Materielle Zeugnisse
Kunst im öffentlichen Raum
Erste ortsfeste Objekte im öffentlichen Raum, die auch die Sorben/âWenden und insbesondere deren Sprache und Kultur dokumentieren, entstanden in der 2. HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts, so in Kirchen, auf Friedhöfen oder an gewerblichen Einrichtungen. Doch erst etwa 100 Jahre spĂ€ter rĂŒckte sorbisches/âwendisches Kulturgut stĂ€rker in den Fokus. Es kann an Brunnen, auf Wandbildern, an Reliefs oder Plastiken bewundert werden, aber auch auf Gedenktafeln in Form sorbischer bzw. zweisprachiger, deutsch-niedersorbischer Texte.
Erste baubezogene Kunstwerke wurden in der NS-Zeit als völkisch verbrĂ€mte Darstellung der âArbeiter der Faust und der Stirnâ errichtet. So enthĂ€lt der stĂ€dtische Tuchmacherbrunnen die Abbildungen sowohl einer sorbischen/âwendischen Marktfrau als auch einer Textilarbeiterin. WĂ€hrend Erstere das Stadtbild vor allem zu Markttagen prĂ€gten, gehörten Letztere in groĂer Zahl zur Belegschaft dieser Betriebe. Beide trugen damals auch im Alltag ihre sorbische/âwendische Tracht.
Ab den spĂ€ten 1940er Jahren wurde in Ost- wie auch in Westdeutschland die Auseinandersetzung ĂŒber das Bauen und Gestalten nach der NS-Zeit gefĂŒhrt. In beiden Staaten hielt man anfĂ€nglich den Neo-Klassizismus des 19. Jahrhunderts fĂŒr die letzte, von ideologischen Fragen unbelastete deutsche Baukultur. Die gesellschaftliche Neuorientierung fĂŒhrte in der DDR zunĂ€chst zu einer RĂŒckbesinnung auf lokale Stereotype: AnlĂ€sslich der Landwirtschaftsausstellung 1949 in ChĂłĆebuz (Cottbus) wurden zwei Experimental-Lehm-Bauten, die sog. TorhĂ€user, errichtet. Die zwei Giebelfelder enthalten die bauplastische Darstellung des Cottbuser Postkutschers und einer sorbischen/âwendischen Marktfrau. Bereits ein Jahr zuvor war am Rathaus in der Berliner StraĂe eine Kalkstein-Gedenktafel fĂŒr den Landschaftsmaler Carl Blechen angebracht worden. 1956 wurde fĂŒr ihn eine Plastik im gleichnamigen Park aufgestellt.
Die 1952 erlassene Anordnung zur kĂŒnstlerischen Ausgestaltung von Verwaltungs-, Kultur- und Sozialbauten legte fest, ein bis zwei Prozent der Bausumme fĂŒr architekturgebundene Kunst auszugeben (BĂŒttner 2011: 11). Im Fokus standen zunĂ€chst obligate Darstellungen des âsozialistischen Menschenbildesâ. Anfang der 1970er-Jahre setzte die SED einen Kurswechsel durch, um âAufgaben der bildkĂŒnstlerischen Gestaltungen im Komplex der gebauten Umwelt neu zu bestimmen und mehr [âŠ] Ă€sthetische und milieuprĂ€gende, statt unmittelbar agitatorische Funktionen wahrzunehmenâ (Bekenntnis 1986: 16). Lokale KunstĂ€uĂerungen, insbesondere auch mit regionalem Bezug, wurden auf Bezirksebene ĂŒber das âBĂŒro fĂŒr architekturbezogene Kunstâ in Zusammenarbeit mit dem DDR-Verband Bildender KĂŒnstler geplant und auf unterer Ebene mithilfe des âBeirats fĂŒr Stadtgestaltung und Bildende Kunstâ umgesetzt. An dessen Beratungen nahmen in ChĂłĆebuz (Cottbus) auch die âDomowinaâ als anerkannte sorbische/âwendische Interessenvertretung und die 1961 auf Ebene der Bezirke ChĂłĆebuz (Cottbus) und DrjeĆŸdĆșany (Dresden) gebildete âArbeitsgruppe Sorbenfragenâ teil. Bei der erfolgten Konzipierung und Planung sowohl des Wendischen Viertels in der Altstadt von ChĂłĆebuz (Cottbus) als auch des neuen Wohngebiets Neu-Schmellwitz ab der 2. HĂ€lfte der 1970er Jahre wurde erstmals nach einem ganzheitlichen Konzept verfahren, wobei auch auf die Mithilfe des Kreises sorbischer bildender KĂŒnstler zurĂŒckgegriffen wurde. Dieses Vorgehen fĂŒhrte zu Kunstobjekten mit engem Bezug zur Kultur der Sorben/âWenden, die eine einheitliche deutsch-niedersorbische, d.âŻh. zweisprachige Beschriftung der StraĂennamen und einiger GeschĂ€fte oder GasthĂ€user einschloss.