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Bajki
Susanne Hose

Mehrepisodige Prosaerzählung über wunderbare und abenteuerliche Erlebnisse von Menschen und Tieren, die mithilfe fantastischer Mittel und Möglichkeiten ihr Glück machen. Die Ableitung des Begriffs bajka von obersorbisch bać, niedersorbisch bajaś, deutsch ,Unsinn reden, faseln’, betont im Sorbischen, dass es sich um die Wiedergabe von Fiktivem handelt. Obersorb. bajki bać ,Märchen erzählen’ bedeutet im übertragenen Sinne auch „flunkern, schwindeln“. Märchen werden mündlich und literarisch überliefert. Autoren literarischer Märchen (→ Literatur) setzen Merkmale der volkstümlichen Überlieferung wie die Naivität, die Dreigliedrigkeit oder das Prinzip des Achtergewichts (die letzte Aufgabe bringt die Erlösung) bewusst als Struktur- und Stilmittel in ihre Dichtung ein.

Theateraufführung »Die drei Bären« des Sorbischen Kindertheaters, 1968; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Im Gegensatz zur Sage wird ein Märchen bewusst als erfundene und unwirkliche Geschichte wahrgenommen. Wer ein Märchen erzählt, gibt zu erkennen, dass er es nicht selbst erlebt hat, sondern Erdachtes vermittelt. Die Wunder sind jedoch so in die Realität eingebettet, dass man gern daran glauben möchte. Sie ereignen sich weder zu einer bestimmten Zeit, noch an einem bestimmten Ort. Eingangs- und Schlussformeln betonen, dass die Handlung irgendwann und irgendwo spielt (z. B. obersorb. Běše a njeběše ,Es war und war auch nicht’, Běše pak něhdy ,Es war einmal’, A staj hišće dźensa žiwaj, jelizo wumrěłoj njejstaj ,Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute’).

Märchen handeln von Kontrasten, von denen der jeweils positive Teil siegt: Das Gute triumphiert über das Böse, das schöne, meist arme, Mädchen über das hässliche, der von der Familie vernachlässigte, jedoch schlaue jüngste Sohn über seine tölpelhaften großen Brüder. Mut, Ausdauer und Tapferkeit führen die Helden zum Ziel, an dem sie ein glückliches, sorgenfreies Leben erwartet. Die geschickte Verknüpfung des Übernatürlichen mit der Alltagswelt der Menschen in der Ober-und Niederlausitz, jene Nähe des Außergewöhnlichen zum wirklichen Leben sorgt für die faszinierende Wirkung von Märchen. In den sorbischen Märchen heißen die Helden Jank und Hanka oder Jan, Jurij und Pětr, aus dem „fremden Ritter“ wird der „böhmische Ritter“, Wolf und Füchsin besuchen die Mädchen in den Spinnstuben. Im Märchen vom Kienpeter erinnert die Darstellung der Landschaft an die Muskauer Heide (→ Muskauer Standesherrschaft), wenngleich nur allgemein von der Kienkammer eines Heidebewohners die Rede ist bzw. von der Stadt, wo der Kien verkauft wird, und dem fernen Glasschloss auf dem Felsen, in dem Hanka ihren Freier erwartet. Für das Sorbische typisch scheint die humorvolle Annäherung des Märchenhaften an die Wirklichkeit zu sein. Im Märchen „Die schwarze und weiße Prinzessin“ soll der Protagonist, ein Soldat, ein Paar Stiefel durchlaufen, um die Prinzessin zu erlösen. Jedoch anstatt sich auf den langen Weg zu machen, schleift er kurzerhand die Sohlen mit dem Schleifstein ab und erfüllt damit die Aufgabe.

Die Märchenerzählerin Hana Chěžcyna aus Horka

Die bis in die zweite Hälfte des 19. Jh. vorrangig mündlich überlieferten sorbischen Erzählungen entsprechen in ihren Motiven dem in Mitteleuropa allgemein bekannten Märchengut und damit dem Typenverzeichnis (ATU) von Antti Aarne und Stith Thompson von 1928, neu bearbeitet von Hans-Jörg Uther (2004). Friedrich Sieber (1935) beurteilte das im ober- und niedersorbischen Sprachgebiet gesammelte Material, dessen Umfang er auf „wenigstens ein halbes Hundert“ schätzte, als reich gegenüber seinen Aufzeichnungen im obersächsischen Raum. Pawoł Nedo zählte für seine wissenschaftlich kommentierte Quellenausgabe von 1956 86 Märchen aus sorbisch- und deutschsprachigen Sammlungen und Zeitungen, die nachweisbar über mehr als zwei Generationen im sorbischen Sprachgebiet überliefert worden waren und deren sprachliche Gestaltung und Komposition sie als „sorbisch“ ausweisen. Einen im Vergleich zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Jacob Grimm und Wilhelm Grimm hohen Anteil bilden darin die Tiermärchen, von denen wiederum die Märchen von Wolf und Füchsin durch ihre realistische und plastische Situationsschilderung hervorstechen. In der Partnerschaft der beiden gefräßigen Raubtiere verleitet die selbstsüchtige und listige Füchsin den dummen Wolf zu Handlungen, die stets zu dessen Nachteil ausgehen. Auf ihr Anraten versucht er mit dem Schwanz Heringe aus dem zugefrorenen Weiher zu fischen und friert dabei an oder säuft einen Brunnen aus, um an den sich darin spiegelnden Mond zu gelangen, den er für einen Käse hält. Als Allegorien zu den Verhaltensweisen der Menschen ist den Tiermärchen wenig Fantastisches eigen. Das Märchenhafte liegt hier vielmehr im menschlichen Auftreten der Tiere, die wie Menschen denken und soziale Hierarchien aufbauen, sich untereinander verbünden oder im Zwist miteinander liegen und Abenteuer bestehen müssen, um Glück und Geborgenheit zu finden.

Märchensammlung der Prager Studenten, 1899; Repro: Sorbische Zentralbibliothek am Sorbischen Institut

Den Kern der sorbischen Märchen bilden die Zaubermärchen, deren Handlung durch übernatürliche Fähigkeiten und Wunderdinge vorangetrieben wird. Charakteristisch ist der optimistische Ausgang, wenngleich die sorbische Überlieferung einige Ausnahmen aufweist. So erschlägt der Vater im Märchen vom Däumling mit dem Wolf, den ihm der Sohn zutreibt, auch den Winzling selbst, der sich am Wolfsschwanz festgekrallt hatte. In der sorbischen Fassung vom „Machandelboom“ wird Jank von der Stiefmutter getötet und sein Kopf dem Vater zum Essen gereicht. Die Schwester sammelt die Knochen, wickelt sie in ein Tuch und vergräbt sie, nicht wie bei Grimm unter einem Wacholderbaum, sondern wie für die Lausitz typisch, unter einem Holunderbusch. Die Knochen verwandeln sich auf magische Weise in einen singenden Vogel, der die Schwester beschenkt und die Stiefmutter erschlägt, aber seine menschliche Gestalt, wie der Knabe in der deutschen Fassung, erlangt Jank nicht zurück. Wie eine Horrorgeschichte mutet das Märchen von „Patchen und Patin“ an. Die Patin, offensichtlich der im Sorbischen weibliche Tod, lädt ihr Patenkind zu sich ein, wo sich vor dem Mädchen unerklärliche Szenen abspielen: Das Tor ist mit einer Menschenhand zugesteckt, in der Scheune dreschen vier Hunde, eine Katze melkt die Kuh, im Haus buttert ein Pferdefuß und hinterm Ofen drehen sich Därme. Die Patin erklärt, dass sie lediglich ihren Torriegel, ihr Gesinde und ihren Mann sowie ihr trocknendes Garn gesehen habe und bringt das Mädchen um. Die formelhafte Sprache im Frage-Antwort-Spiel zwischen Patchen und Patin mit ihren Wiederholungen verleiht der Erzählung eine unheimliche dramatische Spannung, die mit dem Tod des Mädchens abrupt endet. Das im Verzeichnis internationaler Erzähltypen verzeichnete Märchen „Der Haushalt der Hexe“ (ATU 334) ist hier in einer ursprünglichen Form belegt. Es fehlt der didaktische Impetus wie im Märchen von „Frau Trude“ in den Kinder- und Hausmärchen, wo das eigensinnige Mädchen trotz Warnung der Eltern das wunderliche Haus aufsucht und für seine Neugier bestraft wird.

Auswahl sorbischer Volksmärchen, Domowina-Verlag 1964

Zaubermärchen handeln von Extremen. Treue, Freigebigkeit und Fleiß werden reich belohnt, während Verrat, Geiz und Faulheit meist mit dem Leben bezahlt werden. Der alte König im Märchen „Der Prinz und sein Zauberpferd“ verbrennt in kochender Stutenmilch, die ihn verjüngen soll, was in Anbetracht seiner Menschen verachtenden Habgier nur gerecht erscheint. Die böse Stiefmutter im „Klingenden Lindchen“ wird mit den Haaren an den Schwanz eines Pferdes gebunden, das über Wurzelstöcke galoppiert und schließlich nur mit dem „Skalp“ am Schwanz zurückkehrt. Der Waldgeist Kosmatej belohnt die gegen die Tiere barmherzige Halbwaise mit einem Schloss, während er die selbstsüchtige Tochter der Stiefmutter zerreißt und ihre Gedärme ums Haus windet. Drastische Bestrafung und die christlich bestimmte Haltung von Buße und Reue bestimmen die Handlung im Märchen von der „Patenschaft der Hl. Maria“. Weil es seine Neugier nicht zügeln konnte und das verbotene Zimmer zu öffnen versucht, schlägt die Jungfrau Maria ihr Patenkind mit Stummheit und erweckt den Eindruck, die so behinderte junge Mutter würde ihre eigenen Kinder fressen. Erst als diese als Kindsmörderin verbrannt werden soll, lässt sie Gnade walten mit den Worten: „Du hast genug für deinen Ungehorsam gelitten; gehorche aber deinem Herrn und sei redend!“

Das Auftreten der Hl. Maria bringt das Märchen in die Nähe zu den Legendenmärchen, denen im sorbischen Repertoire jedoch zahlenmäßig kaum Bedeutung zukommt. Die von Klerikern schriftlich tradierten Legenden über Heilige und Märtyrer sowie das göttliche Heilswirken wurden von den niederen Volksschichten übernommen und im Stile der Märchen umerzählt. Meist steht nicht mehr der Heilige im Mittelpunkt der Erzählung, sondern der sündige Mensch, der wie der Räuber Lipskulijan durch Buße erlöst wird. Verbreitet sind die Erzählungen, wie Christus oder Gott mit dem Hl. Petrus über das Land wandeln und die Menschen charakterisieren. In ihren Gesprächen steht der menschlich-naiven Einschätzung von Petrus, der Gutes mit Gutem belohnen will, Gottes weise Weltsicht entgegen. So erhält nicht das fleißige Mädchen den Tüchtigen zum Mann, sondern die Faule, die ansonsten im Leben scheitern würde. Und nicht die geistlichen Lieder, sondern die Volkslieder erfreuen Christus, weil sie mit Inbrunst gesungen werden.

Die kirchlichen Motive und Themen haben ebenso wie die Novellenmärchen und die schwankhaften Erzählungen vom dummen Teufel und von Riesen in der sorbischen Überlieferung keine allgemeine Verbreitung gefunden. Ein Grund dafür mag im Fehlen der frühen religiösen und höfischen Dichtung bzw. der Schwankliteratur (→ Schwank) liegen, die jene Gattungen z. B. in der deutschen oder französischen Überlieferung nachweislich unterstützt haben. In den Novellenmärchen ereignet sich nichts Wunderbares im Sinne von Übernatürlichem. Es wird auf irrationale Elemente wie Dämonen, sprechende Tiere oder Verwandlungen verzichtet. Der Held ist vielmehr ganz auf sich gestellt und zeichnet sich durch außergewöhnliche Fähigkeiten aus. Die kluge Bauerntochter löst das Rätsel des Gutsherrn durch ihre Gewitztheit; Müllers Hanka schlägt neun Räubern den Kopf ab und bewahrt so das Hab und Gut ihrer Familie.

Erzählt wurden Märchen im familiären Kreis, bei halböffentlichen Gelegenheiten sowie bei gemeinsamer Handarbeit. Eine schriftliche Tradition hat ihre Überlieferung nicht in direktem Maße beeinflusst. Die genaue Herkunft und Ursprungszeit der sorbischen Märchen ist daher kaum ermittelbar. Mit Gewissheit lässt sich sagen, dass sie im 18. und 19. Jh. vor allem unter denjenigen verbreitet waren, deren sozialen Status sie abbilden. In der Regel begibt sich ein Armer auf die Suche nach Glück. Der Tagelöhner oder Häusler muss Fremde um die Gevatternschaft für seine vielen Kinder bitten. Der König und sein Hofstaat werden nur ungenau geschildert, da die Menschen ihn nur vom Hörensagen kennen. Von den bekannten Königserzählungen wie „Der Froschkönig“, „Der getreue Johannes“ oder „Dornröschen“ ist im sorbischen Repertoire keine Spur zu finden. Auch die Vorliebe für komische Situationen sowie die burlesken und drastischen Darstellungen weisen auf das Erzählen im einfachen ländlichen bzw. vorstädtischen Milieu hin. Damit der Wolf das ausgesoffene Brunnenwasser anhält, stöpselt ihn der Fuchs einfach zu. Dem starken Knecht verabreicht der tückische Amtmann ein Abführmittel. Woraufhin der Knecht ohne Hose das Feld absenst und trotz Durchfall seine Aufgabe rechtzeitig beendet, um den reichen Lohn einzustreichen.

Anthologie westslawischer Märchen, Domowina-Verlag 1972

Zu den wesentlichen Stilelementen im Märchen gehört die Grausamkeit, jedoch wirkt sie im Gesamtgefüge längst nicht so grausig wie in einer realistischen Erzählung. Schreckgeschichten bilden in der Regel lediglich eine Episode innerhalb eines Märchens. Sie steigern die Spannung; die Leistung des Helden wirkt umso gewaltiger, je gefährlicher sein Weg geschildert wird. Das erbarmungslose Abrechnen mit Eltern, die ihre Kinder aussetzen, oder mit Menschen fressenden Hexen und Riesen entsprechen dem naiven Wunsch, dass das Böse mit den eigenen Mitteln bestraft wird. Dabei erinnern das Verstümmeln und Blenden, das Zu-Tode-Schleifen oder Verbrennen an tatsächliche Rechtspraktiken vergangener Zeiten, die auch in den sorbischen Märchen nachwirken. Von den sprachlichen Gestaltungsmitteln fällt wie im Volkslied die häufige Verwendung von Diminutiva auf, die mitunter in außergewöhnlicher Dichte auftreten. So will die Stiefmutter dem Stiefkind zunächst „z piwkom nóžce myć a z mlóčkom hłójčku“ (mit Bierchen die Füßchen waschen und mit Milchlein das Köpfchen). „Das Knäblein“ meint nicht etwa einen kleinen Jungen, sondern den meist ausgewachsenen Helden der Erzählung, er hat keinen Brief, sondern ein „Brieflein“ zu überbringen und das „Schlüsselchen“ zum Haus zu finden. Die Verkleinerungsform zeigt emotionale Nähe zu den positiv gezeichneten Personen und Dingen an und gehört zu den wichtigsten Stilmitteln der poetischen Volkssprache. Von allen Gattungen der Volksdichtung stellt das Märchen die höchsten Anforderungen an die Erzähler. Das poetische Geschick, zu dem eine sichere Stoffbeherrschung und gestalterische Kraft gehören, war nur Einzelnen gegeben und nicht immer stießen die Märchensammler auf die Talentiertesten von ihnen. In den Sammlungen von Jan Arnošt Smoler verweisen besonders die Märchen von Frau Scholze aus Kotten auf sie als eine poetisch begabte Erzählerin. Unter Wilibald von Schulenburgs Gewährspersonen ragen der Häusler Kito Pank aus Burg (Spreewald) und der Bauer und Dorfschulze Jan Hantšo-Hano aus Schleife heraus. Pawoł Nedo lernte in den 1950er-Jahren Hana Chěžcyna (1887–1984) aus Horka kennen, die mit ihrer plastischen Erzählkunst nicht nur ihre Enkelkinder, sondern auch robuste Steinbrucharbeiter in ihren Bann ziehen konnte.

Das Interesse an der sorbischen Volksdichtung regte sich zuerst unter den sorbischen Studenten in Leipzig um 1825. Unter der Anleitung Handrij Zejlers sammelten sie in der Oberlausitz Sprichwörter, Rätsel, Sagen, Märchen und Volkslieder und trugen die Ergebnisse in die handschriftliche Leipziger sorbischen Zeitschrift „Sserska/​Serbska Nowina“ (Sorbische Zeitung) ein. Die meisten der Märchenaufzeichnungen stammen von Zejler, der aus der Beschäftigung mit ihnen dichterische Impulse für seine eigene Dichtung ableitete und später zahlreiche Motive aus den Tiermärchen in seinen Fabeln verarbeitete. Jan Arnošt Smoler hielt Mitte der 1830er Jahre die sorbischen Gymnasiasten in Bautzen und die sorbischen Studenten in Breslau zu Erhebungen in ihren jeweiligen Heimatorten an und fügte dem zweiten Band seiner Volksliedersammlung (1843) die erste größere Zusammenstellung sorbischer Märchen bei, die in der Folgezeit auch für andere Editionen übernommen wurde, so 1863 in den zweiten Band des Lausitzer Sagenbuchs von Karl Haupt. Wie Zejler in Leipzig hatte Smoler darauf geachtet, dass die Märchen so aufgezeichnet wurden, „wie sie im Munde des Volkes leben, ohne Zusätze und Veränderungen“ (Neues Lausitzisches Magazin 19/1841). Die ersten Übersetzungen aus den Grimm’schen Märchen erschienen in der Wochenschrift „Jutrniczka“ (1842). Die Prager sorbischen Studenten, die 1846 die Vereinigung Serbowka gegründet hatten, trugen ihre Aufzeichnungen, darunter auch Märchen, im Jahrbuch „Kwětki“ ein. Von den literarisch stark bearbeiteten Märchentexten heben sich die der beiden späteren katholischen Pfarrer Michał Róla und Handrij Dučman als zuverlässig und sprachlich sowie in der Erzählweise nur wenig geglättet hervor. In der Niederlausitz widmeten sich fast zeitgleich Hendrich Jordan, Lehrer und Kantor in Papitz, der Vetschauer Kaufmannssohn Alexander Rabenau, der Cottbuser Gymnasiallehrer Edmund Veckenstedt und Wilibald von Schulenburg der Überlieferung von Sagen und Märchen. Während Rabenau sich bereits in seiner Jugend Sorbischkenntnisse angeeignet hatte, waren Schulenburg und Veckenstedt auf die Hilfe von Übersetzern angewiesen. Alle drei veröffentlichten die Märchen in deutscher Sprache, Veckenstedt innerhalb seiner Buchausgabe „Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche“ (1880), Schulenburg in den „Wendische(n) Volkssagen und Gebräuche(n) aus dem Spreewald“ (1880) sowie in „Wendisches Volkstum in Sage, Brauch und Sitte“ (1882) und Rabenau im Anhang zu Engelhardt Kühns „Der Spreewald und seine Bewohner“ (1889).

Nacherzähltes Märchen »Der starke Knecht« in fünf Sprachen, Domowina-Verlag 1981 und 1983; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Hörbuch sorbischer Volksmärchen, Domowina-Verlag 2002

In der Folgezeit stand die Publikation von Märchen mehr und mehr im Zusammenhang mit der Bereitstellung populärer Lesestoffe für Kinder und Jugendliche. Michał Nawka stellte 1914 ein erstes Heft mit Märchenbearbeitungen zusammen, darunter auch vier Übersetzungen aus Grimms Kinder- und Hausmärchen. Seitdem finden sich Märchen in sorbischen Schulbüchern und Kinderzeitschriften (→ Kinder- und Jugendliteratur), wo sie meist mit didaktischen Maximen versehen sind und in der Spracherziehung genutzt werden. Die literarisch nacherzählten Buchmärchen bilden den Grundstock der sorbischen Kinderliteratur. 1955 erschien die erste für Kinder aufbereitete Auswahl, „Serbske ludowe bajki“ (Sorbische Volksmärchen) in Obersorbisch, der 1958 das niedersorbische Märchenbuch „Wužowy kral a źěśe a druge bajki z Łužyce“ (Der Schlangenkönig und andere Märchen aus der Lausitz) folgte. Nach dem Tiermärchen vom dummen Wolf und der schlauen Füchsin entstand in den 1950er Jahren der erste sorbische Puppentrickfilm im DEFA-Studio für Trickfilme in Dresden (→ Film). Das Märchenbuch „Łučlany Pětr“ (1966, „Der Kienpeter“, 1964, 5. Auflage 1975) wurde auch ins Tschechische und Slowakische übersetzt. Die gemeinsamen Bemühungen Nedos mit Erzählforschern aus der ČSSR und der VR Polen um die Edition westslawischer Märchen fanden ihren Niederschlag in der Sammlung „Die gläserne Linde“ (1972, 5. Auflage 1979, gekürzt 2003) mit Fassungen in Sorbisch, Deutsch, Ukrainisch, Polnisch, Tschechisch, Slowakisch und Slowenisch. Der Domowina-Verlag eröffnete 1981 die obersorbisch, niedersorbisch und deutsch erscheinende Reihe „Bajka“, die 20 großzügig illustrierte Bände mit jeweils einem, von sorbischen Schriftstellern nacherzählten Märchen umfasst. Für die illustrierte obersorbische Edition „Čerwjenawka a druhe bajki“ (Rotkäppchen und andere Märchen) von 2003 wurden die bekanntesten Märchen der Brüder Grimm übersetzt.

Das heutige Märchenerzählen bzw. -vorlesen, im Familienkreis wie in Kindergartengruppen, stützt sich im Wesentlichen auf diese Buchmärchen. Vielfache literarische Bearbeitung bis hin zur Verfilmung erfuhr das Märchen von Krabat.

Lit.: F. Sieber: Obersächsische Volksmärchen, in: Mitteldeutsche Blätter für Volkskunde (1935); P. Nedo: Sorbische Volksmärchen. Systematische Quellenausgabe mit Einführung und Anmerkungen, Bautzen 1956; Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen, 4 Bände, Hg. H.-J. Uther, München 1996.

Metadaty

Titel
Bajki
Titel
Bajki
Awtor:ka
Hose, Susanne
Awtor:ka
Hose, Susanne
Klucowe słowa
literatura; powěsć; pśěza; směšk; ludowy spiw; ludowe basnistwo; źiśeca a młoźinska literatura; źiśece knigły; Volkserzählung; Erzählen
Klucowe słowa
literatura; powěsć; pśěza; směšk; ludowy spiw; ludowe basnistwo; źiśeca a młoźinska literatura; źiśece knigły; Volkserzählung; Erzählen
Zespominanje

Prozowe wulicowańko z wěcej epizodami wó źiwnych a dyrdakojskich dožywjenjach luźi a zwěrjetow, kótarež namakaju z pomocu fantastiskich srědkow a móžnosćow swóju gluku. Wótwóźenje zapśimjeśa bajka wót bać (górnoserbski) resp. bajaś (dolnoserbski), pótakem ,njezmysł powědaś, gužliś’, pódšmarnjo w serbšćinje, až wulicujo se něco fiktiwne.

Zespominanje

Prozowe wulicowańko z wěcej epizodami wó źiwnych a dyrdakojskich dožywjenjach luźi a zwěrjetow, kótarež namakaju z pomocu fantastiskich srědkow a móžnosćow swóju gluku. Wótwóźenje zapśimjeśa bajka wót bać (górnoserbski) resp. bajaś (dolnoserbski), pótakem ,njezmysł powědaś, gužliś’, pódšmarnjo w serbšćinje, až wulicujo se něco fiktiwne.

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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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