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Wendisches homiletisches Seminar
von Trudla Malinkowa

Kirchlicher obersorbischer Sprachkurs für Studenten und Kandidaten der evangelischen Theologie, auch Wendisches Predigerseminar genannt.

Da die seit 1716 bestehende Lausitzer Predigergesellschaft und der 1870 gegründete Lehrstuhl für Slawistik an der Universität Leipzig die Ausbildung von Theologen in obersorbischer Sprache nicht ausreichend gewährleisten konnten, gründete das sächsische Kultusministerium auf Initiative des Vorsitzenden der Hauptkonferenz wendischer Geistlicher Jaroměr Hendrich Imiš am 16.1.1877 das Wendische homiletische Seminar. Es wurde jährlich als vierwöchiger Kurs in den Sommerferien veranstaltet, erstmals vom 27.8. bis 23.9.1877 mit sieben Teilnehmern unter Leitung von Imiš im Pfarrhaus in Göda. In den Folgejahren nahmen in der Regel drei bis acht Studenten bzw. Kandidaten der Theologie teil.

Aufgabe des Wendischen homiletischen Seminars war die sprachliche Qualifizierung der Teilnehmer und ihre Vorbereitung auf den Dienst in sorbischen evangelischen Kirchgemeinden der sächsischen Oberlausitz. Den Unterricht erteilte der Seminarleiter, in den ersten Jahren unterstützt durch Gymnasialprofessor Křesćan Bohuwěr Pful. Zur Ausbildung gehörten neben sprachlichen auch praktische Übungen, wie Katechese, Liturgie, Predigt und Gottesdienstfeier. In den Anfangsjahren übersetzten die Kursanten zudem religiöse Literatur aus dem Deutschen ins Sorbische, die dann der Wendische lutherische Bücherverein (→ Buchgemeinschaften) herausgab.

Das Wendische homiletische Seminar war eine sächsische Einrichtung, getragen und finanziert im ersten Jahrzehnt vom Kultusministerium, ab 1887 vom Konsistorium der sächsischen Landeskirche. Auf Bemühen von Imiš konnten im Seminar auch Studenten aus der preußischen Oberlausitz ausgebildet werden (Matej Handrik, Jurij Malink). Da es in der Niederlausitz kein Seminar zur Sprachausbildung sorbischer Geistlicher gab, nahmen vereinzelt auch niedersorbische Studenten teil (Wylem Nowy, Bogumił Šwjela). Einige Theologen wechselten später ihr Studienfach und wurden bekannte Pädagogen (Ota Wićaz, Kurt Pětř). Für den Dienst in sorbischen Gemeinden wurden im Wendischen homiletischen Seminar auch deutsche (Johannes Walther-Wałtar, Julius Riotte, Gottfried Rösler) und in den Anfangsjahren außerhalb der regulären Seminarzeit einige slowakische Theologiestudenten ausgebildet (Ján Emanuel Dobrucký, Daniel Lauček).

Teilnehmer des Wendischen homiletischen Seminars, 1932; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Das Wendische homiletische Seminar bestand bis 1936. Es wurde jeweils vom Vorsitzenden der Hauptkonferenz wendischer Geistlicher, ab 1926 vom Wendischen Oberpfarrer geleitet und in dessen Pfarrhaus durchgeführt. Seminarleiter waren: 1877–1897 Jaroměr Hendrich Imiš in Göda, 1898–1921 Oswald Mrózak in Gröditz (1903 Errichtung eines eigenen Seminargebäudes auf dem Pfarrhof, 1914–1919 kriegsbedingte Unterbrechung), 1922–1928 Moric Domaška in Großpostwitz, 1929–1936 Gustaw Zarjenk in Quatitz. Dort fand der letzte Kurs im September/​Oktober 1936 mit drei Teilnehmern statt. Danach verhinderten die antisorbischen Maßnahmen der Behörden in der NS-Zeit eine Fortführung.

Nach 22-jähriger Unterbrechung lebte das Seminar auf Initiative und unter Leitung des sorbischen Superintendenten Gerhard Wirth für kurze Zeit wieder auf. 1958, 1959 und 1960 fanden im Pfarrhaus in Neschwitz Kurse mit drei bis sieben Teilnehmern statt. Diese kamen aus der sächsischen und schlesischen Landeskirche, einige waren noch Studenten, andere wirkten bereits als Pfarrer in zweisprachigen Gemeinden.

Ein Wendisches homiletisches Seminar für die preußische Oberlausitz wurde 1914 in Hoyerswerda gegründet. Initiator und Leiter war Ján Emanuel Dobrucký, der selbst im Wendischen homiletischen Seminar in Göda ausgebildet worden war. Das schlesische Konsistorium in Breslau übernahm die Finanzierung. Der erste Kurs fand im Frühjahr 1914 mit vier Teilnehmern statt. Danach wurde eine Weiterführung durch den Ersten Weltkrieg verhindert. 1919 trat Dobrucký in den Ruhestand, das Seminar wurde nicht mehr wiederbelebt.

Lit.: J. Křižan: Stawizny serbskeho homiletiskeho seminara Lipsčanskeje university w Hodźiju, in: Časopis Maćicy Serbskeje 61 (1908); T. Malinkowa: Serbski homiletiski seminar. Zarys stawiznow kubłanišća serbskich ewangelskich teologow, in: Rozhlad 57 (2007) 8/9.

Metadaten

Titel
Wendisches homiletisches Seminar
Titel
Wendisches homiletisches Seminar
Autor:in
Malinkowa, Trudla
Autor:in
Malinkowa, Trudla
Schlagwörter
Sprachausbildung; evangelischer Theologiestudent
Schlagwörter
Sprachausbildung; evangelischer Theologiestudent
Abstract

Kirchlicher obersorbischer Sprachkurs für Studenten und Kandidaten der evangelischen Theologie, auch Wendisches Predigerseminar genannt.

Abstract

Kirchlicher obersorbischer Sprachkurs für Studenten und Kandidaten der evangelischen Theologie, auch Wendisches Predigerseminar genannt.

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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