Zusammenschlüsse von Schriftstellern, Herausgebern, Nachwuchsautoren und
Literaturkritikern zwecks Förderung von Literatur, hier der
sorbischen.
Die erste Form einer solchen Vereinigung entstand 1858 auf Anregung von Michał Hórnik in der Belletristischen
Abteilung der Maćica
Serbska mit dem Ziel, »höhere Unterhaltungsliteratur zu mehren«, indem
sie die Mitglieder zu Übersetzungen und literarischen Auftragsarbeiten in Zeitschriften und Büchern animierte. Wirksam war die von Handrij Zejler geleitete Abteilung etwa ein
Jahrzehnt.
Die literarischen Auseinandersetzungen der Jungsorben (→ Jungsorbische Bewegung) führten in
den 1880er Jahren zu mehreren Treffen jüngerer sorbischer Autoren in Dresden, die in den 1890er Jahren als
Jahrestreffen von Autoren der Zeitschrift »Łužica« fortgeführt wurden und deren
Bemühungen um neue bürgerliche Kunstformen begleiteten.
Im März 1900 versammelten sich auf Einladung von Arnošt Muka 25 sorbische Autoren und gründeten einen
Arbeitskreis sorbischer Schriftsteller (Koło serbskich spisowaćelow). Zu dessen
Zielen gehörten neben der Durchsetzung einer einheitlichen obersorbischen Orthografie die Förderung von jungen Talenten und die Herausgabe einer
populären Buchreihe, die Muka mit der »Serbska ludowa knihownja« (Sorbische
Volksbibliothek) schuf. 1907 endeten die Treffen dieses Interessenkreises.
Seminar sorbischer Schriftsteller mit Jurij Brězan (links), Michał Nawka
(Mitte), Marja Kubašec und Jurij Kubaš in Burg (Spreewald), 1953; Sorbisches
Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Im Juni 1921 schlossen sich auf Anregung von Jurij
Wićaz in Prag lebende
Sorben und maßgebliche Vertreter der dortigen Freundesgesellschaft zusammen und
erneuerten den Arbeitskreis sorbischer Schriftsteller; Vladimír Zmeškal übernahm die Herausgabe
einer neuen, anspruchsvollen Buchreihe, »Knihownja Dom a swět« (Bibliothek Heim
und Welt), in der in den folgenden Jahren gesammelte Werke sorbischen
literarischen Erbes, Übersetzungen aus slawischen Literaturen und Texte
zeitgenössischer sorbischer Autoren veröffentlicht wurden. Die formale und
satzungsmäßige Erneuerung des Arbeitskreises fand 1924 in Bautzen statt. Neben der Verbandsarbeit widmete
sich die Vereinigung erneut sprachlichen Fragen, förderte die Entstehung neuer
Werke und kooperierte mit der relativ selbstständigen, herausgeberisch tätigen
Prager Abteilung.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 endete die Tätigkeit des
Arbeitskreises in der Lausitz; von dessen Prager Abteilung wurden bis 1937 noch
sorbische und sorabistische Schriften verlegt. Überwacht von der Bautzener Wendenabteilung, durften
diese in der Lausitz nicht mehr vertrieben werden und die gesamte Buchreihe
wurde nach der Besetzung des Wendischen Hauses in Bautzen 1937 sofort aus dem Sortiment der
Schmaler’schen Buchhandlung entfernt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde 1946 auf Initiative des damaligen
Jugendfunktionärs Jurij Brězan der
Arbeitskreis sorbischer Schriftsteller erneuert. Neben der Schaffung von
Publikationsmöglichkeiten standen Fragen der »fortschrittlichen« politischen
Ausrichtung sorbischer Autoren, die Förderung von Nachwuchstalenten sowie
übersetzerische Aktivitäten im Vordergrund. Durch Brězan, der 1952 in den
Vorstand des Deutschen Schriftstellerverbandes der DDR gewählt wurde, suchte der
Arbeitskreis schon 1951 die Zusammenarbeit mit diesem und erreichte 1969 als
selbstständiger Verband, ähnlich den Bezirksverbänden, in diesen aufgenommen zu
werden. Wichtigste Ziele dieses Zusammengehens waren, gleiche
Schaffensmöglichkeiten wie deutsche Autoren zu erhalten, die bisherige
Provinzialität der sorbischen Literatur zu überwinden und sorbische Werke auch
dem deutschen Leser bekannt zu machen. Letzterem dienten z. B. zwei der
sorbischen Literatur gewidmete Hefte der Monatsschrift »Neue Deutsche Literatur«
(1967; 1970). Neben der Teilnahme sorbischer Autoren an Schriftstellerkongressen
entwickelten sich fruchtbare Kontakte zwischen deutschen und sorbischen
Autoren.
Im Rahmen der Institutionalisierung des sorbischen Kulturlebens fand der
Arbeitskreis nach 1951 zu einer systematischen Tätigkeit, die sich in Form von
mehrtägigen Bildungs- und Diskussionsseminaren zeigte. Obgleich
schriftstellerische Schaffensprobleme und sprachpflegerische Fragen im
Mittelpunkt standen, kamen sehr bald ideologische Schulungen durch Funktionäre
der Domowina hinzu. Letztere maßen
der literarischen Arbeit eine so große Bedeutung zu, dass sie sich von 1953 an
immer massiver in die Verbandsarbeit einmischten (Bildung einer literarischen
Kommission beim Sekretariat des Bundesvorstandes der Domowina). Als sich einige
aus dem Kreis der jungen Autoren, inspiriert durch die »Tauwetterperiode« 1956,
in der sorbischen Presse kritisch mit der Situation auseinandersetzten, kam es
1957 auf dem Bundeskongress der Domowina zu Vorwürfen des »pessimistischen
Nationalismus« auch gegenüber Schriftstellern. Brězan als Vorsitzender entzog
sich daraufhin der Bevormundung durch die Domowina und beschränkte sich nur noch
auf die Patenschaft über den Kreis der jungen Autoren; die organisatorische
Tätigkeit des Arbeitskreises selbst kam zum Erliegen.
Programm für den »Tag der Poesie« 1972; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen
Institut
Anfang 1960 wählten die sorbischen Autoren den Literaturwissenschaftler Jurij Młynk zum neuen Vorsitzenden, der
Arbeitskreis erneuerte seine Seminare zur literarischen Analyse entstandener
Werke und fand zu einer produktiven Zusammenarbeit mit dem belletristischen
Lektorat des Domowina-Verlags. Durch Młynk kam es zu direkten Kontakten v. a. mit
polnischen Schriftstellern in Katowice, nach und nach auch mit tschechischen, jugoslawischen,
ukrainischen, weißrussischen und russischen. Verstärkt organisierte der
Arbeitskreis jetzt auch Leseveranstaltungen in Städten und Dörfern der Lausitz
und außerhalb, hinzu kamen Basare auf Festivals (→ Volkstreffen). Zwecks
Förderung des Nachwuchses wurde 1969 unter der Leitung von Kito Lorenc erneut ein Kreis junger Autoren
gebildet, aus dem eine neue Schriftstellergeneration hervorging.
Ab 1977 organisierte der Arbeitskreis zusammen mit dem Leipziger Germanisten
Walfried Hartinger regelmäßig
Seminare für Literaturkritik und veranstaltete seit 1978 das jährlich
stattfindende Fest der sorbischen Poesie. Seit den 1970er Jahren delegierte er
mehrere talentierte Autoren an das Literaturinstitut »Johannes R. Becher« in Leipzig.
In der ersten Hälfte der 1980er Jahre schwand zunehmend das Vertrauen zwischen
einem Teil der Schriftsteller und dem Vorstand. Grund dafür waren die zu Recht
vermutete Beobachtung des Arbeitskreises durch die Staatssicherheit und
Differenzen in literaturtheoretischen Fragen, die zum Rückzug einiger Autoren
führten.
Nach der politischen Wende
schlossen sich 1991 sorbische Schriftsteller, mit Ausnahme von Autoren wie Kito
Lorenc oder Róža Domašcyna, mit
anderen sorbischen Künstlern zum Sorbischen Künstlerbund zusammen, der heute im
Rahmen des Dachverbandes Domowina wirkt und von der Stiftung für das sorbische
Volk Unterstützung erhält.
Vorsitzende des Arbeitskreises sorbischer Schriftsteller: 1924–1933 Jakub Lorenc-Zalěski, (1934/35 vermutlich
Romuald Domaška), 1946–1952 Jurij
Brězan und Měrćin Nowak-Njechorński,
1952–1960 Jurij Brězan, 1960–1967 Jurij Młynk, 1967–1976 Jurij Koch, 1976–1987 Jurij Krawža, 1987–1990 Jan Wornar, 1990/91 Jurij Koch.
Betreuer des Kreises junger Autoren: 1956–1960 Jurij Brězan, 1961/62 Jurij
Krawža, 1969–1976 Kito Lorenc, 1976–1990 Jurij Koch.
Lit.: J. Młynk: 65 Jahre Arbeitskreis sorbischer Schriftsteller, in: Neue
Deutsche Literatur 15 (1967) 3; J. Wornar: 90 Jahre im Dienste der sorbischen
Literatur, in: Bautzener Kulturschau 40 (1990) 3; S. Musiat: Sorbische/Wendische
Vereine 1716–1937, Bautzen 2001.