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Vereinigungen bildender Künstler
von Maria Mirtschin

Zusammenschlüsse sorbischer Maler, Grafiker, Buchgestalter, Bildhauer und Kunsthandwerker in wechselnden Strukturen und mit unterschiedlichem Status zur Förderung der bildenden Kunst sowie zur wirtschaftlichen Absicherung der künstlerischen Existenz. Die Bedingungen dafür waren in der sorbischen bildenden Kunst erst ab den 20er Jahren des 20. Jh. gegeben.

Eine Voraussetzung bildete die Entstehung einer professionell tätigen Künstlerschaft, die sich durch Bekenntnis und Wirken dem Sorbentum verpflichtet fühlte.

Plakat zur VI. Jahresausstellung des Kreises sorbischer Künstler, 1953, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Eine erste Vereinigung bildender Künstler wurde im Oktober 1923 durch den Bautzener Kaufmann Maks Štrympa und den damaligen Kunststudenten Měrćin Nowak-Njechorński in Crostwitz gegründet: »Zjednoćenstwo serbskich wuměłcow« (auch »Serbske wuměłske towarstwo«, »Serbske wuměłske zjednoćenstwo«, deutsch auch Wendischer Kunstverein). An der Arbeit der Gruppe, die nie den Rang eines eingetragenen Vereins erlangte, beteiligten sich die akademisch ausgebildeten bzw. noch studierenden Künstler Jurij Hajna, Fryco Latk und Hanka Krawcec. In der Anfangszeit wurden auch Laienkünstler einbezogen. Der Satzungsentwurf von 1923 nennt als Zweck des Vereins »Erhaltung und Förderung wendischer Kunst und Kunstgewerbes« sowie die wirtschaftliche Unterstützung der Künstler. 1927 entwarf Nowak-Njechorński einen programmatischen Text mit der Forderung nach einem sorbischen Nationalstil, der sich an der Volkskunst, den Traditionen anderer slawischer Kulturen und der Stilkunst um 1900 orientieren sollte. Sorbische bildende Kunst hatte demnach Dienst am Volk zu sein. Dieser idealtypische Entwurf spiegelte zwar die Grundsätze im Schaffen des Grafikers und Schriftstellers wider, war aber für die Vereinigung als Ganzes aufgrund der losen Organisationsstruktur sowie der unterschiedlichen Bedingungen der einzelnen Künstler kaum von Belang.

Der Verein organisierte vorwiegend Ausstellungen. Der Gründungsschau von 1923 folgten weitere in Wittichenau und Bautzen. Das geringe Interesse der Maćica Serbska mit ihrer Kunstsektion veranlasste die Künstler, unterstützt von den jeweiligen ausländischen Freundesgesellschaften, ihre Arbeiten in der Tschechoslowakei (Mladá Boleslav, Hodonín, Olomouc, Semilý, Turnov, Jablkynice), in Jugoslawien (Ljubljana, Zagreb) und Frankreich (Paris) auszustellen. Diese Aktivitäten, die bis 1938 andauerten, wurden von der Bautzener Wendenabteilung mit Misstrauen registriert, zumal sie eine wichtige Form sorbisch-slawischer Wechselseitigkeit darstellten.

Treffen des Kreises sorbischer Künstler, 1963; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Die Gründung des »Koło serbskich tworjacych wuměłcow« (Arbeitskreis sorbischer bildender Künstler) nach dem Zweiten Weltkrieg war Teil der Institutionalisierung und der beginnenden staatlichen Förderung sorbischer Kultureinrichtungen. Der Ausschuss für bildende Kunst des seit Mai 1948 bestehenden Sorbischen Kultur- und Volksbildungsamtes formulierte schon im Juli Modalitäten zur Gründung eines sorbischen Kunstvereins. Im September und Oktober 1948 fand eine erste Ausstellung bildender Künstler im Bautzener Stadtmuseum statt. Ihr war ein »Aufruf an alle bildenden Künstler des sorbischen Volkes« vorausgegangen. Mit der Eröffnung konstituierte sich ein Kreis, als dessen Vorsitzender Conrad Felixmüller – der väterlicherseits sorbischer Herkunft war – gewonnen werden konnte. Die Gruppe sollte die Möglichkeiten pflegen und fördern, die sich aus der Zugehörigkeit der Künstler zum sorbischen Volk ergaben. Die organisatorischen und finanziellen Fragen wurden durch die Abteilung Kultur und Kunst im Volksbildungsamt großzügig geregelt, ab 1961 dann durch Nachfolgeeinrichtungen, zu denen die Abteilung Sorbenfragen beim Ministerium für Kultur der DDR gehörte. Neben der Finanzierung von Ausstellungen, Arbeitstagungen und Studienaufenthalten betraf dies den Ankauf von Werken, das Auftragswesen, das sich auf die Bereiche Malerei, Buchillustration und Bildhauerei erstreckte, sowie die Zahlung von Personalpensionen für verdiente ältere Künstler.

1949 übernahm Nowak-Njechorński die Leitung des Kreises, die er bis 1978 innehatte. Er verpflichtete die Künstler im Sinne seines Programms von 1927 bis in die 1950er Jahre auf eine Kulturpolitik, die der sorbischen bildenden Kunst eine eigenständige Entwicklung sichern sollte. Mit der Aufnahme des Kreises in den Verband Bildender Künstler Deutschlands (VBKD, ab 1970 VBK-DDR) im Jahr 1952 erfolgte eine Neuorientierung nach den offiziellen kulturpolitischen Richtlinien. Im Zuge der sog. Formalismusdebatte kam es zu Ausschlüssen (Fryco Latk) und Austritten (Conrad Felixmüller, Karlo Nowak).

Innerhalb des VBK-DDR, der in Bezirksverbände gegliedert war, konnte sich der Arbeitskreis sorbischer bildender Künstler mit seinem »Bezirksstatus« eine gewisse Selbstständigkeit bewahren. Kunstprozesse und Resultate künstlerischer Arbeit waren nur bedingt von Organisationsstrukturen und kulturpolitischen Doktrinen abhängig. Von 1978 bis 1990 stand die Grafikerin und Keramikerin Wórša Lanzyna dem Kreis vor. Ab den 1980er Jahren gehörten ihm auch sorbische Kunsthistoriker an. 1990 ging der Arbeitskreis im neu gegründeten Sorbischen Künstlerbund auf, der seitdem alle Kunstgattungen vereint.

Lit.: C. Boguszowa/​M. Měrćinowa/​A. Krawc-Dźěwinski: Serbske tworjace wuměłstwo/​Sorbische bildende Kunst 1923–1998, Bautzen 1998.

Metadaten

Titel
Vereinigungen bildender Künstler
Titel
Vereinigungen bildender Künstler
Autor:in
Mirtschin, Maria
Autor:in
Mirtschin, Maria
Schlagwörter
Bildende Kunst; Künstler; Künstlerin; Malerei; Grafik; Keramik; Bildhauerei; Gemälde; Illustration; Arbeitskreis
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Bildende Kunst; Künstler; Künstlerin; Malerei; Grafik; Keramik; Bildhauerei; Gemälde; Illustration; Arbeitskreis
Abstract

Zusammenschlüsse sorbischer Maler, Grafiker, Buchgestalter, Bildhauer und Kunsthandwerker in wechselnden Strukturen und mit unterschiedlichem Status zur Förderung der bildenden Kunst sowie zur wirtschaftlichen Absicherung der künstlerischen Existenz. Die Bedingungen dafür waren in der sorbischen bildenden Kunst erst ab den 20er Jahren des 20. Jh. gegeben.

Abstract

Zusammenschlüsse sorbischer Maler, Grafiker, Buchgestalter, Bildhauer und Kunsthandwerker in wechselnden Strukturen und mit unterschiedlichem Status zur Förderung der bildenden Kunst sowie zur wirtschaftlichen Absicherung der künstlerischen Existenz. Die Bedingungen dafür waren in der sorbischen bildenden Kunst erst ab den 20er Jahren des 20. Jh. gegeben.

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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