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Lusizer
von Dietrich Scholze

Westslawischer Stamm, der nach 600 in das Gebiet der spĂ€teren Niederlausitz einwanderte (→ Besiedlung). Die Lusizer gehörten zu den grĂ¶ĂŸeren der rund 20 altsorbischen StĂ€mme, die den sĂŒdlichen Teil der Elbslawen bzw. Polaben bildeten (zwischen Saale, Elbe und Bober, Queis). Das dicht besiedelte Kerngebiet der Lusizer erstreckte sich zwischen der oberen Dahme im Westen und der Spree im Osten mit mehreren Siedlungsschwerpunkten, u. a. bei Luckau. Der Name – lateinisch Lusici bzw. Lunsizi, niedersorbisch ƁuĆŸycanarje – rĂŒhrt her vom altsorbischen Substantiv „Ƃug“ (Sumpfland, sumpfige Niederung) und trifft v. a. auf die Landschaft im Spreewald zu.

Siedlungsgebiet der Lusizer im 10. Jh. (mit BurgwÀllen); Karte: Iris Brankatschk

Wie die Milzener besaßen die Lusizer bereits Mitte des 9. Jh. – laut dem sog. Bayerischen Geographen – 30 Burgbezirke bzw. Hauptorte (Civitates), die jeweils mehrere Dörfer umfassten. Insgesamt zĂ€hlten sie bis zu 8 000 Menschen. Als Bodendenkmale erhalten sind BurgwĂ€lle (oft Sumpfburgen), die in Kriegszeiten als Fluchtburgen genutzt wurden. Sie werden nach neueren archĂ€ologischen Untersuchungen in das 9./10. Jh. datiert. Die Lusizer stellten Keramik vom sog. Tornower Typ her. Ihre Wirtschaft prĂ€gten Ackerbau und Viehzucht, hinzu kamen Jagd, Fischfang und Bienenzucht. Ab etwa 850 fĂŒhrten sie ein eigenes Stammesleben. Doch wĂ€hrend sich im 10. Jh. in der Nachbarschaft ein deutscher und ein polnischer feudaler Staat formierten, schufen die Slawen zwischen Oder, Bober und Queis sowie Elbe und Saale kein gemeinsames Staatswesen. Nach der Konsolidierung des OstfrĂ€nkischen Reiches besiegte König Heinrich I. 928 die Heveller an der Havel, 932 die Lusizer und die Milzener sowie weitere StĂ€mme und zwang sie zu Tributen. Nach mehreren AufstĂ€nden und zeitweiliger erneuter UnabhĂ€ngigkeit wurden die Lusizer 963 endgĂŒltig besiegt (→ Unterwerfung). Ihr nationales und politisches Schicksal war seitdem fest mit dem Reich verbunden. An die Stelle der einheimischen Aristokratie traten, hĂ€ufig infolge gewaltsamen Vorgehens, deutsche Adlige als TrĂ€ger der neuen Macht. Es folgte ein langwieriger Prozess der Christianisierung. Die slawischen Stammesnamen (wie Lusizi, Selpoli) verschwanden seit Anfang des 11. Jh. aus den Quellen; die Gebiete werden nunmehr unter dem Begriff „Lausitz“ zusammengefasst. Nach 1000 kam es innerhalb des Kerngebiets der Lusizer zur Ausdehnung einzelner Siedlungen (z. B. bei Luckau). Seit dem 12./13. Jh. erfolgte ein gezielter Landesausbau (→ Kolonisation), durch den es zu einem verstĂ€rkten Zuzug deutscher Siedler kam, an dem jedoch auch die slawische Bevölkerung beteiligt war. In dieser Zeit wurde der bis dahin siedlungsleere Grenzstreifen zwischen den Lusizern und Milzenern im SĂŒden der Niederlausitz aufgesiedelt.

Die slawischstĂ€mmige Bevölkerung der Lausitz, deren Selbstbezeichnung „Serb“ oder „Sarb“ lautet, konnte ihre Sprache, Kultur und Tradition ĂŒber 1 000 Jahre hinweg bewahren. Als Nachfahren der Lusizer leben die Niedersorben bis zur Gegenwart im sĂŒdlichen Brandenburg und sind als Teil der nationalen Minderheit bzw. des autochthonen Volkes der Sorben anerkannt.

Lit.: R. Lehmann: Geschichte der Niederlausitz, Berlin 1963; J. Brankačk/​F. Mětơk: Geschichte der Sorben, Bd. 1, Bautzen 1977; Die Slawen in Deutschland. Ein Handbuch, Hg. J. Herrmann, 2. Aufl., Berlin 1985; G. E. Schrage: Slaven und Deutsche in der Niederlausitz, Berlin 1990; F. Biermann: Slawische Besiedlung zwischen Elbe, Neiße und Lubsza, Bonn 2000.

Metadaten

Titel
Lusizer
Titel
Lusizer
Autor:in
Scholze, Dietrich
Autor:in
Scholze, Dietrich
Schlagwörter
Besiedlung; Niederlausitz; Brandenburg; Lusizer; Sorben; Niedersorben; Landesgeschichte; Westslawen; Bayerischer Geograph
Schlagwörter
Besiedlung; Niederlausitz; Brandenburg; Lusizer; Sorben; Niedersorben; Landesgeschichte; Westslawen; Bayerischer Geograph
Abstract

Westslawischer Stamm, der nach 600 in das Gebiet der spĂ€teren Niederlausitz einwanderte. Die Lusizer gehörten zu den grĂ¶ĂŸeren der rund 20 altsorbischen StĂ€mme, die den sĂŒdlichen Teil der Elbslawen bzw. Polaben bildeten (zwischen Saale, Elbe und Bober, Queis).

Abstract

Westslawischer Stamm, der nach 600 in das Gebiet der spĂ€teren Niederlausitz einwanderte. Die Lusizer gehörten zu den grĂ¶ĂŸeren der rund 20 altsorbischen StĂ€mme, die den sĂŒdlichen Teil der Elbslawen bzw. Polaben bildeten (zwischen Saale, Elbe und Bober, Queis).

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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