Staatenkonflikt um die Hegemonie in Europa und zugleich Religionskrieg, der von
1618 bis 1648 überwiegend auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches deutscher
Nation ausgetragen wurde. Der Auslöser, der zum Ausbruch des Dreißigjährigen
Krieges führte, war 1618 der Aufstand der mehrheitlich protestantischen
böhmischen Stände, die sich gegen die Rekatholisierung und die Einfügung ihres
Territoriums in die habsburgische Monarchie wehrten. Der Adel in Böhmen konnte
sich zunächst der österreichischen Herrschaft entledigen, nach der Niederlage am
Weißen Berg bei Prag 1620 war das Land
jedoch der katholischen Macht ausgeliefert. Da die Stände beider Lausitzen
ebenfalls einen unsicheren Faktor für das habsburgische Herrscherhaus bildeten,
hatte Kaiser Ferdinand II. den
sächsischen Kurfürsten Johann Georg I.
gegen sie zum Bundesgenossen gewonnen. Die Besetzung von Ober- und Niederlausitz erfolgte 1620 durch kursächsische Truppen. Dies
führte später zu tief greifenden territorialen Veränderungen. Kursachsen erhielt
die Lausitzen – die bis dahin zu Böhmen gehörten – zunächst als Pfand. Als im
Mai 1635 der Prager Frieden unterzeichnet wurde, blieben sie als erbliches Lehen
dauerhaft beim Kurfürsten. Allerdings behielten sie aufgrund des ausgehandelten
Traditionsrezesses
einige Sonderrechte. Beide Gebiete durften nicht in die sächsischen Erblande
eingefügt werden, sondern wurden als Nebenländer durch die Landstände verwaltet.
Habsburg hatte sich den Schutz der katholischen Belange in den Lausitzen
vorbehalten und den Kurfürsten verpflichtet, deren Privilegien und Rechte zu
erhalten. Somit bewahrte sich die Oberlausitz einen größeren religiösen
Spielraum als das streng lutherische Kursachsen.
Hatten sich in der ersten Phase, im Böhmisch-pfälzischen Krieg (1618–1623), die
Kämpfe im sorbischen Siedlungsgebiet auf die Oberlausitz beschränkt, so wurden nach
Ausweitung des Konflikts v. a. die nördlichen Regionen Kriegsschauplatz oder
Durchzugsgebiet der Heere. Ab 1626 durchquerten kaiserliche Verbände unter
Albrecht von Wallenstein und deren
Verbündete auf ihren Zügen zwischen Schlesien und der Elbe die Niederlausitz.
Mit dem schwedischen Kriegseintritt 1630 kam es zu erneuten Truppenbewegungen
und zu extremen Belastungen für die Zivilbevölkerung, besonders in den Jahren
1631, 1633/34 und 1637–1642. Söldner der schwedischen Krone, Kursachsens und
Kurbrandenburgs sowie kaiserliche Verbände durchzogen mehrfach Ober- und
Niederlausitz. Zu Brandschatzungen und Plünderungen kam nicht selten die Pest,
zwischen 1625 und 1643 grassierten im sorbischen Siedlungsgebiet fünf
verheerende Pestwellen. Dörfer lagen wüst oder hatten nur noch wenige Einwohner,
sie konnten z. T. erst nach Jahrzehnten wieder besiedelt werden. Die Anzahl der
Sorben war um 1650 auf etwa die Hälfte gesunken. Dabei gestalteten sich die
Verlustquoten in den einzelnen Territorien unterschiedlich. So wurden in den
Oberlausitzer Standesherrschaften Königsbrück, Hoyerswerda und Muskau nur Einbußen zwischen 15 und 30 % registriert. Für den
Kurmärkisch-wendischen Distrikt ist ein Rückgang um 51 %, für den
Wendischen Kreis der Niederlausitzer Herrschaft Sorau/heute: Żary
(Polen) um 72 % und für das kursächsische Amt Liebenwerda sogar um 75 %
errechnet worden. Im Wesentlichen vollzog sich die Wiederbesiedlung durch
inneren Bevölkerungsaustausch. In einigen Randgebieten, etwa den Ämtern
Zossen und Dahme, dem ehemaligen Hinteren Wendischen
Zirkel des Kurkreises, den meißnischen Ämtern Großenhain und Mühlberg oder der Standesherrschaft Sorau erfolgte der
Ausgleich vorrangig durch Zuzug von außen und trug damit zum Erlöschen der
sorbischen Sprache bei.
Der Dreißigjährige Krieg unterbrach die kulturelle Entwicklung der Sorben,
namentlich die Herausgabe religiöser Schriften (→ Literatur). Aus
der Kriegszeit selbst ist mit der Sammlung von sieben Bußpsalmen des Purschwitzer Pfarrers Hrjehor Martini (1627) nur eine sorbische
Drucklegung bekannt. Durch die Kriegsfolgen blieben viele sorbische lutherische
Pfarrstellen auf Jahre unbesetzt. Die Geistlichkeit konnte sich nur langsam aus
den eigenen Reihen restituieren. Deshalb wurden v. a. in den Randgebieten
deutsche Pfarrer berufen. Die Einstellung der sorbischen Predigt wiederum
beschleunigte den Sprachwechselprozess (→ Assimilation). Nach der
Reformation geplante höhere Bildungseinrichtungen, so eine Landesschule für die
gesamte Oberlausitz oder sorbische Züge am kurbrandenburgischen
Joachimsthal’schen Gymnasium, wurden infolge des Dreißigjährigen Krieges nicht
verwirklicht. Die Stipendienstellen für junge Sorben an den drei sächsischen
Fürstenschulen blieben größtenteils ungenutzt. Auch die Exercitationes linguae
Vandalicae (sorbische Sprachübungen) an der brandenburgischen Landesuniversität
in Frankfurt (Oder) wurden
eingestellt und konnten erst 1656 wieder aufgenommen werden.
Lit.: R. Lehmann: Geschichte der Niederlausitz, Berlin 1963; J. Brankačk/F.
Mětšk: Geschichte der Sorben, Bd. 1, Bautzen 1977; F. Mětšk: Studien zur
Geschichte sorbisch-deutscher Kulturbeziehungen, Bautzen 1981; H. Schilling:
Aufbruch und Krise. Deutschland 1517–1648, München 1998; Geschichte der
Oberlausitz, Hg. J. Bahlcke, Leipzig 2004.