Materielle Zeugnisse
Baugebundene Kunst
Eine zu Beginn der 1950er Jahre erlassene DDR-Verordnung zur kĂŒnstlerischen Ausgestaltung von Verwaltungs-, Kultur- und Sozialbauten legte fest, dass ein bis zwei Prozent der Bausumme fĂŒr architekturgebundene Kunst bzw. Kunst am Bau zu verwenden seien. Die entstandenen Statuen, Stadtbrunnen, Wandbilder, Reliefs, Skulpturen oder auch Plastiken waren Ergebnis eines engen Zusammenwirkens von Politik, Stadtplanung, Architektur und Kunst. Sie spiegeln die gesellschaftspolitischen VerhĂ€ltnisse wider und sind im Kontext wirtschaftlicher und technologischer Entwicklungen zu betrachten.
Die damit verbundene Aufwertung von Kunst und Kultur im stĂ€dtischen wie auch ĂŒberregionalen Raum zeugte von dem Anspruch, die lokale Lebenswirklichkeit nicht nur zu akzeptieren, sondern auch Ă€sthetischer und somit lebenswerter zu gestalten. Einzelne Stadtgebiete wurden vorzugsweise kĂŒnstlerisch aufgewertet, um die Identifikation der Bevölkerung mit ihrem Wohnareal oder Kiez zu vertiefen und stĂ€rker milieuprĂ€gend zu wirken. Dabei fing baugebundene Kunst auch sorbische/âwendische LebensrealitĂ€t ein, und animierte durchaus zur Aneignung und Auseinandersetzung mit deren Kultur in Gestalt von Sprache, BrĂ€uchen und Traditionen. Gleichzeitig verbanden sich vielfĂ€ltige kĂŒnstlerische Ausdrucksformen mit der DDR-Ideologie einer zu fördernden und tatsĂ€chlich geförderten slawischen Minderheit, um die neue sozialistische Gesellschaft auch dahingehend zu legitimieren. Insofern war baugebundene Kunst auch ein âideologisches Erziehungsmittelâ zur âkollektiven Bewusstseinsbildungâ (Wagler 2020: 61).