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Sorbisches Kultur- und Volks­bildungs­amt
von Peter Schurmann

Staatliche Institution zur Lenkung und Förderung des sorbischen Kulturlebens in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR. Die juristische Grundlage bildete das am 23.3.1948 vom SĂ€chsischen Landtag angenommene Gesetz zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung (→ Sorbengesetze). Das Amt unterstand dem Ministerium fĂŒr Volksbildung des Landes Sachsen und ĂŒbernahm dort die Verantwortung fĂŒr die sorbischen. Angelegenheiten, ab 1952 auch im Bezirk Cottbus. Es unterstĂŒtzte die GrĂŒndung sorbischer Bildungs- und Kultureinrichtungen, ĂŒberwachte deren Konsolidierung und beriet staatliche Behörden, Parteien und Organisationen.

Das Sorbisches Kultur- und Volksbildungsamt (obersorb. Serbski kulturny a kubƂanski zarjad bzw. kurz Serbski zarjad) nahm am 5.5.1948 seine Arbeit in Bautzen auf. Als Leiter im Rang eines Ministerialrats wurde PawoƂ Nedo eingesetzt, der als Vorsitzender der Domowina auf die Bildung der Institution hingewirkt hatte. Ende 1950 folgte ihm Kurt KrjeƄc nach, der auch den Vorsitz der Domowina ĂŒbernahm. Erst mit Achim Handrik (ab 1952) stand kein FunktionĂ€r der Organisation mehr an der Spitze des Amtes, das gleichwohl weiterhin eng mit ihr kooperierte. Von ĂŒber 40 geplanten Stellen wurden im Dezember 1948 27 bewilligt, in den 1950er Jahren waren es zeitweise bis zu 35 Angestellte. Im Oktober 1950 richtete die brandenburgische Landesregierung aufgrund der „Ersten Verordnung betreffend Förderung der sorbischen Volksgruppe“ in Cottbus ein sorbisches Referat ein. Als Leiter fungierten Beno Ć oƂta und danach Jan GlawĆĄ. Das Referat, das nie mehr als fĂŒnf Mitarbeiter zĂ€hlte, unterstand ebenfalls dem Volksbildungsministerium des Landes. Bei der Bildung der Bezirke 1952 wurde es wieder aufgelöst.

Sorbisches Kultur- und Volksbildungsamt auf der Dr.-Peter-Jordan-Straße in Bautzen, um 1955; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Das Sorbisches Kultur- und Volksbildungsamt erfĂŒllte mit seinen Abteilungen Schulen/Erwachsenenbildung, Presse/Funk/Film, Kunst/Kultur/Wissenschaft, Jugend, Frauen und Finanzen grundlegende Aufgaben, die bis dahin meist von der Domowina wahrgenommen wurden. Neu gebildet wurde u. a. der Bereich Öffentliches Leben, der die hauptamtlichen sorbischen Referenten bei den KreisĂ€mtern in den zweisprachigen Gebieten Sachsens (bis 1952) und die ehrenamtlichen Aktivs fĂŒr Sorbenfragen, so ab 1953 beim Rat des Bezirkes Cottbus, anzuleiten hatte. Auf all diesen Gebieten koordinierte das Amt die Verwirklichung des Sorbengesetzes, bisweilen mithilfe eines Beirats. Der Schwerpunkt lag auf der Institutionalisierung der sorbischen Kultur, ihrer Finanzierung und der Einsetzung geeigneten Personals. Die GrĂŒndung und finanzielle Ausstattung solcher Institutionen wie des Instituts fĂŒr sorbische Volksforschung (→ Sorbisches Institut), des Staatlichen Ensembles fĂŒr sorbische Volkskultur (→ Sorbisches National-Ensemble) und des Domowina-Verlags galten als „Meilensteine bei der Absicherung einer eigenstĂ€ndigen Kulturentwicklung“. Hierbei erwarb sich v. a. BoĆŸidar Dobrucky bleibende Verdienste. Das Amt kĂŒmmerte sich ĂŒberdies um den Aufbau des zweisprachigen Schulwesens und die Herstellung von Lehr- und Lernmitteln, um den sorbischen Sprach- und Fachunterricht zu gewĂ€hrleisten (→ Schule). Neben dem Ministerium fĂŒr Volksbildung in Berlin, dem es ab 1952 als Hauptabteilung Sorbische Volksbildung unterstellt war, gewann es weitere DDR-Fachministerien als Partner. DarĂŒber hinaus bereitete es VerfĂŒgungen etwa zur Mitwirkung von Sorben in den örtlichen Dienststellen oder zur Durchsetzung der Zweisprachigkeit vor. Diesen AktivitĂ€ten gingen zahlreiche Schulungen und GesprĂ€che bei Fachministerien und beim Zentralkomitee der SED voraus, insbesondere in dessen Abteilung Staatliche Organe, spĂ€ter Staats- und Rechtsfragen. Wert gelegt wurde allgemein auf die Qualifizierung des erforderlichen zweisprachigen Personals (→ Sorbische Sprachschulen).

Die Umsetzung der sorbenrechtlichen Bestimmungen konnte das Amt den staatlichen Instanzen nur empfehlen und erlĂ€utern, es hatte keine Weisungsbefugnis. Die dem Ministerium des Innern zugeordnete Abteilung Sorbenfragen als Nachfolgeeinrichtung (ab 1958) war das „Koordinierungsorgan“ zur Verwirklichung des Sorbengesetzes.

1961 wurden mit den Sektoren fĂŒr sorbische Kultur und fĂŒr sorbische Volksbildung (Sitz in Bautzen bzw. Berlin) zwei zentrale Aufgabenbereiche ausgegliedert und den jeweiligen Fachministerien direkt unterstellt. In Bautzen verblieb eine personell stark reduzierte Abteilung Sorbenfragen, die die sorbischen Belange v. a. in Verbindung mit den neu gebildeten Arbeitsgruppen fĂŒr Sorbenfragen bei den 1. Stellvertretern der Vorsitzenden der RĂ€te der Bezirke Dresden und Cottbus koordinierte.

Lit.: L. Elle: Sprachenpolitik in der Lausitz. Eine Dokumentation 1949–1989, Bautzen 1995; E. Pech: Die Sorbenpolitik der DDR 1949–1970. Anspruch und Wirklichkeit, Bautzen 1999; P Ć urman: K dĆșěƂawosći Sektora za serbske praĆĄenja pƙi Ministerstwje za ludowe kubƂanje NDR, in: Rozhlad 49 (1999) 7/8; A. Bresan: PawoƂ Nedo 1908–1984. Ein biografischer Beitrag zur sorbischen Geschichte, Bautzen 2002.

Metadaten

Titel
Sorbisches Kultur- und Volks­bildungs­amt
Titel
Sorbisches Kultur- und Volks­bildungs­amt
Autor:in
Schurmann, Peter
Autor:in
Schurmann, Peter
Schlagwörter
DDR-Zeit; Institution; Minderheit; Minderheitenpolitik; Politik; Sorbengesetz; Sprachpolitik; Zweisprachigkeit; Geschichte 1945–1949
Schlagwörter
DDR-Zeit; Institution; Minderheit; Minderheitenpolitik; Politik; Sorbengesetz; Sprachpolitik; Zweisprachigkeit; Geschichte 1945–1949
Abstract

Staatliche Institution zur Lenkung und Förderung des sorbischen Kulturlebens in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR.

Abstract

Staatliche Institution zur Lenkung und Förderung des sorbischen Kulturlebens in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR.

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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