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Serbski institut
Dietrich Scholze

Anfang 1992 gegründete außeruniversitäre Einrichtung zur komplexen Erforschung von Sprache, Geschichte und Kultur der Sorben in der Ober- und Niederlausitz, hervorgegangen aus dem 1951–1991 bestehenden Institut für sorbische Volksforschung.

Am 4.3.1950 beschloss die Hauptversammlung der Domowina die Schaffung eines „selbstständigen sorbischen wissenschaftlichen Instituts in Bautzen“, um die Tradition der Maćica Serbska fortzuführen. Um die sorbische Sprache – wie im sächsischen Sorbengesetz von 1948 festgelegt – in Bildung und Kultur gleichberechtigt zu behandeln, waren feste organisatorische Strukturen nötig. Zum 1.5.1951 wurde daher das Institut für sorbische Volksforschung in Bautzen mit fünf Planstellen und einigen Schreibkräften ins Leben gerufen, das zunächst dem Ministerium für Volksbildung des Landes Sachsen unterstand. Es war die erste Institution in Deutschland, die sich der Sorabistik professionell widmete. Infolge Aufhebung der Länder wurde die Einrichtung ab 1.8.1952 auf Beschluss des DDR-Ministerrats „zur wissenschaftlichen Beratung und wirtschaftlichen Betreuung“ der Deutschen Akademie der Wissenschaften (AdW) in (Ost-)Berlin zugeordnet (1972–1991 AdW der DDR), an deren Wissenschaftspolitik sich das Institut künftig orientierte. Seine Aufgaben waren in die zentralen staatlichen Forschungspläne für Gesellschaftswissenschaften integriert. Von Beginn an waren Abteilungen für Sprachwissenschaft, Literatur, Geschichtsschreibung und Volkskunde vorgesehen; die Abteilung Pädagogik wurde im Juli 1952 vom Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut übernommen und bildete später die Abteilung Sorbische Schulen der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften. Gleichfalls 1951, mit Beginn des Herbstsemesters, wurde an der Universität Leipzig ein Sorbisches Institut eingerichtet (seit 1969 Institut für Sorabistik), das seitdem Sorabisten in allen Disziplinen ausbildet – besonders für das Lehramt – und zugleich eigene Forschungsprojekte erarbeitet.

Ehemalige Institutsleiter, v. l.: Dietrich Scholze, Měrćin Kasper, Pawoł Nowotny, Helmut Faska; Fotografin: Annerose Schaffrath Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Innerhalb der Akademie oblagen dem Bautzener Institut die Erforschung, Erhaltung und Entwicklung der wissenschaftlichen Grundlagen der Sorabistik, daneben wurde Praxiswirksamkeit erwartet. Es waren „Forschungen insbesondere auf den Gebieten der Gesellschaftswissenschaften, der Geschichte, der Volkskunde und der Landeskunde der Lausitz sowie der ober- und niedersorbischen Sprache und Literatur durchzuführen und anzuleiten“ (Arbeitsordnung 1956). Ab 1951 war die Sorbische Zentralbibliothek, ab 1953 das Restarchiv der Maćica Serbska (→ Sorbisches Kulturarchiv) der neuen Einrichtung zugeordnet. Im Mai 1953 bezog das Institut seinen endgültigen Sitz in der Bautzener Ernst-Thälmann-Straße 6 (heute Bahnhofstraße). Zwischen 1955 und 1967 existierte zusätzlich eine Abteilung Landeskunde/​Demografie. 1963 führte das Institut einen jährlichen Institutstag mit öffentlichen Vorträgen ein (seit 1993 zweijährlich). Infolge der sog. Akademiereform war es 1969–1983 als relativ selbstständige Einheit dem Zentralinstitut für Geschichte der AdW unterstellt, behielt jedoch seinen fächerübergreifenden Charakter. In den 1980er Jahren wurde die Abteilung Literaturgeschichte, die zeitweise unter personeller Fluktuation litt, zur Kultur- und Kunstwissenschaft erweitert. Darum erhielt die seit 1952 vom Institut herausgegebene sorabistische Fachzeitschrift „Lětopis“ zu den Reihen A (Sprache und Literatur), B (Geschichte) und C (Volkskunde) ab 1986 zusätzlich die Reihe D (Kultur und Kunst); seit 1992 erscheinen jährlich zwei multidisziplinäre Hefte.

Institutsgebäude auf der Bahnhofstraße in Bautzen; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Erklärtes Ziel des Instituts blieb es bis zuletzt, „auf hohem theoretischem und weltanschaulichem Niveau den ihm gestellten Auftrag zu erfüllen, durch Erforschung der Geschichte, Sprache, Kultur und Lebensweise der Sorben mitzuhelfen, wissenschaftliche Grundlagen für die Kulturentwicklung der sorbischen Nationalität (…) zu schaffen“ (Měrćin Kasper, 1981). Die Zahl der Planstellen wuchs bis 1991 auf über 40, davon ca. zwei Drittel für Wissenschaftler. Das Institut erlangte durch seine Forschungen und Publikationen (u. a. 58 Bände in der eigenen Schriftenreihe, daneben Sorbischer Sprachatlas, Trachtenatlas, Geschichts- und Literatursynthese, Bibliografien) eine Leitfunktion innerhalb der Sorabistik. Durch ausgewählte Kooperationen mit universitären und außeruniversitären Partnereinrichtungen festigte es seine Position im In- und Ausland.

Institutszeitschrift „Lětopis“; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Nach Abwicklung der Akademie der Wissenschaften der DDR laut Einigungsvertrag wurde die sorabistische Forschungseinrichtung zum 1.1.1992 vom Freistaat Sachsen gemeinsam mit dem Land Brandenburg in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins als „Sorbisches Institut/​Serbski institut“ neu gegründet. Seine Aufgabe besteht in der „Erforschung und Pflege der sorbischen Sprache, Geschichte und Kultur sowie der Sammlung und Archivierung der hierfür erforderlichen Materialien. Damit wirkt das Institut in der Ober- und Niederlausitz aktiv auf die Praxis der Bewahrung und Entwicklung von sorbischer Sprache und Kultur ein.“ (Satzung von 2002) Seit dem 1.9.1992 besitzt es eine Arbeitsstelle für niedersorbische Forschungen im Wendischen Haus in Cottbus. Die Bautzener Forschungsabteilungen waren bis zur Umstrukturierung 2014/15: Kultur- und Sozialgeschichte, Empirische Kulturforschung/​Volkskunde (einschließlich vergleichender Minderheitenforschung) und Sprachwissenschaft. Seit 2015 gibt es zwei standortübergreifende Forschungsabteilungen Kulturwissenschaften und Sprachwissenschaft; beibehalten wurde die gemeinsame, für die Öffentlichkeit zugängliche Struktureinheit von Bibliothek und Archiv mit Forschungs- und Servicecharakter.

Das Sorbische Institut führt den „Lětopis“ als interdisziplinäres Fachorgan fort und unterhält zwei spezifische Schriftenreihen sowie digitale Angebote. Es arbeitet mit zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen, alle zwei Jahre veranstaltet es seit 1992 – in Nachfolge des Leipziger Universitätsinstituts – den internationalen Sommerferienkurs für sorbische Sprache und Kultur. Die Mitarbeiter übernehmen regelmäßig Lehraufträge an Universitäten und Hochschulen, insbesondere in den beiden Sitzländern Sachsen und Brandenburg. Die institutionelle Förderung des Instituts sichert die Stiftung für das sorbische Volk.

Direktoren: Pawoł Nowotny (1951–1977), Měrćin Kasper (1977–1990), Helmut Faska (1990–1992), Dietrich Scholze-Šołta (1992–2016), Hauke Bartels (seit 2016).

Lit.: P. Nowotny: Zur Entwicklung der Sorabistik in der Deutschen Demokratischen Republik, in: Sitzungsberichte der AdW der DDR. Gesellschaftswissenschaften, Berlin (1977) 8/​G; 30 Jahre Institut für sorbische Volksforschung. 1951–1981, Hg. M. Kasper, Bautzen 1981; H. Fasske: 40 Jahre Institut für sorbische Volksforschung – Einblicke und Ausblicke, in: Lětopis 39 (1992) 1; D. Scholze: Sorbisches Institut e. V./ Serbski institut z. t. Bautzen. Herkunft und Standort, in: hochschule ost, Leipzig 3 (1994) 4; D. Scholze: Die Institutionalisierung der Sorabistik nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Figuren und Strukturen. Historische Essays für Hartmut Zwahr zum 65. Geburtstag, Hg. M. Hettling/​U. Schirmer/​S. Schötz, München 2002; www.serbski-institut.de; www.sorabicon.de; dolnoserbski.de; hornjoserbsce.de; Blog Lausitz – Łužica – Łužyca.

Metadaty

Titl
Serbski institut
Titl
Serbski institut
Awtor:ka
Scholze, Dietrich
Awtor:ka
Scholze, Dietrich
Klučowe słowa
archiw; biblioteka; stawiznopis; kulturna wědomosć; literarna wědomosć; sorabistika; rěčespyt; ludowěda; časopis
Klučowe słowa
archiw; biblioteka; stawiznopis; kulturna wědomosć; literarna wědomosć; sorabistika; rěčespyt; ludowěda; časopis
Zjeće wobsaha

Spočatk 1992 załožena zwonkauniwersitna institucija za kompleksne slědźenja na polu rěče, stawiznow a kultury Serbow w Hornjej a Delnjej Łužicy; wuńdźe z Instituta za serbski ludospyt, kotryž wobsteješe wot 1951 do 1991.

Zjeće wobsaha

Spočatk 1992 załožena zwonkauniwersitna institucija za kompleksne slědźenja na polu rěče, stawiznow a kultury Serbow w Hornjej a Delnjej Łužicy; wuńdźe z Instituta za serbski ludospyt, kotryž wobsteješe wot 1951 do 1991.

Namaka so w zběrce
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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