Landschaft, die sich am westlichen Rand des ostmitteleuropĂ€ischen Raums in einer Nord-SĂŒd-
LĂ€nge von ca. 170 km und einer Breite von 120 km erstreckt. Ihre geografische
Einheit ergibt sich durch die parallel verlaufenden FlĂŒsse Spree und NeiĂe, die der Abdachung von den
Bergketten im SĂŒden zum Tiefland im Norden folgen. Geologisch ist das Lausitzer
Granitmassiv eines der gröĂten Sedimentgebiete dieser Art in Mitteleuropa,
einige Teile wurden im TertiÀr durch vulkanische AktivitÀten geprÀgt. Doch
bildet nicht die naturrĂ€umliche Gliederung die Grundlage fĂŒr den
landsmannschaftlichen Zusammenhalt, sondern die seit 1âŻ000 Jahren nachweisbare
Territorialgeschichte liefert die Hinweise auf eine innere Bindung dieser Region
(â Geschichtsschreibung). Der Name
Lausitz (obersorb. ĆuĆŸica, niedersorb. ĆuĆŸyca) geht zurĂŒck auf
das altsorbische Wort Ćug ,Sumpfland, sumpfige Niederungâ, er meint heute beide
Lausitzen. Die gewachsene Gemeinsamkeit zeigt sich in einer weithin
einheitlichen politischen Vergangenheit, im internen GefĂŒge und in der lange
Zeit gleichen staatlichen Zuordnung der MarkgraftĂŒmer Oberlausitz und Niederlausitz. Ein wesentlicher Aspekt ist,
dass sich hier das sorbische Volk zu einer eigenstĂ€ndigen historischen GröĂe
entwickelt und das Land kulturell geprÀgt hat.
Aus der Urgeschichte erwuchs in der Bronzezeit die Lausitzer Kultur, die als
Kunstwort der Forschung erst seit dem spÀten 19. Jh. auftritt. Sie wurde nach
bedeutenden Funden in der Niederlausitz benannt, dehnte sich aber bis weit in
die Nachbargebiete Böhmen, Schlesien und Polen aus. Im letzten halben
Jahrtausend v. Chr. ĂŒberlagerten die von Norden zugewanderten Elb- und
Odergermanen die Lausitzer Kultur, deren TrÀger wieder abwanderten. Auch die
Germanen gerieten in den Sog der Völkerwanderung und zogen im 4. Jh. aus den
Gebieten östlich der Saale Richtung Westen. Damit wurde die slawische Besiedlung aus dem Osten
ermöglicht. Seit dem 7. Jh. ist die Sesshaftigkeit slawischer StÀmme in der
Lausitz gewiss. Alle frĂŒheren Bewohner hatten sich nur eine begrenzte Zeit
aufgehalten. Ihre Anwesenheit lÀsst sich mithilfe von Bodenfunden nachweisen,
die kulturelle Hinterlassenschaft steht in keinem lebendigen Bezug zur
Gegenwart. Die sorbische Einwanderung hingegen bildete den Beginn einer nicht
mehr unterbrochenen Entwicklung.
Die frĂŒheste schriftliche Nachricht ĂŒber die politische Gliederung der Slawen in der Lausitz
stammt aus dem sog. Bayerischen Geographen. Demzufolge gab es bei den Milzenern in der spÀteren
Oberlausitz und den Lusizern in der
spÀteren Niederlausitz jeweils etwa 30 Burgen bzw. Burgbezirke (Civitates) als
Mittelpunkte einer entstehenden Ordnung. Im Anschluss an den Heereszug des
ostfrÀnkischen Königs Heinrichs I.
928/29 kam die Lausitz unter die Herrschaft des ostfrÀnkischen Reiches. Sie
wurde einer MilitÀrverwaltung unterworfen, die das Land in Burgwarde
gliederte.
Karte der Ober- und Niederlausitz, Kupferstich von J. HĂŒbner, um
1720
Mit der GrĂŒndung des Bistums MeiĂen
968 wurde das Land in die deutsche Reichskirche einbezogen. Pfarrkirchen wurden
errichtet, die als Missionsstationen fĂŒr die Christianisierung der sorbischen Bevölkerung sorgten. Die geografische
Gliederung der Kirche lĂ€sst sich zwar erst aufgrund der MeiĂener Bistumsmatrikel von
1495 feststellen, doch gilt die damalige Organisation auch fĂŒr die AnfĂ€nge des
Bistums. Demnach wurde bei der Schaffung der Kirchenorganisation um das Jahr
1000 das Gebiet der Lausitz als eine eigenstÀndige Ganzheit angesehen, die sich
nach Westen hin vom markmeiĂnischen Land unterschied, wĂ€hrend die FlĂŒsse Bober
und Queis als Grenze nach Osten galten. Bei der Ausbildung kirchlicher
Verwaltungssprengel im hohen Mittelalter wurden die Stammeszugehörigkeiten
durchaus beachtet.
Die kirchliche Gliederung der Lausitz in einen nördlichen und einen sĂŒdlichen
Teil â Lusatia inferior (Niederlausitz) und Lusatia superior (Oberlausitz) â
stand schon im spÀten Mittelalter fest, beide wurden spÀter zu Archidiakonaten.
Die Trennungslinie bildete der Lausitzer Grenzwall, der sich als flacher
HöhenrĂŒcken zwischen Senftenberg,
Spremberg und Muskau hinzieht. Historisch waren die
politischen Ordnungen in beiden Lausitzen zeitweilig unterschiedlich, doch in
ihren GrundzĂŒgen adĂ€quat. Als ein am östlichen Rand des Reiches gelegenes Land
galt die Niederlausitz als Marchia orientalis, als Ostmark, eine eigene
Landesherrschaft aber konnte sich in keinem der beiden Teile ausbilden. Sie
blieben in Verbindung mit benachbarten stÀrkeren Territorialgewalten, von wo aus
fĂŒrstliche Dynastien ihre ZustĂ€ndigkeit auf sie ausdehnten. AllmĂ€hlich entstand
die Gewohnheit, sie als MarkgraftĂŒmer zu bezeichnen, um sie mit einem
territorialen Ordnungsbegriff benennen zu können. Anstelle eines Landesherrn
ĂŒbten die StĂ€nde eine Art gemeinschaftlicher Herrschaft aus; das waren die
Inhaber der Grundherrschaft, d.âŻh. die Standesherren, der landsĂ€ssige Adel, die
Klöster und die landsÀssigen StÀdte, deren Vertreter sich auf den Landtagen
versammelten und die Landespolitik bestimmten (â StĂ€ndeherrschaft). In der
Gleichartigkeit des politischen GefĂŒges bestand die Gemeinsamkeit der beiden
Lausitzen im spĂ€ten Mittelalter und in der FrĂŒhen Neuzeit.
Eine weitere Klammer war die Zugehörigkeit zur böhmischen Krone. Nach wechselnder
Zuordnung zu MeiĂen, Polen, Brandenburg und Schlesien vereinte Kaiser Karl IV. als böhmischer König 1377
beide LĂ€nder, was bis zum Prager Frieden von 1635 so blieb. Beim Ăbergang an den
KurfĂŒrsten von Sachsen behielten sie ihre landstĂ€ndische Verfassung (â Traditionsrezess). So ragten
sie mit einer mittelalterlichen, feudalrechtlich begrĂŒndeten Ordnung ins frĂŒhe
19. Jh. hinein. Von den Neuerungen, die die NachbarlÀnder auf dem Weg zum
modernen Staat erfuhren, wurden sie nicht berĂŒhrt, was die NĂ€he beider LĂ€nder
weiter stÀrkte. Das Fehlen einer auf Zentralisierung gerichteten staatlichen
Gewalt wirkte sich zudem förderlich fĂŒr den Erhalt des sorbischen Ethnikums
aus.
Auf dem Wiener Kongress von 1815 erzwang die stets auf Ausdehnung bedachte preuĂische Politik
die Angliederung der gesamten Niederlausitz und der nordöstlichen HÀlfte der
Oberlausitz. Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands 1945 mussten die
lausitzischen Gebiete östlich der NeiĂe an Polen abgetreten werden (â Ăstliche Lausitz). Die
Verwaltungsreform in der DDR 1952 bewirkte, dass im Bezirk Cottbus die historische Niederlausitz und
der nördliche Streifen der Oberlausitz zusammengeschlossen wurden, die sĂŒdliche
Oberlausitz kam zum Bezirk Dresden.
WĂ€hrend der politischen
Wende von 1989 waren einige sorbische Politiker bestrebt, die gesamte
Lausitz in einem eigenen Bundesland zu vereinen. Es setzte sich jedoch die alte
Gliederung in Ober- und Niederlausitz mit der Zugehörigkeit zu Sachsen und
Brandenburg erneut durch.
Lit.: Handbuch der naturrĂ€umlichen Gliederung Deutschlands, Hg. E. Meynen/âJ.
SchmithĂŒsen, 9 Lieferungen, Bad Godesberg 1953 â1962; Geschichte der deutschen
LĂ€nder. Die Territorien bis zum Ende des alten Reiches (Territorien-Ploetz, Band
1), Hg. G. W. Sante, WĂŒrzburg 1964; H. Keller: Zwischen regionaler Begrenzung
und universalem Horizont. Deutschland im Imperium der Salier und Staufer 1024
bis 1250 (PropylÀen Geschichte Deutschlands, Band 2), Berlin 1986; J. Fried: Der
Weg in die Geschichte. Die UrsprĂŒnge Deutschlands bis 1024 (PropylĂ€en Geschichte
Deutschlands, Band 1), Berlin 1994; A. Frenzel: Lausitz grenzenlos. Augenblicke
der Geschichte, Bautzen 2008; A. Frenzel: Lausitz rundum. Zwischen Rand und
Mitte, Bautzen 2010.