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Sorbische Sprachschulen
von Peter Schurmann

Werbeplakat der sorbischen Volkshochschule für Sprachkurse in Radibor und Crosta, 1950; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Einrichtungen zur Qualifizierung Erwachsener in Ober- und Niedersorbisch, die dem Spracherwerb und der Vermittlung von Wissen über die Sorben dienten. 1953 bzw. 1954 wurden für die DDR-Bezirke Dresden (obersorbisch) und Cottbus (niedersorbisch) zwei Sprachschulen mit Internatsbetrieb eröffnet. Sie waren im Schloss Milkel im Kreis Bautzen (davor kurzzeitig in Jauernick) bzw. in einem Zweckbau in Dissenchen (bei Cottbus; davor kurzzeitig in Byhleguhre) untergebracht.

Ziel der Sprachschulen war die institutionelle Weiterbildung für Deutsche und Sorben. Ähnliche Vorgängereinrichtungen, so ab 1947 in Crosta (bei Großdubrau) und 1951 in Burg (Spreewald), waren auf Dauer von der Domowina allein nicht zu unterhalten, denn sie sollten „alle erdenklichen Voraussetzungen zur Ausbildung von zweisprachigen Kadern für Wirtschaft, Staatsapparat und Kultur schaffen“. Die Lehrgangsdauer betrug in der Regel drei, höchstens fünf Monate. Während des Kurses erhielten die Teilnehmer weiter ihr Gehalt sowie Unterkunft und Verpflegung. Neben der Sprache gehörte die Vermittlung von Kenntnissen über sorbische Geschichte, Literatur, Volkskunde und Musik, aber auch im Fach Gesellschaftswissenschaft zum Programm.

Die Auslastung der Sprachschulen war unterschiedlich. Bis in die erste Hälfte der 1960er Jahre erreichten die Kurse in Dissenchen durchschnittlich 60 % ihrer Kapazität; in Milkel lag der Wert geringfügig darüber. Danach stieg er in beiden Sprachschulen zeitweilig an. Ab 1960 wurde die Delegierung an die Sprachschulen durch Betriebe und Einrichtungen als Erwachsenenqualifizierung anerkannt. Die Räte der Bezirke bemühten sich darum, mit Organisationen und Betrieben Vereinbarungen über die Teilnahme zu treffen. Die Sprachschulen boten dazu kurze, z. B. zweiwöchige und auf bestimmte Berufs- und Interessengruppen zugeschnittene Kurse an, so für Bürgermeister, Polizisten, Kindergärtnerinnen, Verkäuferinnen oder Kahnfährleute aus dem Spreewald. In den 1970er und 1980er Jahren fanden zudem externe Lehrgänge in Weißwasser, Hoyerswerda und Kamenz sowie Polnisch- bzw. Tschechischkurse samt einer Zertifizierung statt. Zeitweilig fungierte die Sprachschule in Milkel auch als Ausbildungsstätte für Fremdsprachenkorrespondenten (für Russisch, Tschechisch, Polnisch und Sorbisch) und für Facharbeiter für Schreibtechnik. 1986 wurde der Schule der Ehrenname des sorbischen Politikers Dr. Jan Cyž verliehen.

Schloss in Milkel, 1953–1994 Sitz der obersorbischen Sprachschule, um 1958; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Teilnehmer am niedersorbischen Sprachkurs in Dissenchen, 1956; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Beide Sprachschulen führten bis Anfang der 1990er Jahre Lehrgänge durch. Die Milkeler Einrichtung wurde 1992/93 durch den Freistaat Sachsen abgewickelt. Die ehemalige Sprachschule in Dissenchen ist seit 1.8.1992 unter dem Namen „Schule für Niedersorbische Sprache und Kultur“ eine eigenständige Institution im Fachbereich Kultur der Stadt Cottbus. Sie bietet ein vielfältiges Kursprogramm für die Niederlausitz an, das über die reine Sprachausbildung hinausreicht. In der Oberlausitz beschränken sich die Volkshochschulen Bautzen und Kamenz auf sorbischen Sprachunterricht.

Lit.: 10 lět Centralna serbska rěčna šula Minakał – 10 Jahre Zentrale Sorbische Sprachschule Milkel, Bautzen 1963; Centralna serbska rěcna šula Dešank – Zentrale Sorbische Sprachschule Dissenchen, Cottbus 1979; P. Schurmann: Zwischen Förderungsanspruch und Realität. Die Zentrale Sorbische Sprachschule im Bezirk Cottbus zur Zeit der DDR, in: Sorbische Kostbarkeiten/​Serbske drogotki, Hg. Wendisches Museum Cottbus, Cottbus 2006; 15 Jahre Erwachsenenweiterbildung im Sorbischen (Wendischen). Dokumentation, Cottbus 2007. http://www.sorbische-wendische-sprachschule.de/

Metadaten

Titel
Sorbische Sprachschulen
Titel
Sorbische Sprachschulen
Autor:in
Schurmann, Peter
Autor:in
Schurmann, Peter
Schlagwörter
DDR-Zeit; Institution; Minderheit; politische Wende; Niedersorbisch; Obersorbisch; Spracherwerb; Sprachpolitik; Zweisprachigkeit
Schlagwörter
DDR-Zeit; Institution; Minderheit; politische Wende; Niedersorbisch; Obersorbisch; Spracherwerb; Sprachpolitik; Zweisprachigkeit
Abstract

Einrichtungen zur Qualifizierung Erwachsener in Ober- und Niedersorbisch, die dem Spracherwerb und der Vermittlung von Wissen über die Sorben dienten.

Abstract

Einrichtungen zur Qualifizierung Erwachsener in Ober- und Niedersorbisch, die dem Spracherwerb und der Vermittlung von Wissen über die Sorben dienten.

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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