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Wuměłstwowa wědomosć
Maria Mirtschin

Disziplin der Geisteswissenschaften, die die Bildende Kunst in ihrer historisch konkreten Vielfalt und die ihr zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten erforscht. Dabei gilt den Künstlern ebenso Aufmerksamkeit wie den Bedingungen der Produktion, Distribution und Rezeption von Kunst. Kunstwissenschaft schließt Kunstgeschichte, Kunstkritik und Kunsttheorie ein. Der späten Entwicklung sorbischer bildender Kunst entspricht eine junge Tradition sorbischer Kunstwissenschaft, die anfangs von engagierten Laien betrieben wurde. Vorläufer waren die 1863 erschienenen biografischen Skizzen von Korla Awgust Jenč und Jan Krušwica über den Landschaftszeichner und -radierer Hendrich Božidar Wjela.

In den 20er Jahren des 20. Jh. wuchs ein intensives Interesse für die sorbische Kunst. Journalistische Beschreibungen reflektierten Arbeiten und Ausstellungen sorbischer Künstler. 1928 veröffentlichte der Grafiker Měrćin Nowak-Njechorński im Aufsatz „Nadawki serbskeho wuměłstwa“ (Aufgaben der sorbischen Kunst) seine theoretischen Vorstellungen, wobei er die nationalerzieherische Mission der Kunst betonte. Der Tscheche Josef Páta verfasste 1930 eine monografische Abhandlung zu Leben und Werk von Nowak-Njechorński („Lužickosrbský malíř Martin Nowak“) und 1931 zu Nowak-Njechorński und dem Slowenen Ante Trstenjak („Deux peintres de la Lusace Merčin Nowak, Ante Trstenjak“). Beide wurden von den Freundesgesellschaften der Sorben in Prag bzw. Paris herausgegeben.

Studie von Josef Páta zu Leben und Werk des Sorben Nowak-Njechorński und des Slowenen Ante Trstenjak, Paris 1931; Repro: Sorbische Zentralbibliothek am Sorbischen Institut

Die Entfaltung sorbischer Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg schlug sich in der Zunahme kunstwissenschaftlicher Reflexionen nieder. Die Ausstellungen des Arbeitskreises sorbischer bildender Künstler (→ Vereinigungen bildender Künstler) wurden ab 1948 von Katalogen und Rezensionen begleitet. „Der sorbische Volksmaler Martin Neumann-Nechern“ (1950, Text: Božidar Dobrucky) war die erste sorbisch- und deutschsprachige Monografie zum Werk eines sorbischen Künstlers, sie enthielt neben der biografischen Würdigung ein Werkverzeichnis. 1959 erschien die Broschüre „Der sorbische Volksmaler Měrćin Nowak-Neumann“ mit einem autobiografischen Essay des Künstlers und einer kunstwissenschaftlichen Analyse des Kunsthistorikers Alfred Krawc. In den 1960er Jahren betrachtete der Literaturwissenschaftler Jurij Młynk die sorbische Literatur der Zwischenkriegszeit im Kontext gesamtkultureller Entwicklungen, was der Aufwertung bildkünstlerischer Traditionen diente.

Nach 1945 begann mit der Betonung nationalen Erbes auch die Neuentdeckung Wjelas. Der national-romantischen Bewertung durch Nowak-Njechorński folgte nach der Wjela-Ausstellung 1955 in Görlitz eine wissenschaftliche Aufarbeitung durch den Görlitzer Museumsdirektor Ernst-Heinz Lemper. Nun wurden auch der Cottbuser Carl Blechen, der Barockbildhauer Jakub Delenka aus Salzenforst, der in Prag tätig gewesene Mathias Wenzel Jäckel und Georg Vater aus Wittichenau als sorbische Künstler „entdeckt“. Das breitere Erbeverständnis erlaubte es ab den 1970er Jahren, Einzelphänomene der Kunstgeschichte zu verbinden. Der Historiker Frido Mětšk verfolgte im Aufsatz „Gab es im Feudalzeitalter bei den Sorben eine bildende Kunst?“ (1972) sorbische Kunst bis ins Mittelalter zurück. Er konnte sich auf Forschungen des deutschen Kunsthistorikers Peter Findeisen und des sorbischen Musikwissenschaftlers Jan Rawp zu den Wandmalereien von 1486 in der Kirche zu Briesen bei Cottbus berufen. Mětšk beklagte den Mangel an „sorbenkundlich“ versierten Fachleuten. Der deutsche Kunsthistoriker Karl Max Kober behauptete 1973 in einem Aufsatz über spätgotische Wandmalereien in Sachsen, dass diese aufgrund ikonografischer Auffälligkeiten eine „Sondergruppe“ als Reflex auf die Lebensweise der Sorben in den Lausitzen bilden würden.

Alfred Krawc wagte in einer ersten Übersicht über Leben und Werk sorbischer bildender Künstler („Sorbische bildende Künstler“, 1974), das „Vorhandene“ aus Einzelveröffentlichungen und wenigen monografischen Arbeiten mit „Eigenem“ ohne „spezielle Forschungen“ zu verbinden. Die tschechische Kunsthistorikerin Vladimíra Lebedová-Zmeškalová schrieb seit den 1970er Jahren über Darstellungen der Sorben bei den Tschechen Ludvík Kuba und Alena Čermáková sowie dem Slowenen Ante Trstenjak. Parallel zu kunstwissenschaftlichen Studien entstanden Aufsätze zur Gegenwartskunst für die sorbische Presse. Die Forschung wurde seit Ende der 1950er Jahre durch die Sammel- und Ausstellungstätigkeit des Sorbischen Museums und seit den 1990er Jahren auch durch das Wendische Museum in Cottbus angeregt und gefördert.

Studie zur Kunstgeschichte von Maria Mirtschin, Domowina-Verlag 2006

1979 begann die kunstwissenschaftliche Forschung am Institut für sorbische Volksforschung (→ Sorbisches Institut). Den Schwerpunkt bildete die erste Hälfte des 20. Jh. als Phase der Herausbildung einer national orientierten sorbischen Kunst. Diese wurde durch Aufnahme und kritische Interpretation des Begriffs „Heimatkunst“ in einen breiten kulturellen Kontext gestellt und in den Strom anderer slawischer Nationalkünste hinsichtlich Themen, Gehalte und Stilsysteme eingeordnet (Maria Mirtschin, „Sorbische Kunst. Die zwanziger und dreißiger Jahre“, 1992). In dem Maße, wie die sorbische bildende Kunst in Motiven und Ikonografie ihre nationale Exklusivität überwand und zu zeitgemäßer Formensprache fand, stieß das Schaffen von Künstlern wie Jan Buk, Jan Hanski oder Maja Nagelowa nun auch auf das Interesse deutscher Kunstwissenschaftler (Gerd Claußnitzer, Peter Michel, Gerd Söder, Karin Weber, Cornelia Wendt, Ingrid Wenzkat, Jörg Sperling u. a.).

Seit den 1990er Jahren erfolgte die Herausgabe von Monografien zu sorbischen Künstlern oder zu Künstlern, denen das Sorbische Bildgegenstand war: u. a. zu Jan Buk, Ota Garten, Ludvík Kuba, Fryco Latk, Jan Hanski, Hanka Krawcec, Conrad Felixmüller, Měrćin Nowak-Njechorński, Paul During und Fritz During, Jurij Hajna, Iris Brankačkowa, Steffen Lange und Wylem Šybaŕ. Anlässlich des 200. Todestags Wjelas erschien 2005 der Sammelband „Im Reich der schönen, wilden Natur. Der Landschaftszeichner Heinrich Theodor Wehle 1778–1805“ mit Beiträgen deutscher und sorbischer Kunsthistoriker zu Leben und Werk des Künstlers.

Den Vereinigungen sorbischer bildender Künstler galt die 1998 erschienene Publikation „Sorbische bildende Kunst 1923–1998“ (Christina Boguszowa, Alfred Krawc, Marija Měrćinowa). Der Band „Wendische Bilderwelten. Der Kunst von Heide und Spreewald auf der Spur“ (Alfred Krawc, Beno Pětška, 1999) erfasste sorbische Kunst der Niederlausitz und der Schleifer Region. Andere Studien widmeten sich Aspekten wie dem Frauenbild, dem Mäzenatentum sorbischer Dekane und der Bildhauerei im Barock sowie genrespezifischen Themen wie der Ikonografie der Wandmalereien des Mittelalters oder dem bürgerlichen Porträt. Seit den 1980er Jahren wird die Fotografie als selbstständige Gattung wahrgenommen. Bisher liegen Monografien zum Schaffen der Fotografen Maćij Bulank, Jürgen Maćij, Erich Rinka, Pawoł Rota und Erich Schutt vor. Eine Geschichte der sorbischen Fotografie steht noch aus.

Die Publikation „Das Vermächtnis der Mittagsfrau. Sorbische Kunst der Gegenwart“ (2003) umriss die Positionen sorbischer bildender Kunst im Kontext sorbischer, deutscher und internationaler kultureller und künstlerischer Zusammenhänge. Hinterfragt wurden Begriffe wie „Stil“, „sorbische Kunst“, „sorbische Künstler“ und Themen wie „Landschaftliches“, „Symbolisches und Mythologisches“. War die Beschäftigung mit sorbischer Kunst lange Zeit Selbstreflexion, so wurde in jüngerer Zeit Sorbisches auch in der deutschen Kunst des 19. Jh. wahrgenommen (Maria Mirtschin, „Der Blick von außen“, 2006). Neuerdings widmet sich die sorbische Kunst auch massenkulturellen Phänomenen (Maria Mirtschin, „Fiktive Welten auf Postkarten. Sorbisches in der Massenkultur“, 2009).

Metadaty

Titel
Wuměłstwowa wědomosć
Titel
Wuměłstwowa wědomosć
Awtor:ka
Mirtschin, Maria
Awtor:ka
Mirtschin, Maria
Klucowe słowa
stawizny wuměłstwa; kritika wuměłstwa; wuměłska teorija; twórjece wuměłstwo; wuměłska produkcija; recepcija wuměłstwa
Klucowe słowa
stawizny wuměłstwa; kritika wuměłstwa; wuměłska teorija; twórjece wuměłstwo; wuměłska produkcija; recepcija wuměłstwa
Zespominanje

Disciplina duchnych wědomnosćow, kótaraž wuslěźujo twórjece wuměłstwo w historiskej konkretnej wjelerakosći a kaznitosći, ako twórje jogo zakład. Pśi tom glěda rowno tak na wuměłca ako na wuměnjenja produkcije, distribucije a recepcije wuměłstwa. Wuměłstwowa wědomnosć wopśimjejo teke stawizny wuměłstwa, kritiku wuměłstwa a wuměłsku teoriju.

Zespominanje

Disciplina duchnych wědomnosćow, kótaraž wuslěźujo twórjece wuměłstwo w historiskej konkretnej wjelerakosći a kaznitosći, ako twórje jogo zakład. Pśi tom glěda rowno tak na wuměłca ako na wuměnjenja produkcije, distribucije a recepcije wuměłstwa. Wuměłstwowa wědomnosć wopśimjejo teke stawizny wuměłstwa, kritiku wuměłstwa a wuměłsku teoriju.

Wopśimjone w zběrce
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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