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Mjenowěda
Walter Wenzel

Disziplin der Sprachwissenschaft, die sich mit der Untersuchung von Eigennamen, d. h. Benennungen einmalig existierender Objekte in Bezug auf Herkunft, Alter, Wortbildung, Bedeutung und räumliche Ausbreitung, befasst; auch Namenforschung, Onomastik. Sie ist eng mit Geschichte, besonders Siedlungsgeschichte, Archäologie, Geografie und Genealogie verbunden, deren Erkenntnisse sie verwertet, aber auch ergänzt.

Sorbische Namen existierten einst im gesamten altsorbischen Sprachgebiet zwischen Saale und Elbe im Westen und der altsorbisch-altpolnischen Sprachgrenze im Osten, die hinter der heutigen Oder-Neiße-Grenze verlief. Während sich sehr viele Orts- und Gewässernamen auch westlich des heutigen sorbischen Sprachgebiets in eingedeutschter Form bis zur Gegenwart erhielten, gingen die Personen- und Flurnamen fast völlig unter. Familiennamen und Flurnamen sorbischer Herkunft sind heute nicht nur im sorbischen Sprachraum der Nieder- und Oberlausitz im Gebrauch, sondern auch in während der letzten Jahrhunderte eingedeutschten Gebieten bis hin zur Elbe, wenngleich in weit geringerer Zahl. Mithilfe von Familiennamen lassen sich die sorbischen Wurzeln vieler Deutscher nachweisen.

Die Herausbildung der sorabistischen Namenkunde als einer wissenschaftlichen Disziplin in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jh. ist den Deutschen Gustav Hey und Paul Kühnel sowie den Sorben Kito Wylem Broniš, Jan Arnošt Smoler und Bogumił Šwjela, v. a. aber Arnošt Muka zu verdanken. Die Leipziger Namenforschung nahm ihren Anfang 1954 mit der Schaffung einer Arbeitsgruppe bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. 1956 begründeten Theodor Frings und Rudolf Fischer die Schriftenreihe „Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte“, deren Herausgabe später Ernst Eichler und Hans Walther übernahmen (41 Bände, bis 2010). Die Arbeitsgruppe veranstaltete Jahrestagungen und Kolloquien, scharte eine große Anzahl von namenkundlich Interessierten um sich, betreute Dissertationen und pflegte intensive internationale Kontakte. 1984 fand in Leipzig der XV. Internationale Kongress für Namenforschung statt. Der Publikation von Forschungsergebnissen dienten seit 1964 die „Informationen der Leipziger Namenkundlichen Arbeitsgruppe“, seit 1969 die „Namenkundlichen Informationen“. Von 1965 bis 2007 erschienen 27 Bände der deutsch-polnischen Schriftenreihe „Onomastica Slavogermanica“, begründet von Rudolf Fischer und Stanisław Rospond. Besondere Bedeutung erlangte das vierbändige Werk von Ernst Eichler „Slawische Ortsnamen zwischen Saale und Neiße“ (1985–2009). Unvollendet blieb der von Eichler edierte „Atlas altsorbischer Ortsnamentypen“ (5 Hefte, 2000–2004). Als erstes Bundesland erhielt Sachsen ein dreibändiges „Historisches Ortsnamenbuch“ (Hg. Eichler/​Walther, 2001). Eine populärwissenschaftliche Darstellung der Nieder- und Oberlausitzer Ortsnamen mit Beiträgen zur Siedlungsgeschichte bot in zwei Bänden Walter Wenzel (2006, 2008). Die slawischen Personennamen in mittelalterlichen Quellen untersuchte Gerhard Schlimpert (1978), die sorbischen Personennamen der Nieder- und Oberlausitz in fünf Bänden Wenzel (1987–1994, 2004). In engem Kontakt mit Leipzig stand das Berliner Namenforschungszentrum, wo Hans Holm Bielfeldt das „Brandenburgische Namenbuch“ begründete (12 Bände, 1967–2005). Deutsch-sorbische namenkundliche Forschungen leiteten zudem an der Pädagogischen Hochschule in Zwickau Horst Naumann und Karlheinz Hengst.

Kompendium slawischer Ortsnamen in Mitteldeutschland von Ernst Eichler, Domowina-Verlag 1985–2009; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Bei der Erforschung der einzelnen Namenklassen, v. a. der Personen-, Orts-, Flur- und Gewässernamen, wird heute in erster Linie die historisch-vergleichende Methode angewandt. Diese verlangt die Sammlung aller relevanten Belege aus den Quellen bis in die Neuzeit, die Berücksichtigung mundartlicher Formen sowie die sprachwissenschaftliche Erklärung eines Namens mit Rekonstruktion der altsorbischen Grundform, wobei möglichst Ursachen für die Benennung aufzudecken sind. Voraussetzung für eine richtige Deutung im deutsch-slawischen Sprachkontaktgebiet ist die Kenntnis der sorbisch-deutschen Phonemsubstitutionen, der Graphemrealisierungen in den Quellen, der Namenbildungsgesetze sowie der sorbischen und deutschen Sprachgeschichte. Die Realprobe im Gelände (besonders bei Orts-, Flur- und Gewässernamen) oder der Rückgriff auf Personennamen aus derselben Namenlandschaft (bei Ortsnamen) kann die Entscheidung erleichtern. Die Erklärung muss durch Vergleichsnamen aus anderen slawischen Sprachen abgesichert und in größere Zusammenhänge eingeordnet werden. Dazu gehören namengeografische und namenstratigrafische (die Namenschichtung betreffende) Untersuchungen, besonders bei Personennamen auch statistische Analysen. Die Namenkunde stellt wichtige Erkenntnisse für die sorbische Sprachgeschichte bereit, so für die historische Phonologie, die Lexikologie und Dialektologie, aber auch die Siedlungs- und Bevölkerungsgeschichte.

Lit.: E. Mucke: Abhandlungen und Beiträge zur sorbischen Namenkunde (1881–1929), Hg. E. Eichler, Leipzig 1984; E. Eichler: Beiträge zur deutsch-slawischen Namenforschung (1955–1981), Leipzig 1985; E. Hoffmann: Die Entwicklung der slawistischen Onomastik in Deutschland (Gebiet der DDR) von ihren Anfängen als Wissenschaft bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Teil II, in: Onomastica Slavogermanica 17 (1988); H. Walther: Namenforschung in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR), in: Namenforschung. Ein internationales Handbuch zur Onomastik, Hg. E. Eichler/​G. Hilty/​H. Löffler/​H. Steger/​L. Zgusta, Band 1, Berlin/​New York 1995; Słowiańska onomastyka. Encyklopedia, Band I und II. Red. E. Rzetelska-Feleszko/​A. Cieślikowa, Warszawa/​Kraków 2002.

Metadata

Mjenowěda
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Wenzel, Walter
Wenzel, Walter
sorabistika; onomastika; Hornja Łužica; Delnja Łužica; stawizny wědomosće; stawizny rěče
sorabistika; onomastika; Hornja Łužica; Delnja Łužica; stawizny wědomosće; stawizny rěče

Disciplina rěčespyta, kotraž so zaběra z přepytowanjom swójskich mjenow, t. r. pomjenowanje jónkrótnje eksistowacych objektow z poćahom na pochad, starobu, słowotwórbu, woznam a rumowe wupřestrěwanje; tež onomastika.

Disciplina rěčespyta, kotraž so zaběra z přepytowanjom swójskich mjenow, t. r. pomjenowanje jónkrótnje eksistowacych objektow z poćahom na pochad, starobu, słowotwórbu, woznam a rumowe wupřestrěwanje; tež onomastika.

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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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