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Verlagswesen
von Franz Schön

Unternehmen, die das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung von Druckwerken erworben haben. In den Anfängen des sorbischen Buchdrucks fungierten Drucker als Verleger bzw. trugen Geistliche als Übersetzer die Kosten für den Druck und sorgten für den Vertrieb. Dass Sorben im deutschen Buchbetrieb als Verleger, wie Pětr Elias Šěrach in Rudolstadt, Nathanael Gottfried Leske in Leipzig als Partner von Christoph Friedrich Nicolai im 18. Jh. oder Hubert Žur im Greifenverlag Rudolstadt im 20. Jh. eine Rolle spielten, war eher selten.

Astrologischer Kalender (Horoskop) aus dem Jahr 1780; Repro: Sorbische Zentralbibliothek am Sorbischen Institut

Nach 1720 betätigten sich in der Oberlausitz, nach 1800 in der Niederlausitz neben Druckern zunehmend Buchhändler und Buchbinder als Verleger von sorbischen religiösen Büchern. Die wenigen profanen Texte verlegten Sorben selbst, z. B. Rudolf Mjeń 1806 die Probeübersetzungen seines Vaters Jurij Mjeń aus Friedrich Gottlieb Klopstocks „Messias“ oder Jan Bohuchwał Dejka, ab 1808 Herausgeber der ersten sorbischen Zeitung.

Zu Beginn der nationalen Wiedergeburt nahmen sich zwei Bautzener Buchhändler, Gustav Albert Schlüssel, Inhaber der Weller’schen Buchhandlung, und Friedrich August Reichel, der Herausgabe sorbischer Zeitungen an. Letzterer druckte auch bis dahin nur mündlich verbreitete populäre Lieder in Flugblattform und verantwortete 1848 das radikaldemokratische Blatt „Serbski Nowinkar“.

1846 gründete Jan Pětr Jordan in Leipzig eine „Slawische Buchhandlung“, um slawische bzw. slawistische Literatur herauszugeben. Diese Idee führte Jan Arnošt Smoler, ab 1851 als Buchhändler und Verleger in Bautzen tätig, fort. 1863 schloss er sich mit Jan Bohuwěr Pjech zu einem sorbisch-slawischen Verlag „Schmaler & Pech“ zusammen. Doch der Vertrieb russischer, serbischer und polnischer Literatur von Bautzen aus war wenig erfolgreich, sodass Pjech ab 1870 das Unternehmen in Leipzig allein weiterzuführen versuchte. Smoler gründete daraufhin 1873 seine eigene Firma, Schmalers Verlag und Druckerei.

Jan Bohuwěr Pjech; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut Bautzen

Mit Entstehung der Maćica Serbska 1847 trat diese ebenfalls als Verlegerin meist profaner Bildungs- und Unterhaltungsliteratur auf und gab neben ihrer gelehrten Zeitschrift eine volksbildnerische Reihe heraus („Towarstwowe spisy“, Vereinsschriften, 1848–1913, 122 Nummern). Auch die niedersorbische Abteilung Maśica Serbska folgte ihr mit der Herausgabe von vergleichbaren Reihen („Towaŕstwowe knigły“, Vereinsbücher, 1881–1905, ca. 34 Nummern und „Serbska knigłowńa“, Sorbische Bücherei, 1921–1928, 11 Nummern). Bis 1914 übernahmen die Verbreitung sorbischer Bücher in der Niederlausitz am erfolgreichsten Kolporteure aus dem Volk, wobei der Absatz außerhalb des Cottbuser Kreises wegen des Analphabetismus im Sorbischen gering war.

Die gefragtesten Drucke wie Gesangbuch, Bibel und Katechismus hatten Buchdrucker und -händler vorrätig, ältere und neuere christliche Erbauungsliteratur war Mitte des 19. Jh. dagegen schwer oder nur zu einem hohen Preis zu bekommen. Aus diesem Grund entstand 1862 der evangelische Buchverein „Serbske lutherske knihowne towarstwo“, der erfolgreich das Modell von Buchgemeinschaften nutzte und in relativ hohen Auflagen evangelisches Schrifttum („Towarstwowe pisma“, Vereinsschriften, 135 Nummern) vertrieb. Ein ähnliches Ziel verfolgte der kurz danach entstandene katholische St. Cyrill-Methodius-Verein, der mit weniger Kapital zunächst nicht so erfolgreich war, in der Zeit des Kulturkampfes dafür aber sein Profil auf wirtschaftliche und politische Themen ausdehnte.

Anspruchsvolle Werke wie Wörterbücher, Grammatiken oder umfangreichere belletristische Arbeiten blieben meist unveröffentlicht. Die Gesamtausgabe der Dichtung von Handrij Zejler verdankt ihr Erscheinen (1883–1991) der verlegerischen Initiative sorbischer Studenten. Mit ihrem Privatvermögen ermöglichten v. a. Michał Hórnik und Arnošt Muka die Herausgabe vieler sorbischer Bücher, Letzterer gab selbst zwei Buchreihen heraus („Serbska dźiwadłowa zběrka“, Sorbische Theatersammlung, 1880–1910, 20 Nummern, und „Serbska ludowa knihownja“, Sorbische Volksbücherei, 1901–1927, 1934–1937 fortgeführt von Jan Cyž, 43 Nummern).

Verlagsverzeichnis G. A. Schlüssels, 1844; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Nicht moralisierende, sondern unterhaltsame Prosa, für die, wie der studentische Versuch mit der Zeitschrift „Lipa Serbska“ offenbarte, es durchaus eine Käuferschicht gab, fand im 19. Jh. keinen Verleger. Erst Jurij Delenk bediente mit seiner Taschenbuchreihe „Serbska knihownja“ (Sorbische Bibliothek, 1914–1918, elf Nummern) dieses Bedürfnis. In der Weimarer Republik nahm sich die Prager Abteilung der Schriftstellervereinigung „Koło serbskich spisowaćelow“ der sorbischen Belletristik an und gab sie in der von Vladimír Zmeškal geleiteten blaubändigen Reihe „Dom a swět“ (Heim und Welt, 1921–1937, 33 Nummern) heraus. Er verlegte auch die politisch-historische Serie „Słowjanske rozhlady“ (Slawische Umschau, 1923–1936, neun Nummern). Die Reihe mit Theatertexten für Laiengruppen führte die Domowina als „Serbska dźiwadłowa zběrka“ fort (Sorbische Theatersammlung, 1922–1932, 13 Nummern). Ab 1937 durften sorbische Presseartikel nicht mehr erscheinen. Nur die Zeitschrift „Katolski Posoł (Katholischer Bote) konnte noch bis 1939 in eigener Werkstatt veröffentlicht werden.

Sorbische Buchhandlung in Bautzen, um 1956; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut Bautzen

1947 versuchte die Domowina zunächst in genossenschaftlicher Form, ab 1952 als Firma „Domowina, Druckerei und Verlag“ das sorbische Verlagswesen fortzuführen – wie bisher ohne Lektorat. Im Zuge der Verwirklichung des Sorbengesetzes von 1948 entstanden zur Entwicklung von Lehrmaterialien in Bautzen sorbische Redaktionen bei zwei deutschen Verlagen – 1952 beim Verlag Neues Leben, 1954 beim Verlag Volk und Wissen. Ungleich reichlicher mit materiellen Ressourcen und Personal ausgestattet, war diesen eine neue Qualität der sorbischen Buchproduktion möglich. An deren Ergebnisse anknüpfend entfaltete der aus den genannten drei gebildete Domowina-Verlag mit systematischer Literaturentwicklung ab 1958 eine umfangreiche, professionelle Tätigkeit.

Herausgeberisch tätig waren nach 1950 auch einige der sorbischen Kulturinstitutionen, so 1958–1962 das Sorbische Pädagogische Institut, 1960–1993 das Haus für sorbische Volkskunst, mit seinen kleinen Reihen das Sorbische Institut und seit 1996 die Stiftung für das sorbische Volk mit elektronischen Medien.

Sorbische Literatur in deutscher Sprache erschien zumeist in deutschen Verlagen, so im Verlag Neues Leben und im Aufbau-Verlag in Berlin, beim Mitteldeutschen Verlag in Halle, im GNN Verlag Schkeuditz, zweisprachig auch bei Reclam in Leipzig und zuletzt im Wieser-Verlag in Klagenfurt.

Nach der politischen Wende bot sich die Möglichkeit, sorbische und deutsch-sorbische Buchpublikationen in regionalen und privat betriebenen Verlagen zu veröffentlichen (Lusatia Verlag, Regia, Lumir, Delany, ENA-Musikverlag, Erata, Servi Musikverlag Fredersdorf u. a.).

Lit.: J. Cyž: Wo serbskich nakładnistwach, in: Serbska Protyka 1959, Budyšin 1958; J. Šołta: Serbskaj nakładnikaj zwonka Łužicy, in: Serbska Protyka 1989, Budyšin 1988; F. Rajš: Serbske nakładnistwa a ćišćernje, in: Rozhlad 43 (1993) 6, 44 (1994) 9–12.

Metadaten

Titel
Verlagswesen
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Verlagswesen
Autor:in
Schön, Franz
Autor:in
Schön, Franz
Schlagwörter
Schrifttum; Verlag; Herausgeber; Buchhandel; Buchdruck; Presse; Literatur; Zeitschrift
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Schrifttum; Verlag; Herausgeber; Buchhandel; Buchdruck; Presse; Literatur; Zeitschrift
Abstract

Unternehmen, die das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung von Druckwerken erworben haben. In den Anfängen des sorbischen Buchdrucks fungierten Drucker als Verleger bzw. trugen Geistliche als Übersetzer die Kosten für den Druck und sorgten für den Vertrieb.

Abstract

Unternehmen, die das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung von Druckwerken erworben haben. In den Anfängen des sorbischen Buchdrucks fungierten Drucker als Verleger bzw. trugen Geistliche als Übersetzer die Kosten für den Druck und sorgten für den Vertrieb.

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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