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Mission
von Trudla Malinkowa

Verbreitung einer Religion unter Andersgläubigen, im engeren Sinne Aussendung von sorbischen christlichen Geistlichen und Laien (Missionare) vorwiegend in Länder der sogenannten Dritten Welt (Missionsgebiete).

In der Lausitz war der Missionsgedanke besonders unter den evangelischen Sorben verbreitet. Er wurde um die Mitte des 18. Jh. durch den Halleschen Pietismus (Indienmission des aus Pulsnitz stammenden Missionars Bartholomäus Ziegenbalg seit 1706) und die Herrnhuter Brüdergemeine (weltweite Missionsarbeit seit 1732) geweckt. In den sorbischen Sozietäten der Herrnhuter vermittelten Diasporaarbeiter Nachrichten aus der Missionsarbeit, berichteten Missionare über ihre Tätigkeit und wurden Gaben für die Mission gesammelt. Sorben nahmen auch an den Missionsfesten in Herrnhut teil. In der 1751 gegründeten Kolonie Kleinwelka (ursprünglich Wendisch Nieska) und in anderen Niederlassungen der Brüdergemeine ließen sich auch Sorben zum Dienst in der sogenannten Heidenmission vorbereiten und danach in die weltweiten Missionsgebiete aussenden. Sie wirkten im 18. und 19. Jh. unter den Inuit Grönlands, den Indianern Nordamerikas, den Sklaven der Karibik, den Eingeborenen Südafrikas und in vielen anderen Regionen. Die Anzahl der Sorben im Dienst der Herrnhuter Mission ist beachtlich, bislang jedoch nicht genau bekannt. Als Missionare wirkten u. a. in Grönland Jan Wićaz aus Kumschütz, Jan Mjeń aus Bautzen, Matej Waŕmo und Mjertyn Starik aus Werben, Jurij Kmoch aus Kleinförstgen sowie die Missionarsgattinnen Hana Njepilarjec aus Tzschelln und Marja Diesnarec, in Südafrika Handrij Gustaw Hetaš aus Bautzen, die Missionarsgattinnen Ana Starikec aus Werben, Marja Bötcherec aus Ruben, Hańža Jenkec und Marja Chěžnikec aus Thräna, in Labrador Jan Hastink aus Sornßig und die Missionarsgattin Hana Rosina Staudec aus Uhyst (Spree) sowie in Surinam Awgust Młynk aus Kreckwitz und die Missionarsgattin Marja Lobachec aus Turnow. Bekanntester der sorbischen Herrnhuter Missionare war Jan Awgust Měrćink aus Gröditz, der nach seiner Tätigkeit in Labrador 1850–1854 als Dolmetscher an der Suchexpedition nach dem verschollenen Sir John Franklin, die u. a. die Nordwestpassage im Nördlichen Eismeer entdeckte, teilnahm und anschließend in Südafrika wirkte.

Als im Gefolge von Restauration, Pietismus und Erweckungsbewegung im 19. Jh. zahlreiche Missionsgesellschaften entstanden, erlebte der Missionsgedanke unter den Sorben seine Blütezeit. Es entwickelte sich ein breites Missionsschrifttum. 1817 gab Handrij Palman, zunächst Hilfsgeistlicher in Gröditz, dann Pfarrer in Schmölln, die erste sorbische Missionszeitschrift „Duchomne rěči a podaća we tem Božim a Jezusowem kralestwi“ (Geistliche Reden und Ereignisse in Gottes und Jesu Königreich, 1817, Baseler Mission) heraus, von der allerdings nur zwei Nummern erschienen. Der h Pfarrer und Dichter Handrij Zejler, 1843 Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Missionsvereins im Hoyerswerdaer Gebiet und 1844 Prediger auf dem ersten Missionsfest in Hoyerswerda, gründete 1844 die Zeitschrift „Misionske Powěsće“ (Missionsnachrichten, 1844–1849, Berliner Mission). Ihr folgten die weiteren obersorbischen Zeitschriften „Zernička“ (Morgenstern, 1849–1852, mit Missionsanteil), „Misionski Posoł“ (Missionsbote, 1854–1915, ab 1882 Zeitschrift für Äußere und Innere Mission, Wendischer Missionsverein), „Misionski Přećel“ (Missionsfreund, 1890–1892, Berliner Mission), „Nowy Misionski Posoł“ (Neuer Missionsbote, 1916–1937, Zeitschrift für Äußere und Innere Mission, Wendischer Missionsverein) und die niedersorbische Zeitschrift „Misionske Powěsći“ (Missionsnachrichten, 1870–1872, Leipziger Mission); → Zeitschriften. Darüber hinaus gaben die Missionsgesellschaften verschiedene Schriften und Traktate in niedersorbischer und obersorbischer Sprache heraus, auch Reihen wie die „Niederwendischen Missionsschriften“ (um 1900, Berliner Mission).

Obersorbische Missions-Zeitschrift, 1861; Repro: Sorbische Zentralbibliothek am Sorbischen Institut

Seit den 1840er Jahren fanden alljährlich viel besuchte sorbische bzw. deutsch-sorbische Missionsfeste reihum in den Kirchgemeinden der Oberlausitz (in der preußischen Oberlausitz erstmals 1844 in Hoyerswerda, in der sächsischen Oberlausitz erstmals 1848 in Baruth) und der Niederlausitz statt, organisiert von den jeweiligen regionalen Missionsvereinen. Mit Themen der Mission befassten sich auch die 1849 von Laien in der Oberlausitz gegründeten Wendischen evangelisch-lutherischen Vereine in Rachlau, Siebitz, Purschwitz und Neschwitz (→ Buchgemeinschaften). 1853 gründeten sorbische Geistliche in der sächsischen Oberlausitz den Wendischen Missionsverein, der als Zweigverein des Hauptvereins für Äußere Mission in Sachsen bis in die 1930er Jahre wirkte. Der Missionsgedanke erhielt einen so hohen Stellenwert, dass unter den Sorben der Begriff „swjate misionstwo“ (heilige Mission) gebräuchlich wurde. Es entstand eine große Anzahl von sorbischen Missionschorälen (angeblich über 200). Für die Mission wurde in sorbischen Gemeinden über Jahrzehnte ausdauernd und reichlich gespendet. Mancher Nachlass begüterter Sorben kam der Mission zugute. Ein „Misionski kašćik“ (Missionskästchen, d. h. Opferstock für die Mission) gab es in fast jeder Kirche. Vielerorts fanden regelmäßig Missionsstunden statt. Zahlreiche Sorben aus beiden Lausitzen absolvierten Missionsseminare der verschiedenen deutschen Missionsgesellschaften und wirkten als Missionare in Übersee, u. a. in Indien die Brüder Bjedrich und Hendrich Batš aus Straupitz und Juro Polenc aus Sergen (Gossner Mission), in Südafrika Petrik aus Burg (Spreewald) (Berliner Mission) und in China Hana Wakwicowa aus Rachlau.

Als letzte traditionell in der Heidenmission wirkende evangelische Sorbin gilt Frida Wjelic aus Kubschütz, die 1928–1949 in China tätig war (Marburger Mission). Im 20. Jh. wirkten Sorben vereinzelt auch im missionarischen Dienst evangelischer Freikirchen in Deutschland und weiteren europäischen Ländern, so Gottlob Kowal aus Halbendorf bei Schleife und Jurij Lorenc aus Bautzen (beide evangelisch-freikirchliche Brüdergemeinde).

Opferkasten in der Kirche zu Kleinbautzen; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Zusätzlich zur Äußeren Mission fand in der zweiten Hälfte des 19. Jh. unter den evangelischen Sorben der Gedanke der Inneren Mission Verbreitung. Ziel war, im eigenen Land mit modernen Mitteln (Vereinsgründungen, Medienarbeit, Sozialarbeit) christliche Werte zu vermitteln und so der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Dieser Impuls trug zur Entwicklung eines vielfältigen religiösen Schrifttums in niedersorbischer und obersorbischer Sprache bei. Bereits 1854 wurden vom Verein für Innere Mission in der preußischen Oberlausitz mit Sitz in Niesky vier aus dem Deutschen übersetzte sorbische Traktate herausgegeben und durch Kolporteure verbreitet. Es folgte in der Oberlausitz 1862 die Gründung des Wendischen lutherischen Büchervereins, 1888 der erste Versuch der Gründung einer obersorbischen Kinderzeitschrift „Njebjeska zahrodka“ (Himmelsgärtlein) und seit 1891 die Herausgabe der noch heute bestehenden Zeitschrift „Pomhaj Bóh“ (Gott hilf). 1867 wurde der Gödaer Pfarrer Jaroměr Hendrich Imiš zum Gründungsvater des Oberlausitzer Provinzialvereins der Inneren Mission und des Hauptvereins für Innere Mission im Königreich Sachsen, als dessen sorbische Abteilung sich 1889 der Wendische Zweigverein für Innere Mission konstituierte. Zu den Festen der Äußeren Mission kamen nun jährlich solche der Inneren Mission in den sorbischen Kirchgemeinden der Oberlausitz (preußische Oberlausitz erstmals 1865 in Gebelzig, sächsische Oberlausitz erstmals 1867 in Löbau) und der Niederlausitz hinzu. Daneben fanden Gustav-Adolf-Feste zur Unterstützung evangelischer Gemeinden in der Diaspora statt, in der sächsischen Oberlausitz nach Gründung des Wendischen Bibelvereins 1899 auch Bibelfeste (erstmals 1900 in Bautzen). Als Werk der Inneren Mission wurde die Gründung des Vereins zur Unterstützung studierender Wenden 1880 verstanden, der v. a. den nötigen Nachwuchs an sorbischen Geistlichen und Lehrern sichern sollte. In der Niederlausitz entsprach die 1880 gegründete Maśica Serbska (→ Maćica Serbska) mit der Herausgabe eines breiten Spektrums religiösen Schrifttums dem Anliegen der Inneren Mission, ebenso wie die religiösen Zeitschriften „Pobožne głosy z bratšojskeje gmejny“ (Fromme Stimmen aus der Brüdergemeine, 1865/66), „Wosadnik“ (Gemeindeblatt, 1904/05, 1905, 1906–1913) und „Gwězda“ (Stern, 1914). Für das Jahr 1879 erschien in Cottbus der erste niedersorbische Buchkalender „Gotthold. Evangelisch-lutherischer Volks-Kalender mit wendischem Text“ (→ Kalender). Die 1884–1902 gefeierten niedersorbischen Gottesdienste in Berlin fanden mit Unterstützung, z. T. auch in den Räumlichkeiten der Berliner Stadtmission statt und wurden zuletzt vom niedersorbischen Stadtmissionar Mjertyn Mešcan gehalten. Sorbische Mädchen widmeten sich beruflich der Inneren Mission und wirkten nach der Ausbildung als Diakonissen bzw. Gemeindeschwestern in diakonischen Einrichtungen oder Kirchgemeinden.

Parallel zu den Missionsgesellschaften auf evangelischer Seite entstanden im 19. Jh. zahlreiche Missionsorden der katholischen Kirche, in denen vereinzelt auch sorbische Ordensschwestern und -brüder wirkten, so in Algerien Jakub Bryl aus Grubschütz (Societas Jesu) und in Neuguinea Jakub Wróbl aus Radibor (Herz-Jesu-Mission). Inspiriert von der Gründung des Wendischen lutherischen Büchervereins 1862, entstand noch im selben Jahr auf katholischer Seite der St. Cyrill-Methodius-Verein, der seit 1863 die bis heute bestehende Zeitschrift „Katolski Posoł“ (Katholischer Bote) und religiöse Literatur für die katholischen Sorben herausgibt.

Lit.: H. Immisch: Die Innere Mission unter den Wenden, Bautzen 1881; O. Wićaz: Serbja jako misionarojo Bratrowskeje jednoty, Serbske Nowiny 81 (16.6.1922) 136; M. Völkel: Serbske nowiny a časopisy w zašłosći a w přitomnosći, Budyšin 1984; S. Musiat: Sorbische/ Wendische Vereine 1716–1937, Bautzen 2001; M. Völkel: Serbscy posoljo misionstwa, Pomhaj Bóh (2004) 1; J. Malink: Jaroměr Hendrich Imiš a nutřkowne misionstwo, in: Pomhaj Bóh (2005) 2.

Metadaten

Titel
Mission
Titel
Mission
Autor:in
Malinkowa, Trudla
Autor:in
Malinkowa, Trudla
Schlagwörter
Missionar; Missionarin; Zeitschrift; Verein; Kirche; Kirchenlied; Sorbische Sprache(n); Religion; Kinderliteratur; Christentum; Religiöse Literatur; Labrador; Grönland; China; Surinam; Südafrika
Schlagwörter
Missionar; Missionarin; Zeitschrift; Verein; Kirche; Kirchenlied; Sorbische Sprache(n); Religion; Kinderliteratur; Christentum; Religiöse Literatur; Labrador; Grönland; China; Surinam; Südafrika
Abstract

Verbreitung einer Religion unter Andersgläubigen. In der Lausitz war der Missionsgedanke besonders unter den evangelischen Sorben verbreitet.

Abstract

Verbreitung einer Religion unter Andersgläubigen. In der Lausitz war der Missionsgedanke besonders unter den evangelischen Sorben verbreitet.

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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