Massenmedium für Tonprogramme; Hörfunk. Seit 1945 werden in Sorbisch regelmäßig
Rundfunksendungen ausgestrahlt, heute vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) in Obersorbisch und vom Rundfunk
Berlin-Brandenburg (RBB) in Niedersorbisch.
Die erste Radiosendung in Sorbisch strahlte am 8.6.1945
der Tschechoslowakische Rundfunk in Prag aus.
Angeregt vom Sorbischen Nationalrat und personell sowie organisatorisch
unterstützt von der Gesellschaft der Freunde der Lausitz (→ Freundesgesellschaften), wurde bis Februar
1948 wöchentlich ein 30-minütiges, vorwiegend aus Kommentaren, Lyrik- und
Prosalesungen sowie aktuellen Informationen bestehendes Programm gestaltet.
Erster verantwortlicher Redakteur war der aus dem Exil zurückgekehrte, seit den
1920er Jahren für die Tschechoslowakische Nachrichtenagentur ČTK tätige
sorbische Journalist Jurij Wićaz.
Ungeachtet politischer Differenzen mit dem Nationalrat förderte die Führung der
Domowina die Sendetätigkeit, besonders
durch Informationen aus der Lausitz. Nach den Februarereignissen 1948 in der ČSR
wurden die sorbischen Sendungen aus Prag eingestellt. Der Versuch der
Gesellschaft der Freunde der Lausitz, ab September 1948 ein 15-minütiges
Programm aus Liberec zu senden,
scheiterte.
Nach Erlass des Gesetzes zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung (→ Sorbengesetze) bemühte sich die Domowina-Führung um
regelmäßigen sorbischen Rundfunk in Sachsen. Eine erste 15-minütige Sendung
wurde am 14.12.1948 vom Landessender Dresden des Mitteldeutschen Rundfunks
ausgestrahlt. Inhaltlich verantwortet und gestaltet von Mitarbeitern des Sorbischen Kultur-
und Volksbildungsamts, war dies der Beginn 14-täglicher, 15- bzw.
20-minütiger Sendungen in obersorbischer Sprache (bis September 1952).
Unabhängig davon wurden ab 1.7.1950 aus dem Studio Cottbus des Landessenders Potsdam mehr oder weniger regelmäßig
niedersorbische Sendungen realisiert – anfangs Übersetzungen deutscher Texte,
später auch von Sorben selbst aufgezeichnete
Reportagen. Mit der Zentralisierung des DDR-Rundfunks als Folge der
Verwaltungsreform von 1952 wurden diese sorbischen Radiosendungen beendet. In
Berlin wurde eine sorbische
Redaktion mit einem Redakteur eingerichtet, der mithilfe in der Lausitz
aufgenommener und in Dresden
technisch vorbereiteter Wortbänder wöchentlich eine 20-minütige obersorbische
Sendung zusammenstellte. Als Reaktion auf diesen unbefriedigenden, teilweise von
technischen Problemen begleiteten Zustand wurde – nach erneuten intensiven
Bemühungen der Domowina – am 22.3.1953 das Sorbische Studio beim Staatlichen
Rundfunkkomitee der DDR gebildet. Sein Sitz war Görlitz, erster Studioleiter der zuvor beim Deutschlandsender
tätige einzige sorbische Rundfunkjournalist Klaus
Hemmo. Die anfängliche wöchentliche Sendezeit betrug 70 Minuten,
verteilt auf drei Wochentage und den Sonntag. Zusätzlich zu den Sendungen in
Obersorbisch wurde vom Sorbischen Studio ab dem 1.4.1956 auch in Niedersorbisch
gesendet (jeweils sonntags 20 Minuten). Zum 1.1.1957 wurde das bis dahin
organisatorisch weitgehend eigenständige sorbische Rundfunkstudio aufgelöst und
nach Cottbus umgesiedelt (Radio DDR, Sender Cottbus, Sorbische Redaktion).
Sendezeiten und Frequenzen wurden in den Folgejahren, abhängig von den
Rundfunkstrukturen der DDR und den jeweiligen technischen Voraussetzungen,
mehrfach modifiziert. Der Rundfunk erwarb sich beträchtliche Verdienste um die
Festigung des nationalen Bewusstseins bei den Sorben. Es wurden über 100
Hörspiele und Dokumentationen v. a. zu historischen Themen produziert, etwa 20
Rundfunkkonzerte mit sorbischer Musik
veranstaltet und ca. 4 000 Musikwerke – meist Neukompositionen – eingespielt und
archiviert.
Seit dem 1.10.1989 wird das obersorbische Hörfunkprogramm werktags als Frühprogramm aus dem
Studio im Haus der Sorben in Bautzen gesendet, das niedersorbische
Programm weiterhin mittags aus Cottbus. Mit der nach der Wiedervereinigung
erfolgten Neuordnung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (1.1.1992)
haben für das obersorbische Hörfunkprogramm der MDR und für das niedersorbische
Programm der ORB (seit 2003 als RBB) die Gesamtverantwortung übernommen. In der
inhaltlichen und redaktionellen Gestaltung sind beide Redaktionen weitgehend
unabhängig. Der MDR sendet das obersorbische Programm aus dem Regionalstudio
Bautzen des Landesfunkhauses Sachsen, der RBB das niedersorbische aus dem Studio
Cottbus. Außer dem Frühprogramm (Montag–Freitag 5.00–8.00 Uhr, Samstag 6.00–9.00
Uhr) sendet der MDR sonntags ein Mittagsmagazin (11.00–12.30 Uhr) und montags
ein Jugendprogramm (Radio Satkula, 20.00–22.00 Uhr). Der RBB bietet wochentags
ein 60-minütiges (Montag–Freitag 12.00–13.00 Uhr) sowie sonntags ein
90-minütiges (12.30–14.00 Uhr) Mittagsmagazin. Die Jugendsendung BUBAK wird
jeden ersten und dritten Donnerstag ausgestrahlt (19.00–20.00). Sowohl die MDR-
als auch die RBB-Sendungen sind zeitgleich im ober- und niedersorbischen Siedlungsgebiet auf UKW zu empfangen
(mit Ausnahme der Wiederholung der niedersorbischen Sendung zwischen 19 und 20
Uhr, die nur über die Frequenz 93,4 hörbar ist). Eine zunehmend große Rolle für
die sorbischen Hörfunkprogramme spielen die digitalen Medien; sie sind über die
Internetseiten des MDR (mdr.de/serbja) bzw. RBB
(www.rbb-online.de/radio/sorbisches_programm/sorbisches_programm.html) präsent;
die obersorbischen Sendungen können unmittelbar per Livestream gehört werden.
Informationen des obersorbischen Rundfunks sind über Facebook und eine App, des
obersorbischen Jugendprograms über Facebook und Instagram abrufbar. Alle
niedersorbischen Sendungen stehen sieben Tage nach ihrer Ausstrahlung zum
Nachhören im Internet zur Verfügung; einzelne Beiträge stehen in der Mediathek
auch über einen längeren Zeitraum zur Verfügung. Die Kindersendungen können
darüber hinaus heruntergeladen werden, um ihre Nutzung in Kindergärten, Schulen
oder im privaten Bereich zu ermöglichen.
Die Akzeptanz des sorbischen Rundfunks ist in der Öffentlichkeit hoch. So
erreicht das obersorbische Frühprogramm auf MDR 1 seit den 1990er Jahren
tägliche Quoten zwischen 65 und 75 % der potenziellen Hörer (Sorben bzw.
Sorbisch Verstehende). Neben der zunehmenden aktuellen Berichterstattung
festigen die sorbischen Programme das sorbische kulturelle Selbstverständnis,
besonders durch Produktion und Distribution von Rock-, Pop- u. a. jugendgemäßer
Musik, aber auch von klassischer, Kirchen- und Volksmusik. Die Zahl der auf
zeittypischen Tonträgern archivierten und überwiegend vom Rundfunk produzierten
Musiktitel beträgt ca. 6 000.
Lit.: Gerdesowa, Monika: 50 lět Serbski rozhłós - hłosy ze Serbow do Serbow, In: Rozhlad
(53,2003 3), s.81–82;
https://www.rbb-online.de/radio/sorbisches_programm/startseite/zur_geschichte_des.htm/pagenumber=0.html/mdr.de/serbja