzen) 1002, Ostrusna (wohl bei Ostritz bzw. Blumberg/​heute: Bratków [Polen]) und Trebista 1007, Jarina (wohl Gehren) 1010, Sciciani/​Ciani 1012–1018 sowie Businc (vermutlich Landeskrone bei Görlitz-Biesnitz) 1015. So beruhen die Kenntnisse über Burgwälle weitgehend auf archäologischen Forschungen. Diese haben eine lange Tradition, die wissenschaftliche Studien schon im 19. Jh. umfasst, etwa bei Karl Benjamin Preusker, Oscar Schuster, Hermann Söhnel, Robert Behla und nicht zuletzt Rudolf Virchow. Bis zum Zweiten Weltkrieg blieb es bei kleineren Untersuchungen.

Rekonstruierte slawische Fliehburg Raddusch; Fotografin: Anja Pohontsch, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Während der DDR-Zeit wurden zahlreiche wichtige Ausgrabungen an Burgwällen durchgeführt, v. a. durch den Braunkohlenbergbau der Niederlausitz. Mehrere wurden großflächig ausgegraben, so Groß Lübbenau, Presenchen, Raddusch, Repten, Schönfeld und bes. Tornow. Die Ergebnisse gewannen überregionale Bedeutung durch Joachim Herrmanns Definition der Tornower Gruppe, einer vermeintlichen Kultureinheit der slawischen Einwanderungszeit mit Anfängen im 7. Jh. In der Oberlausitz sind nur die Ausgrabungen am Burgwall von Brohna durch Werner Coblenz von vergleichbarer Aussagekraft. Dazu kamen kleinere Feldforschungen auf dem Protschenberg bei Bautzen-Seidau oder auf der Landeskrone.

Nach 1990 wurde in der Niederlausitz das Forschungsprojekt „Germanen – Slawen – Deutsche“ unter Leitung Joachim Hennings durchgeführt. Zu den Hauptergebnissen der an über 20 Burgwällen vorgenommenen Ausgrabungen gehört deren Datierung durch verlässliche dendrochronologische Analysen an Wallhölzern. Dadurch kam es zu Korrekturen der älteren Chronologie-Schemata, zu einer Datierung des Burgenbaus erst in das 9./10. Jh. hinein. Auch im polnischen Teil der Niederlausitz wurden in den 1990er-Jahren größere Ausgrabungen ausgeführt, v. a. am Burgwall Heiliges Land von Niemitzsch.

Lit.: J. Herrmann: Tornow und Vorberg. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Lausitz, Berlin 1966; W. Coblenz: Die slawische Sumpfschanze von Brohna, Berlin 1969; Corpus archäologischer Quellen zur Frühgeschichte auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (7. bis 12. Jahrhundert), Hg. J. Herrmann/​P. Donat, 4. Lieferung, Berlin 1985; F. Biermann: Slawische Besiedlung zwischen Elbe, Neiße und Lubsza, Bonn 2000; J. Henning: Der slawische Siedlungsraum und die ottonische Expansion östlich der Elbe: Ereignisgeschichte – Archäologie – Dendrochronologie, in: Europa im 10. Jahrhundert. Archäologie einer Aufbruchszeit, Hg. J. Henning, Mainz 2002; Besunzane Milzener Sorben. Die slawische Oberlausitz zwischen Polen, Deutschen und Tschechen, Hg. J. v. Richthofen, Görlitz/​Zittau 2004.; F. Koch-Heinrichs/​St. Krabath/​U. Lische: Die Schanze von Kopschin und die slawische Besiedlung der Oberlausitz, in: Veröffentlichungen des Museums der Westlausitz Kamenz 35 (2019).

Metadata

Hrodźišća
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Biermann, Felix
Biermann, Felix
archeologija; wurywanje; brunicowe hórnistwo; pomnik; krajina; woborna připrawa; dobywanje kraja; hrodźišćo; Geschichte 600–1199; Bayerischer Geograph
archeologija; wurywanje; brunicowe hórnistwo; pomnik; krajina; woborna připrawa; dobywanje kraja; hrodźišćo; Geschichte 600–1199; Bayerischer Geograph

Historiske hrody, hłownje z nasypami z drjewa a zemje potwjerdźene. Słušeja k najzajimawšim pomnikam zažnych stawiznow Łužicy. W Hornjej a Delnjej Łužicy je wjace hač 100 tajkich hrodźišćow z 8./9. do 12. lětstotka znate, při čimž móže so z dalšich, mjeztym wotnjesenych hrodźišćow wuchadźeć.

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