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Christiani­zěrowanje
Gerhard Walter

Verbreitung des Christentums, hier historischer Vorgang vom 10. bis zum 13. Jh., bei dem die heidnische slawische Bevölkerung zwischen Saale und Neiße durch Missionstätigkeit bzw. Zuwanderung von christlichen Siedlern zur Annahme des christlichen Glaubens gebracht wurde.

Als strategischer Vorposten gegenüber den Ländern der Milzener, Lusizer und Böhmen diente Meißen mit der 929 durch König Heinrich I. angelegten Reichsburg. Wegen seiner Lage an der Elbe eignete sich der spätere Markgrafensitz (ab 1046) als Ausgangspunkt zur Christianisierung der Gaue der Daleminzer und Nisanen sowie des Milzenerlandes um Bautzen. Das Grenzbistum Meißen wurde wie Zeitz (1030 nach Naumburg verlegt) und Merseburg 968 errichtet und der Magdeburger Kirchenprovinz eingegliedert. Langfristiges Ziel war die Missionierung der slawischen Stämme.

Bezüglich der Lausitz ist erst nach Ende der polnischen Herrschaft (1031) eine reguläre Missionstätigkeit anzunehmen. Ob deren Beginn bereits vor der Bistumsgründung lag und ihren Ausgang vom Meißner Johanniskloster aus nahm (Joachim Huth) oder erst vom Bistum betrieben wurde und überdies in die deutsche Reichs- und Kirchenpolitik eingebunden war (Karlheinz Blaschke), ist nicht gesichert. Die allerersten Kirchengründungen etwa in Göda und in Ostritz könnten nach neueren Forschungen (Gerhard Graf) schon während der polnischen Zeit erfolgt sein. So muss nicht ausschließlich mit einer Christianisierung von West nach Ost zu rechnen sein, sondern auch in umgekehrter Richtung. Für eine Predigttätigkeit der Slawenapostel Cyrill und Method an der Görlitzer Neiße um 868 gibt es hingegen keinen Nachweis.

Eine Erfolg versprechende Christianisierung setzte die Überwindung der Sprachbarriere voraus. Leitsätze dazu sind erstmals 789 in Salzburg, der Missionszentrale für den südslawischen Raum, in der „Admonitio Generalis“ verankert worden. Demnach sollte das Evangelium in der Volkssprache verkündet werden, ebenso die Belehrung für den Erhalt des Tauf- und Bußsakraments. Von den Bekehrten erwartete man, dass sie das Vaterunser ebenso wie das Glaubensbekenntnis in ihrer eigenen Sprache aufsagen konnten. Der Merseburger Bischof Thietmar berichtet in seiner Chronik (vor 1018) über seinen Amtsvorgänger Boso, dieser habe slawisch abgefasste Predigten und seelsorgerische Anweisungen vorgelegt. Die Befähigung dazu habe er in dem für die Missionierung in Mähren und der Slowakei zuständigen Kloster St. Emmeram in Regensburg erworben. Später fand die Unterweisung der Missionsgeistlichen in der „Lingua slavia missionarica“ nicht nur dort, sondern zunehmend in den Domschulen der neu gegründeten Bistümer statt. Die Meißner Bischöfe erhielten ihre Ausbildung bereits in Magdeburg oder Hildesheim. Mit der um 1215 erfolgten Gründung des Kollegiatstifts St. Petri (→ Domstift) in Bautzen durch Bischof Bruno II. (1209–1228) war die Absicht verknüpft, im östlichen Teil des Bistums ein religiöses Zentrum zu schaffen. Möglicherweise war das Kollegiatstift neben der geistlichen Versorgung der umwohnenden städtischen und dörflichen Bevölkerung auch bereits für die Vermittlung notwendiger Sprachkenntnisse zuständig.

Aus der Oberlausitz existieren vereinzelte Hinweise auf den Gebrauch des Slawischen durch die Geistlichkeit. Vom ersten Meißner Bischof Burchard († 972) berichtet Christian Knauthe, er habe die Slawen zu beiden Seiten der Elbe selbst das Christentum gelehrt oder sie von seinen Kaplänen darin unterweisen lassen. Laut Thietmar hat auch Eido (992–1015) – neben diplomatischer Aktivität in Polen – das Missionswerk bei den Sorben mit Erfolg vorangetrieben. Insbesondere aber soll der Heilige Bischof Benno (1066–1106) im Gau Milska missioniert haben. Die Peterskirche von Göda ist in der lokalen Geschichtsschreibung aus der Zeit der Reformation mit seiner Person in Verbindung gebracht worden. Die um 1000 von Eido geweihte und zunächst Johannes dem Täufer gewidmete Kirche an der höchsten Stelle Bautzens bietet dafür einen Anhaltspunkt. Das Johannes-Patrozinium deutet – wie überall im Missionsgebiet – auf Taufe und Bekehrung hin. Die Gründung von Pfarrkirchen war der zweite Schritt. In der Regel befanden sich die ersten Kirchen im Zentrum eines größeren Gebiets einer „Urpfarrei“. Für die Wahl des Standorts war nicht nur die Nähe einer Burg ausschlaggebend, sondern auch das Vorhandensein eines alten Gerichts- und Versammlungsplatzes. Für die Lausitz gibt es anders als etwa in Brandenburg keinen sicheren Nachweis dafür, ob Stammes oder lokale Baum- und Brunnenheiligtümer als christliche Wallfahrtsstätten weitergeführt worden sind oder ob man bewusst Kontinuitäten zu meiden versucht hat. Zur Herausbildung von Wallfahrtsorten ist es erst im 14. und 15. Jh. gekommen.

Bildnis des Hl. Benno in der Pfarrkirche in Ostro; Fotograf: Rafael Ledschbor

Göda mit seinen beträchtlichen Einkünften war einer jener drei Burgwarde, die König Heinrich II. 1006 dem Bistum übertrug. Von da aus könnte die Missionierung des Landes am Schwarzwasser zwischen Gaußig im Süden und Neschwitz im Norden erfolgt sein. Zu Beginn des 16. Jh. umfasste der Gödaer Sprengel noch rund 70 meist kleinere Orte, in denen Sorben lebten.

Wenn gleich Milzener und Lusizer keine „Schwertmission“ erlebten und es deshalb bei ihnen nie zu Aufständen kam, gab es sicher auch hier Gründe, dem von den Deutschen eingeführten Christentum mit Vorbehalt zu begegnen, da es als Religion der Eroberer wahrgenommen wurde. Von der gentilreligiösen Mythologie der Westslawen ist jedoch wenig überliefert. Schriftliche Quellen stammen nicht von den Betroffenen selbst, sondern von Klerikern des 11.–13. Jh., die eine vorgefasste Haltung zu „Heidentum“ und „Götzenkult“ besaßen. In den kleinen Dörfern blieb die sorbische Bevölkerung weiter unter sich, was die Christianisierung erschwerte. Bei der weitläufigen kirchlichen Struktur mit Sprengeln von ca. 15 km Durchmesser kam der Priester selten mit den Menschen in Kontakt. Das Gottesbild des 12. Jh. verbreitete die Vorstellung von Sünde und Heil, während man bei der alten Religion auf Versöhnung mit den Göttern und Einklang mit der Natur hoffte. Der christliche Einfluss bewirkte zunächst, dass die Körper der Toten nicht mehr verbrannt, sondern in Flachgräbern bestattet wurden (→ Vorchristlicher Totenkult).

Die ältesten Kirchen dürften in der Regel aus Holz bestanden haben. Als Vorgänger der steinernen Gotteshäuser lassen sie sich sowohl archäologisch wie dokumentarisch belegen. Im Gebiet des Braunkohlenbergbaus in der Niederlausitz sind hölzerne Ursprungskirchen mehrfach gefunden worden. Dagegen zeigt die 1076 erwähnte Gödaer Kirche, dass die Errichtung eines steinernen Gebäudes zumindest als erstrebenswert galt. Während in den Rodungsgebieten im Zuge des Landesausbaus ein dichtes Netz von Kirchdörfern entstand – die Kartierung romanischer Saalkirchen (Klaus Mertens) zeigt, dass am östlichen Rand des Bistums Meißen die Kirchen zwischen Ruppersdorf bei Herrnhut und Steinkirch bei Lauban als deutsche Kolonistendörfer einen übereinstimmenden Standardtypus aufweisen –, blieben aufgrund der Wahrung der alten Strukturen im sorbischen Altsiedelland Großpfarreien erhalten, die eine Vielzahl kleinerer Ortschaften umfassten. Eine wachsende Bevölkerung erforderte schließlich die Unterteilung der Archidiakonate in Erzpriestersitze mit 10–30 Pfarrkirchen.

Die Christianisierung der Niederlausitz ging nach deren Zuweisung an das Bistum Meißen nur schleppend voran. Gotteshäuser entstanden im 10..–12. Jh. nicht allein – wie in der Oberlausitz – bei den Burgwarden. Das Benediktinerkloster Nienburg (Saale) sorgte u. a. in Niemitzsch für die Errichtung von Kapellen. In Cottbus ist in der zweiten Hälfte des 12. Jh. eine erste einfache Kirche schriftlich bezeugt, die zur Marktsiedlung vor der Burg gehörte; im 13. Jh. trat ein anspruchsvolleres Bauwerk an ihre Stelle. Nach Gründung des Klosters Dobrilugk (1165, heute Doberlug) (→ Klöster) drangen die Zisterzienser auf den Bau fester Gotteshäuser in den umliegenden Dörfern. Dagegen konnte das Kloster Neuzelle (1268) als Spätgründung bei der Gebietserweiterung auf vorhandene Kirchen zurückgreifen. Der Einfluss von Dobrilugk war verbunden mit dem Beginn der Siedlungstätigkeit, der von Neuzelle mit deren Ende. Durch den Landesausbau seit dem 13. Jh. konnten sich zahlreiche Kirchdörfer herausbilden (→ Kolonisation). Wo Siedelintensität herrschte, überwiegen seitdem kleinere Sprengel mit einem oder zwei Dörfern. Im slawisch besiedelten Stammland vereinen die Pfarreien hingegen oft zwölf und mehr Ortschaften.

Bis 1216 für die Oberlausitz bzw. bis 1228 für die Niederlausitz wurde das Amt des Archidiakons geschaffen, der im Namen des Bischofs das Kirchenregiment führte und die geistliche Gerichtsbarkeit ausübte. Das Archidiakonat der Oberlausitz umfasste 196 Pfarreien, die zwölf Erzpriestersitzen unterstellt waren. Archidiakon der Oberlausitz war zunächst in Personalunion der Propst des Domstifts Bautzen. Das Archidiakonat der Niederlausitz bestand aus 13 Erzpriestersitzen mit 227 Pfarreien, es war das flächenmäßig größte im Bistum. Der Archidiakon als Mitglied des Meißner Domkapitels suchte seinen Amtsbezirk nur gelegentlich auf, um Amtshandlungen vorzunehmen. 1370 erklärte sich das Kapitel zu einer Änderung der Kirchenverfassung bereit. Es wurde ein Offizial als ständiger Vertreter des Archidiakons in Lübben eingesetzt, der dort zugleich als Pfarrer amtierte.

Mit der Gründung von Klöstern der Franziskaner in den emporstrebenden Sechsstädten der Oberlausitz sowie in Cottbus und Sorau/​heute: Żary (Polen) und der Luckauer Niederlassung der Dominikaner in der Niederlausitz gelangte die entscheidende Phase der Christianisierung, die nach 1200 lag, zu ihrem Abschluss. Im Ergebnis wurden die Sorben als ursprüngliche Bewohner der Region in das politische, kulturelle und religiöse Leben des mittelalterlichen Europas einbezogen. Der Glaubenswechsel bewirkte einen kulturellen Umbruch.

Lit.: H.-D. Kahl: Heidnisches Wendentum und christliche Stammesfürsten, in: Archiv für Kulturgeschichte (1962); F. Escher: Slawische Kultplätze und christliche Wallfahrtsforschung, in: Germania Slavica II, Berlin 1981; R. Lehmann: Untersuchungen zur Geschichte der kirchlichen Organisation und Verwaltung der Lausitz im Mittelalter, 2. Aufl., Leipzig 1986; K. Blaschke: Die Christianisierung des Landes östlich der Saale, in: Herbergen der Christenheit 17 (1989/90); J. Huth: Anfänge der christlichen Mission im Gebiet des Bistums Meißen vor dem Jahre 968, in: Herbergen der Christenheit 17 (1989/90); D. Kurzke: Christianisierung und Kirchenorganisation zwischen Elbe und Oder, in: Wichmann-Jahrbuch des Diözesangeschichtsvereins Berlin 1992/93; G. Graf: Peterskirchen in Sachsen, Frankfurt am Main 1999; W. Schich: Die „Christianisierung“ der Kulturlandschaft zwischen Elbe und Oder im 12. und 13. Jahrhundert, in: Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geografie, Bonn 2002; G. Graf: Hemmnisse bei der Christianisierung der Sorben östlich der Saale, in: Herbergen der Christenheit 27 (2003); E. Eichler: Die Christianisierung im altsorbischen Sprachgebiet, in: Kirche und geistiges Leben im Prozess des mittelalterlichen Landesausbaus in Ostthüringen/​Westsachsen, Langenweißbach 2005; J. Bulisch: Kyrill und Method – Missionare in der Lausitz? Die Tradition einer Legende, in: Herbergen der Christenheit 32/33 (2008/09).

Metadaty

Titel
Christiani­zěrowanje
Titel
Christiani­zěrowanje
Awtor:ka
Walter, Gerhard
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Walter, Gerhard
Klucowe słowa
Glaubensbekenntnis; pódwjacorne Słowjany; pósołstwo; cerkwja; kśesćijaństwo; srjejźowěk; stawizny
Klucowe słowa
Glaubensbekenntnis; pódwjacorne Słowjany; pósołstwo; cerkwja; kśesćijaństwo; srjejźowěk; stawizny
Zespominanje

Rozšyrjenje kśesćijaństwa, how historiski proces wót 10. do 13. stolěśa, pśi kótaremž jo tatańske słowjańske wobydlaŕstwo mjazy Solawu a Nysu pó misioněrowanju resp. pśidrogowanju kśesćijańskich sedlarjow kśesćijańsku wěru pśiwzeło.

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Rozšyrjenje kśesćijaństwa, how historiski proces wót 10. do 13. stolěśa, pśi kótaremž jo tatańske słowjańske wobydlaŕstwo mjazy Solawu a Nysu pó misioněrowanju resp. pśidrogowanju kśesćijańskich sedlarjow kśesćijańsku wěru pśiwzeło.

Wopśimjone w zběrce
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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