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Warnoćicy. Sorbische Spuren

Grenze

Die 1945 wiedererrichtete tschechoslowakische Staatsgrenze war im Alltag der Sorben in Varnsdorf und Umgebung allgegenwĂ€rtig. WĂ€hrend sie fĂŒr die meisten Bewohner beiderseits der Grenze ein kaum ĂŒberwindbares Hindernis darstellte, war sie fĂŒr sorbische GrenzgĂ€nger zeitweise durchlĂ€ssig, da sie sie an den offiziellen GrenzĂŒbergĂ€ngen mit Sondergenehmigung passieren durften. Viele von ihnen, Erwachsene wie Jugendliche, ĂŒberquerten die Grenze auch oft schwarz. Zum Leidwesen der offiziellen Stellen verließen sie sich dabei auf den guten Willen der tschechischen Grenzbeamten. Das Wissen, wann und wo ein GrenzĂŒbertritt möglich war, verbreitete sich unter den Sorben rasch. So konnten sie immer wieder ihre Familien in der Lausitz besuchen oder auch Waren ĂŒber die Grenze bringen. Geschmuggelt wurde alles, was in der Lausitz gebraucht wurde: Lebensmittel, NĂ€hzeug, Stoffe, BĂŒcher, Zeitungen, Papier oder Briefe. Auch wenn der GrenzĂŒbertritt heute in der Erinnerung mit dem Reiz des Abenteuers verbunden ist, endete er damals fĂŒr manche im zeitweisen Arrest.

„Dass er die Tante besuchen wolle“

Koch, Jurij: Feuer im Spiegel. Erinnerungen an eine Kindheit. Bautzen 2012, S. 110.
Auszug, gelesen von einer SchĂŒlerin des Sorbischen Gymnasiums in Bautzen, 2024.