Westslawischer Stamm, der nach 600 in das Gebiet der spĂ€teren Niederlausitz einwanderte (â Besiedlung). Die Lusizer gehörten
zu den gröĂeren der rund 20 altsorbischen StĂ€mme, die den sĂŒdlichen Teil der
Elbslawen bzw. Polaben bildeten (zwischen Saale, Elbe und Bober, Queis). Das
dicht besiedelte Kerngebiet der Lusizer erstreckte sich zwischen der oberen
Dahme im Westen und der Spree im
Osten mit mehreren Siedlungsschwerpunkten, u.âŻa. bei Luckau. Der Name â lateinisch Lusici bzw.
Lunsizi, niedersorbisch ĆuĆŸycanarje â rĂŒhrt her vom altsorbischen Substantiv
âĆugâ (Sumpfland, sumpfige Niederung) und trifft v.âŻa. auf die Landschaft im Spreewald zu.
Siedlungsgebiet der Lusizer im 10. Jh. (mit BurgwÀllen); Karte:
Iris Brankatschk
Wie die Milzener besaĂen die Lusizer bereits
Mitte des 9. Jh. â laut dem sog. Bayerischen Geographen â 30 Burgbezirke bzw.
Hauptorte (Civitates), die jeweils mehrere Dörfer umfassten. Insgesamt zÀhlten
sie bis zu 8âŻ000 Menschen. Als Bodendenkmale erhalten sind BurgwĂ€lle (oft
Sumpfburgen), die in Kriegszeiten als Fluchtburgen genutzt wurden. Sie werden
nach neueren archÀologischen Untersuchungen in das 9./10. Jh. datiert. Die
Lusizer stellten Keramik vom sog. Tornower Typ her. Ihre Wirtschaft prÀgten Ackerbau und Viehzucht,
hinzu kamen Jagd, Fischfang und Bienenzucht. Ab etwa 850 fĂŒhrten
sie ein eigenes Stammesleben. Doch wÀhrend sich im 10. Jh. in der Nachbarschaft
ein deutscher und ein polnischer feudaler Staat formierten, schufen die Slawen
zwischen Oder, Bober und Queis sowie Elbe und Saale kein gemeinsames
Staatswesen. Nach der Konsolidierung des OstfrÀnkischen Reiches besiegte
König Heinrich I. 928 die Heveller
an der Havel, 932 die Lusizer und die Milzener sowie weitere StÀmme und zwang
sie zu Tributen. Nach mehreren AufstÀnden und zeitweiliger erneuter
UnabhĂ€ngigkeit wurden die Lusizer 963 endgĂŒltig besiegt (â Unterwerfung). Ihr nationales und
politisches Schicksal war seitdem fest mit dem Reich verbunden. An die Stelle
der einheimischen Aristokratie traten, hÀufig infolge gewaltsamen Vorgehens,
deutsche Adlige als TrÀger der neuen Macht. Es folgte ein langwieriger Prozess
der Christianisierung. Die slawischen Stammesnamen (wie Lusizi, Selpoli)
verschwanden seit Anfang des 11. Jh. aus den Quellen; die Gebiete werden nunmehr
unter dem Begriff âLausitzâ
zusammengefasst. Nach 1000 kam es innerhalb des Kerngebiets der Lusizer zur
Ausdehnung einzelner Siedlungen (z.âŻB. bei Luckau). Seit dem 12./13. Jh.
erfolgte ein gezielter Landesausbau (â Kolonisation), durch den es zu einem verstĂ€rkten Zuzug
deutscher Siedler kam, an dem jedoch auch die slawische Bevölkerung beteiligt
war. In dieser Zeit wurde der bis dahin siedlungsleere Grenzstreifen zwischen
den Lusizern und Milzenern im SĂŒden der Niederlausitz aufgesiedelt.
Die slawischstĂ€mmige Bevölkerung der Lausitz, deren Selbstbezeichnung âSerbâ oder âSarbâ
lautet, konnte ihre Sprache, Kultur und Tradition ĂŒber 1âŻ000 Jahre hinweg
bewahren. Als Nachfahren der Lusizer leben die Niedersorben bis zur Gegenwart im
sĂŒdlichen Brandenburg und sind als Teil der nationalen Minderheit bzw. des
autochthonen Volkes der Sorben anerkannt.
Lit.: R. Lehmann: Geschichte der Niederlausitz, Berlin 1963; J. BrankaÄk/âF. MÄtĆĄk: Geschichte
der Sorben, Bd. 1, Bautzen 1977; Die Slawen in Deutschland. Ein Handbuch, Hg. J.
Herrmann, 2. Aufl., Berlin 1985; G. E. Schrage: Slaven und Deutsche in der
Niederlausitz, Berlin 1990; F. Biermann: Slawische Besiedlung zwischen Elbe,
NeiĂe und Lubsza, Bonn 2000.