Sorbisches Verlags- und Druckereiunternehmen vor 1945 in Bautzen. Im Revolutionsjahr 1848 übernahm der sorbische
Publizist Jan Arnošt Smoler die
Redaktion der Wochenzeitung „Tydźenska Nowina“ (→ Zeitungen). Gedruckt wurde sie vom
Bautzener Buchdrucker Carl Gottlieb
Hiecke (→ Buchdruck), als Verleger fungierte die Weller’sche Verlagsbuchandlung (→ Verlagswesen). Im April 1850 übernahm Smoler
die Herausgabe selbst und betätigte sich fortan als Verleger und Buchhändler;
1851 gründete er am Bautzener Reichenturm eine Verlagsbuchhandlung. Smoler
verlegte von da an die meisten obersorbischen Zeitschriften sowie die Schriften
der Maćica
Serbska, daneben 1852–1856 und 1862–1868 auch die unter wechselnden
Titeln erscheinenden „Slawischen Jahrbücher“. Als um 1857 der Hieckeschen
Druckerei das Aus drohte, versuchte Smoler als stiller Teilhaber, Mitbesitzer
und Käufer von Druckereianteilen dem sorbischen Buch- und Zeitungsdruck eine
materielle Grundlage und größere Selbstständigkeit zu sichern. 1864 verband er
sich mit dem aus Auritz bei Bautzen
stammenden Leipziger Buchhändler Jan Bohuwěr
Pjech zum Verlag Schmaler & Pech, der neben sorbischen
Druckerzeugnissen auch Literatur in anderen slawischen Sprachen anbot. Das
Projekt, „aus Bautzen in buchhändlerischer Beziehung ein slavisches Leipzig zu
machen“ (Josef Kolář), wurde, obwohl
es sich zunächst gut entwickelte, 1870 mangels Erfolgs aufgegeben. 1875 erwarb
Smoler ein geeignetes Gebäude am Lauengraben in Bautzen und errichtete eine
eigene Druckerei, gut ausgestattet mit slawischen Lettern. Er wurde damit
unabhängig von ansässigen Druckern, die sorbische Drucke oftmals verschleppten,
und garantierte das pünktliche Erscheinen der sorbischen Presse. In den
folgenden Jahren erledigte er den überwiegenden sorbischen Druckbedarf.
In den 1850er und 1860er Jahren gab Jan Arnošt Smoler die
„Slawischen Jahrbücher“ heraus; Repro: Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen
Institut
Jan Arnošt Smoler; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen
Institut
Kurz vor Smolers Tod übernahm 1883 sein Sohn Marko
Smoler die Firma. Druckerei und Verlagsbuchhandlung zogen 1898
ins am gleichen Ort erbaute Wendische Haus und erhielten im Nebengebäude größere Räume. Wie
sein Vater verlegte Marko Smoler die meisten sorbischen Presse- und
Druckerzeugnisse, um 1897 gab er die ersten sorbischen Kinderbücher (→ Kinder- und
Jugendliteratur) und ab 1904 eine kleine Reihe mit Theaterstücken
heraus. Seine Unabhängigkeit nutzte er in Wahlkampfzeiten, um den Sorben genehme
Kandidaten zu unterstützen. Nach 1900 nahm die religiöse Literatur quantitativ
ab und die in mehreren Buchreihen erscheinende Belletristik zu, die nach 1919
fast die Hälfte der Buchproduktion ausmachte (→ Literatur). Gering blieb die
Produktion der Kinder- und Lehrbücher; zu den populärsten Titeln wurden
Buchkalender (→ Kalender).
1920 verkaufte Smoler jun. sein wirtschaftlich in Bedrängnis geratenes Unternehmen an die
Genossenschaft Sorbische Lausitz m. b. H., diese wiederum im selben Jahr an die
neugegründete Schmaler’sche Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung e. G. m. b. H.
Sie konnte nun die Herausgabe der „Serbske Nowiny“ als Tageszeitung
verwirklichen, führte etwa ein Dutzend Buchreihen fort (z. B. die von Arnošt Muka begründete obersorbische Serie
von Volksbüchern „Serbska ludowa knihownja“ oder die niedersorbische „Serbska
knigłownja“) und erweiterte das belletristische Profil des Verlags. Marko Smoler
stand dem Unternehmen mit seinen ca. 30 Mitarbeitern als Geschäftsführer
vor.
Verlagshaus und Druckerei am Lauengraben in Bautzen, um 1893;
Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurden im April 1933 leitende
Angestellte und wichtige Mitarbeiter auf Anordnung der Kreishauptmannschaft
entfernt und die Herausgabe der Tageszeitung für acht Tage unterbunden (→ NS-Zeit). Diesen behördlichen
Eingriff überstand das durch die Wirtschaftskrise geschwächte Unternehmen nicht
und meldete im März 1934 Konkurs an. Mit der Konkursmasse unternahm Smolers
Schwiegersohn, der Jurist Jan Cyž,
noch einen Versuch, den sorbischen Zeitungs- und Buchdruck unter dem Namen
„Johann Ziesche, Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung“ fortzuführen, was ihm
auch gelang. Mit seiner Verhaftung im August 1937 aber wurde der Betrieb
eingestellt, die Firma liquidiert, das Inventar eingezogen und der Lagerbestand
im April 1941 makuliert.
Tradition und Namen der Schmaler’schen Buchhandlung führt seit 1991 die
Smoler’sche Verlagsbuchandlung beim Domowina-Verlag weiter.
Lit.: J. Ziesche: Das sorbische Druckereiwesen, in: Bautzener Kulturschau (1964)
1, 2; P. Kunze: Jan Arnošt Smoler. Ein Leben für sein Volk, Bautzen 1995; S.
Musiat: Sorbische/Wendische Vereine 1716–1937, Bautzen 2001.