Konsequenteste Form des Widerstands der bäuerlichen Bevölkerung gegen Leibeigenschaft u. a. Formen der sozialen und ökonomischen
Unterdrückung. Ab dem 16. Jh. wurden Ober- und Niederlausitz immer wieder von bäuerlichen Unruhen erfasst. Die
wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse der Landbevölkerung
verschlechterten sich spürbar. Die Bauern mussten den Grundherren ungemessene
Dienste, sog. Roboten, leisten und
konnten von ihrem Grund und Boden, den sie nicht erblich, sondern nur lassweise
besaßen, jederzeit umgesetzt werden. Sie waren durch Erbuntertänigkeit fest an
die Scholle gebunden und somit persönlich abhängig. Dagegen setzten sie sich
vielfältig zur Wehr. Neben dem täglichen Kleinkrieg, der sich in schlechter
Arbeitsmoral, verspätetem Arbeitsbeginn, oberflächlicher Ausführung der Dienste
oder unregelmäßiger Zahlung von Zinsen und Abgaben äußerte, versuchten sie durch
Petitionen und Klagen, oftmals in langwierigen Prozessen, durch Landflucht sowie
durch bewaffneten Kampf ihre Lage zu verbessern. Einen ersten Höhepunkt
erreichten die Konflikte der Bauern mit den Grundbesitzern während des
Bauernkriegs 1524/25, der abgeschwächt auch die sorbischen Gebiete erfasste.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg
verschlechterte sich die Lage der Landbevölkerung durch Zunahme der Dienste,
Einziehung von Grund und Boden, Erbuntertänigkeit und Gesindezwangsdienst. Mit
dem Übergang von der Eigenwirtschaft zur Gutswirtschaft setzte die Phase der
sog. zweiten Leibeigenschaft ein, die Gutsherrschaft erreichte im 17./18. Jh.
ihre volle Ausprägung.
Am Ende des 18. Jh. war die feudale Herrschaft in eine tiefe Krise geraten. Ihre
Beseitigung schien geboten, sollte die Stagnation in der Landwirtschaft
überwunden werden, die zu einer weiteren Verschlechterung der Lage der Bauern
geführt hatte. Die allgemeine Unzufriedenheit war so groß, dass es nur eines
kleinen Auslösers bedurfte, um sie in offene Rebellion umschlagen zu lassen. Das
geschah durch die Französische Revolution 1789, als in der Lausitz und in vielen
anderen Gebieten Deutschlands Bauernunruhen ausbrachen.
Die seit dem 16. Jh. hartnäckig geführten Auseinandersetzungen der sorbischen und
deutschen Bauern mit ihren Herrschaften wirkten der Verschlechterung ihrer
Lebenslage entgegen und verhinderten eine noch stärkere Ausbeutung. Sie trugen
wesentlich dazu bei, dass sich die Krise des feudalen Systems seit dem Ausgang
des 18. Jh. vertiefte und der Prozess der bürgerlichen Umgestaltung der
Gesellschaft einsetzte.
Wirkungsvolle und ausgedehnte Protestaktionen sorbischen Bauern fanden in den
jeweiligen Jahren an folgenden Orten bzw. Stellen beider Lausitzen statt:
1525: Bauern aus 40 Dörfern der Standesherrschaft Hoyerswerda beschwerten sich über
unerträgliche Dienste und unmenschliche Behandlung, hatten aber weder bei ihrem
Gutsherrn Wilhelm von Schönberg noch
beim böhmischen König Ferdinand I.,
den sie in Prag um Hilfe ersuchten,
Erfolg. Mit Billigung des Königs wurden 1527 der Anführer Hrjehor Twarnuški und 12 weitere Bauern
gefoltert und hingerichtet.
1525: Untertanen aus Reichwalde vertrieben ihren Grundherrn, der Besitzer der
Standesherrschaft Lieberose wurde
erschlagen.
1525: Ein Streit zwischen dem Besitzer von Blossin, Heinrich von Queiß, und seinem Gutsschäfer führte zu offenem
Aufruhr im Gebiet um Storkow.
Nachdem Letzterer mit Unterstützung der Untertanen aus Friedersdorf und Dolgenbrodt die herrschaftlichen Schafe
gestohlen hatte, unternahmen die Adligen unter Führung von Nickel von Minckwitz auf Sonnewalde einen Feldzug gegen die
rebellierenden Bauern, konnten jedoch des Blossiner Schäfers, der als heimlicher
Wendenkönig galt, nicht
habhaft werden.
1539: In Petershain brach
eine Rebellion aus, die damit endete, dass ein Bauer hingerichtet und 14 weitere
nach Verbüßung einer längeren Haftstrafe gezwungen wurden, „barhäuptig, ohne
Schuhe und Waffen, in leinenen Kitteln“ beim König in Prag um Gnade zu bitten.
1548: Weil Gutsherr Franz von Minckwitz auf Uckro jährlich Dienste und Abgaben erhöht
hatte und zudem die Schafe der Bauern rauben ließ, die für sie eine zusätzliche
Einnahmequelle darstellten, protestierten die Untertanen aus Uckro, Pickel und Paserin heftig. Da alle Vermittlungsversuche scheiterten,
stürmten die Bauern den Gutshof und setzten kurzerhand den Gutsherrn ab. In der
Folgezeit leisteten sie weder Dienste noch Abgaben und errichteten eine
Selbstverwaltung. Ihrem Beispiel folgten Dörfer der Umgebung, sodass sich der
Aufstand bald auf den gesamten westlichen Teil des Kreises Luckau ausdehnte. Erst nach Monaten konnten
die Aufständischen mit militärischer Gewalt wieder zu Botmäßigkeit gezwungen
werden. Ihr Anführer Jan Borik wurde
nebst weiteren Verurteilten hingerichtet.
1587: In 33 Dörfern der Klosterherrschaft Dobrilugk sowie in Sallgast und Drehna neigten die Untertanen wegen
erhöhter Dienste und Abgaben zu Dienstverweigerung und Widersetzlichkeit, was
einen „Generalaufruhr im ganzen Lande“ befürchten ließ. Erst 1594 kehrte durch
Vermittlung des Landvogts wieder Ruhe ein.
1588–1594: Ein Streit zwischen den Bürgern von Pulsnitz und Hans Wolf von Schönberg um Bau- und Wachdienste sowie
Beschwerden der Bauern
„wegen übermäßiger und fast unmöglicher Hofedienste“ lösten einen Aufstand aus, der sich über
mehrere Jahre hinzog und erst durch das gemeinsame Vorgehen des Prager Hofes,
des Oberlausitzer Adels und der Sechsstädte niedergeschlagen werden konnte.
1658: In Radibor wurden
die Hofbeamten verprügelt. Nach Niederschlagung der Unruhen beschloss der
Landtag in Bautzen, drei Rädelsführer
entweder nach Dresden auf den Bau zu
schicken oder mit anderen harten Strafen zu belegen.
1658–1661: In der Stiftsherrschaft Neuzelle kam es zu Auseinandersetzungen, die eine
„Generalrevolte“ befürchten ließen.
1665: In der Gubener
Gegend versammelten sich die Bauern in den Wäldern. Erneut drohte eine
„Generalrevolte“.
1666/67: Im Cottbuser
Kreis kam es zu „Zusammenrottungen“ von Bauern aus 55 Dörfern, die sich
unter Führung der Dorfschulzen gegen den Adel und den Landesherrn auflehnten und
„gänzliche Freiheit von allen Diensten und Abgaben“ forderten. Erst 800 mit
Feuerwaffen ausgerüsteten Soldaten gelang es, ein bis zu 5 000 Mann starkes
Aufgebot sorbischer Bauern zu zerstreuen und einen Teil davon mit Festungsarbeit
in Küstrin zu bestrafen.
1678: Wegen Verweigerung von Baufuhren ließ Graf Kurt Reinicke II. von Callenberg
mehrere Bauern aus Schleife
verhaften und ihr Vieh beschlagnahmen. Die Bauern strengten einen Prozess an,
den sie allerdings verloren.
1687–1690: Die Untertanen aus Mulkwitz, Mühlrose
und Rohne verweigerten willkürlich
verlängerte Frondienste und entzogen sich einer Bestrafung durch Flucht. Da sie
in einem Prozess kein Recht erhielten, wandten sie sich an den sächsischen
Kurfürsten, der die Handlungsweise des Grafen von Callenberg missbilligte und
ihn – allerdings vergeblich – aufforderte, sich künftig aller Gewalttätigkeiten
gegen seine Untertanen zu enthalten. Dieser reagierte mit neuer Gewalt, ließ
zahlreiche Bauern verhaften, beschlagnahmte über 700 Schafe und Schweine,
Getreide sowie persönliche Habe der Bauern und zwang diese mit militärischer
Gewalt zu Ruhe und Ordnung.
1690–1700: Auseinandersetzungen brachen in der Herrschaft Bärwalde aus, in deren Verlauf der Besitzer
Wolf Heinrich von Leipzig mehrere
Rädelsführer verhaften ließ. Erst durch Gerichtsurteil wurde er gezwungen, die
Inhaftierten wieder freizulassen, seine Untertanen künftig nicht über Gebühr zu
belasten und ihnen die gepfändeten Sachen zurückzugeben.
1712–1722: Langwierige Kontroversen in Särchen um die Nutzung der Teiche ließen
1720 einen bewaffneten Aufstand befürchten. Um dem vorzubeugen, begab sich eine
60 Mann starke bewaffnete Einheit in den Ort, verhaftete mehrere Bauern und
verübte „Gewalttätigkeit und Räubereien“. Beschwerden blieben erfolglos, es
gelang lediglich, 1722 die Freilassung der Verhafteten zu erreichen.
1715–1717: Der größte Aufstand sorbischer Bauern fand im Kreis
Cottbus statt. In einer
umfangreichen Beschwerdeschrift an den preußischen König Friedrich Wilhelm I. forderten Bauern
die Abschaffung der drückendsten Belastungen. Als anlässlich einer Beratung
zwischen Bauernabordnungen aus 73 Dörfern und einer vom König eingesetzten
Untersuchungskommission der Eichower
Schulze Hans Lehmann, der als Anführer
der Bauern galt, verhaftet wurde, griffen diese zur Gegenwehr: Sie befreiten
Lehmann, der sich außerhalb des Landes in Sicherheit brachte. Ein erneuter
Haftbefehl gegen ihn blieb zunächst erfolglos, an seiner Stelle verhaftete man
17 weitere Bauern, darunter den Werbener
Měto Dalic; wenige Monate später
erneut Lehmann. Das führte zum offenen Aufruhr, an dem sich „sämtliche“
Untertanen der adligen Güter des Cottbuser Kreises beteiligten. 1717 standen
über 4 000 Bauern unter Waffen. Erst einem starken militärischen Aufgebot gelang
es, den Aufstand niederzuschlagen. Dalic wurde 1720 begnadigt, Lehmann musste
eine lebenslange Festungshaft verbüßen.
1718–1720: In den Dörfern Lugknitz, Berg und
Nochten der Muskauer Standesherrschaft kam
es zu ähnlichen Auseinandersetzungen wie etwa 30 Jahre zuvor in Mulkwitz. Auch
hier ließ der Besitzer Graf von Callenberg mehrere Bauern, die sich seinen
Willkürmaßnahmen widersetzten, verhaften und in Ketten legen. Erst durch
erneutes Einschreiten des Kurfürsten wurde der Standesherr zum Einlenken
gezwungen.
1718–1739: Im Ergebnis eines jahrelangen Prozesses zwischen den durch
tägliche Dienste belasteten Bauern von Sonnewalde und dem Grafen Friedrich Erhard zu Solms entschied
ein Gericht, dass die Untertanen die früher geleisteten Hofdienste erneut zu
verrichten hätten. Doch diese weigerten sich und versuchten ihre Forderungen mit
Waffengewalt durchzusetzen. Es kam zu Handgreiflichkeiten mit einer in
Begleitung des Grafen erschienenen kurfürstlichen Kommission. Erst nach
Zusicherung eines freien Tags, der Verhaftung von sechs Rädelsführern, der
Androhung weiterer Verhaftungen und strenger militärischer Exekution nahmen die
Untertanen ihre Dienste wieder auf.
1734: Im Stift Neuzelle
griffen die Untertanen zur Selbsthilfe, die sich in unterschiedlichen Formen
äußerte: Sie verprügelten die klösterlichen Schäfersknechte, eigneten sich
Brenn- und Bauholz aus den Stiftswäldern an, fischten des Nachts in den
Stiftsseen und nahmen Schuldeneintreiber fest. Da auch die Untertanen in den
Ämtern Friedland und Schenkendorf sowie in den Herrschaften
Straupitz, Lieberose und
Lübbenau kampfentschlossen
waren, drohte „im ganzen Lande ein Bauernkrieg“, der zunächst durch eine
gütliche Einigung des Klosters mit den klagenden Dorfschaften abgewendet
wurde.
1764/65: Erneut drohten größere Unruhen im Stift Neuzelle, die durch „rechtzeitige“
Festnahme des Anführers Hans Welkisch
aus Möbiskruge verhindert
wurden.
1790: Bauern aus über 50 Dörfern der Herrschaften Leuthen, Lieberose, Straupitz sowie der
Ämter Lübben und Neu Zauche forderten bei Zusammenkünften
die Abschaffung der Abgaben und täglichen Dienste sowie die Überlassung ihrer
Güter in Erbpacht. Als einige Bauern verhaftet wurden, verweigerten die
aufgebrachten Untertanen die Hofdienste und griffen zur Selbsthilfe, indem sie
die herrschaftlichen Merkpfähle im Forst zerstörten. Unter Führung der
Gerichtsschulzen Hanzo Boriš aus
Guhlen und Fryco Lejnik aus Dollgen sowie der Gerichtsschöppen
Hanzo Kurt, Erdmann Hedmann – beide aus Dollgen – und
Kito Krol (Christian Kroll) aus
Groß Leuthen drohten die Bauern
mit einer Revolte, deren Ausbruch durch einen Vergleich mit der Herrschaft
verhindert werden konnte.
1790: 600 mit Äxten und Hacken bewaffnete Bauern aus Lohsa und Umgebung forderten ihre
Herrschaft auf, die Ableitung des Spreewassers in die herrschaftlichen Teiche zu
unterlassen, weil sie sonst die eigenen Felder nicht bewässern könnten. Dem
beugte sich die Herrschaft.
1794: Gegen die obrigkeitliche Anordnung, den kirchlichen Feiertag
Mariä Verkündigung vom 25. März, einem Werktag, auf einen Sonntag zu verlegen,
protestierten die Einwohner von Königswartha, Klix,
Hochkirch, Gröditz, Lohsa, Nostitz, Malschwitz und anderen Oberlausitzer Orten. Sie erzwangen die
Abhaltung des Gottesdienstes und somit auch den freien Tag.
1794: In Lohsa brachen offene Unruhen aus, weil der dortige Gutsherr
Wolf Heinrich August von Muschwitz
von einigen Untertanen Abbitte für deren eigenmächtiges Kirchenläuten am 25.
März forderte. Unter Führung des Zimmermanns Jan
Cuška und des Häuslers Jan
Tunka aus Weißkollm
sowie des Häuslers Michał Barč aus
Driewitz stürmten über 1 000
Bauern das Herrenhaus, plünderten es und nahmen den flüchtenden Gutsherrn
gefangen. Erst Monate später gelang es einer Schwadron Dragoner, die
Aufständischen zu überwältigen. 25 Bauern wurden zu Zuchthaus und Festungshaft
verurteilt.
Lit.: R. Lehmann: Quellen zur Lage der Privatbauern in der Niederlausitz im
Zeitalter des Absolutismus, Berlin 1957; R. Lehmann: Geschichte der
Niederlausitz, Berlin 1963; J. Leszczyński: Der Klassenkampf der Oberlausitzer
Bauern in den Jahren 1635–1720, Bautzen 1964; P. Kunze: Bauernunruhen im Kreis
Cottbus 1715–1717, in: Lětopis B 16 (1969) 1; J. Brankačk/ F. Mětšk: Geschichte
der Sorben, Band 1, Bautzen 1977.