XS
SM
MD
LG
XL
XXL
🌐
Kirche
von Jan Malink und Karlheinz Blaschke

Soziale Organisationsform von Religion, in der über die Jahrhunderte fest gefügte Strukturen entwickelt wurden, die im Wesentlichen bis in die Gegenwart bestehen. Das religiöse Verhalten der Sorben war vor ihrer Berührung mit dem Christentum von heidnischen Vorstellungen beherrscht, wie sie der damaligen Naturreligion innewohnten (→ Mythologie) und auch bei den benachbarten westslawischen Völkern anzutreffen waren.

Mit der Annahme des Christentums wurden die altsorbischen Stämme im 10. Jh. in das deutsche Reich einbezogen. Dessen Herrscher fühlte sich als christlicher König auch für die slawische Bevölkerung verantwortlich. Die Sorben waren im Laufe ihrer Geschichte in die jeweiligen übergreifenden Kirchenstrukturen einbezogen. Es bestand nie eine eigenständige sorbische Kirchenorganisation. Innerhalb des Erzbistums Magdeburg wurden 968 die Bistümer Zeitz (später Naumburg), Merseburg und Meißen gegründet, um die Christianisierung der Gebiete zwischen Saale und Oder zu befördern. So wie der Gau Milska im 11. Jh. politisch an die Mark Meißen angeschlossen war, wurden seine Bewohner von jenen Bischöfen geistlich betreut, die in Meißen ihren Sitz hatten. Das Bistum erstreckte sich über beide Markgraftümer und reichte im Norden bis Zossen, Storkow und Beeskow. Da für die frühe Zeit eine Deckungsgleichheit von weltlicher Herrschaft und geistlicher Zuständigkeit galt, ergibt sich daraus die ursprüngliche Größe der Lausitzen (→ Lusizer, → Milzener, → Lausitz).

Evangelische Kirche in Göda, 2013; Fotografin Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Für die Oberlausitz kann die Errichtung einer Missionskirche neben der Burg Bautzen um das Jahr 1000 angenommen werden. Bald kamen Kirchen in Göda, Kittlitz und Jauernick hinzu. In der Niederlausitz entstand um die Mitte des 12. Jh. eine Kirche beim Burggrafensitz in Cottbus, der weitere in Calau, Lübben und Niemitsch folgten. Die Ausbreitung der Kirchen scheint hier jedoch langsamer vorangekommen zu sein. Bis zur deutschen Kolonisation, als das Land noch ganz von Sorben besiedelt war, kann in beiden Lausitzen nur von einer sehr lockeren geistlichen Versorgung gesprochen werden, da die wenigen Pfarrkirchen nicht ausreichten, um eine regelmäßige gottesdienstliche Betreuung der weit verstreuten Bevölkerung zu sichern. Erst als nach 1200 die Siedlungsdichte zunahm und mit den schon christianisierten Kolonisten das kirchliche Leben Auftrieb erhielt, wurden neue Gemeindekirchen gebaut. Sie ermöglichten eine flächendeckende Teilnahme am Messgottesdienst.

Evangelische Kirche in Kittlitz, 2013; Fotografin Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Im Bistum Meißen bildeten die Gebiete der Lusizer und der Milzener eigene Archidiakonate. In jedem davon führte ein Erzpriester die Aufsicht über die Priester eines Sprengels mit 10–30 Pfarrkirchen. In der Niederlausitz ergab das 13 Sedes (Erzpriestersitze) mit 227 Pfarrkirchen, in der Oberlausitz 12 Sedes mit 196 Pfarrkirchen, wie es der Meißener Bistumsmatrikel von 1495 zu entnehmen ist. Dazu gehörten jeweils rund 100 Filialkirchen. Der Ausbau des Kirchenwesens lässt sich für Bautzen als der ersten und lange Zeit einzigen Kirche in der Oberlausitz nachweisen. 1214 hatte hier ein Erzpriester seinen Sitz, 1216 wurde das Archidiakonat für den oberlausitzischen Sprengel eingerichtet. Daraus kann auf zahlreiche Pfarrkirchen geschlossen werden. Die Gründung des Bautzener Domstifts um 1215 trug zur Integration der Sorben in die kirchlichen Strukturen bei. Zur Petrikirche gehörten damals neun Filialkirchen teils im sorbischen Altsiedelland, teils im deutschen Kolonisationsgebiet des südlichen Berglands. Sie alle wurden in der Folgezeit zu selbstständigen Pfarrkirchen erhoben.

Als der Aufbau des Kirchenwesens im späten Mittelalter abgeschlossen war, spiegelte sich in der Kirchenorganisation die deutsch-sorbische Geschichte der Besiedlung wider. Neben die Ur- und Großpfarreien (Bautzen, Göda, Cottbus) traten einerseits die kleinen Parochien in den deutschen Kolonisationsgebieten um Bischofswerda, Görlitz, Lauban/​heute: Lubań (Polen), in der westlichen Niederlausitz und um Sorau/​heute: Żary (Polen), andererseits die großflächigen Herrschaftspfarreien (Hoyerswerda, Baruth, Lieberose, Neu Zauche). In dieser Zeit wurden auch die Klöster gestiftet, die sich in den Lausitzen nur in bescheidenem Maße entfalten konnten. An der Stadtkirche Lübben wurde 1370 mit einem Offizial der Sitz des Archidiakons für die Niederlausitz eingerichtet.

In der unmittelbaren Nachbarschaft des Kurfürstentums Sachsen, unweit von Wittenberg und an der für Übermittlung von Nachrichten wichtigen Hohen Straße, standen die Lausitzen frühzeitig dem Einfluss der lutherischen Reformation offen. Ihre Durchsetzung vollzog sich für die Sorben in einem fast 100-jährigen Prozess von 1521 bis 1619. In der Niederlausitz wandten sich adlige Grundbesitzer ab 1522 der Bewegung zu, in Cottbus trat die reformatorische Bewegung 1522, in Calau und Lübben 1530 und 1532 auf. In der Oberlausitz begann sie 1521 in Zittau und Görlitz, in Bautzen 1523, in Kamenz und Löbau geschah dies 1527. Von den großen Städten griff die Reformation auf das umliegende Land über. Auf eingezogenem Klosterbesitz wurden ab 1543 die drei evangelischen sächsischen Fürstenschulen eingerichtet (Meißen, Schulpforta und Grimma), an denen freie „wendische Stellen“ den sorbischen Nachwuchs bei Geistlichen und Beamten sichern sollten.

Simultankirche St. Petri in Bautzen, um 1920; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Im Gegensatz zu staatlich organisierten Territorien wie Sachsen oder Brandenburg konnte sich in den Lausitzen kein landesherrliches Kirchenregiment ausbilden. Da das böhmische Königtum als Lehnsherr zu schwach war, um die Nebenländer konfessionell zu dominieren, kam der Grundsatz „Cuius regio, eius religio“ auf der Ebene der Grundherrschaften zum Tragen. Der Übergang vom römischen zum lutherischen Ritus vollzog sich für die Bevölkerung allmählich, da Liturgie und Gewandung zunächst beibehalten wurden. In den Entscheidungsjahren zwischen 1517 und 1555 waren der bis 1526 regierende König Ludwig II. von Böhmen und Ungarn zu sehr mit der Türkenabwehr und der ihm folgende König Ferdinand I. zu sehr mit der Türken- und Reichspolitik beschäftigt, als dass sie den fernab gelegenen Markgraftümern Ober- und Niederlausitz die notwendige Aufmerksamkeit hätten widmen können. 1524 wandte sich Ludwig an die Stände, um sich gegen die Verbreitung der neuen Lehre auszusprechen (→ Ständeherrschaft). Sein Nachfolger gebot 1531 den Landvögten, das lutherische Bekenntnis auszurotten. 1538 ließ er dem in Bautzen tagenden Landtag seinen Entschluss mitteilen, sich „des heiligen Glaubens halber christlich und wohl zu verhalten und nicht der verdammten Lehre anzuhangen“. Doch die Stände erklärten dem König, sie könnten von der „Wahrheit“ nicht abgehen, sodass dieser schließlich den evangelischen Gottesdienst gestattete. Auch Dorfgemeinden unter katholisch verbleibender Grundherrschaft schlossen sich aus eigener Entscheidung der Reformation an, was für Cunewalde unter domstiftlicher Obrigkeit, für die sieben Orte des Eigenschen Kreises unter dem Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau und für die fünf Pfarrkirchen unter dem Kloster Neuzelle zutrifft. In Jauernick bei Görlitz wandte sich die evangelisch gewordene Gemeinde von ihrem altgläubigen Pfarrer ab, musste aber weiterhin seine geistlichen Handlungen in Anspruch nehmen, während sie sich zum regelmäßigen Gottesdienst an benachbarte Gemeinden hielt. Erst 1839 errichtete sie in Kunnerwitz eine eigene Kirche.

Die Reformation in den Lausitzen verlief demnach anders, als es von den Territorien unter lutherischer Landesherrschaft bekannt ist. Die geltende Landesverfassung sicherte das Fortbestehen kirchlicher Einrichtungen, auch solcher, die katholisch blieben. Das betraf in der Niederlausitz das Kloster Neuzelle mit seinem gesamten grundherrlichen Besitz. Das Domstift in Bautzen konnte seine Rechtsstellung zur Apostolischen Administratur für die Lausitzen ausbauen. Dadurch überdauerte es die Auflösung des Bistums Meißen und den Rücktritt des letzten Bischofs Johann IX. von Haugwitz (1581). Die dem Domstift bzw. dem Zisterzienserinnenkloster St. Marienstern unterstellten sorbischen Pfarrgemeinden Bautzen, Radibor, Crostwitz, Nebelschütz und Wittichenau verblieben beim alten Glauben.

Das Nebeneinander der Konfessionen lässt sich hier nicht mit dem Gedanken religiöser Toleranz erklären, der erst in der Aufklärung aufkam. Es ging vielmehr um die Fortdauer verfassungsrechtlicher Regelungen. Unter den 200 Pfarrkirchen, die zum Abschluss der Reformation im alten Archidiakonat der Oberlausitz vorhanden waren, machten katholische Kirchen 7 % aus und bildeten somit innerhalb des evangelisch gewordenen Markgraftums eine konfessionelle Minderheit. Für deren Fortbestand war v. a. der Einsatz des Bautzener Domdekans Johann Leisentrit bestimmend, der dieses Amt von 1560 bis 1586 verwaltete. Er rettete die verbliebenen Meißener Positionen und brachte als vom Kaiser ernannter Generalkommissar für Glaubensangelegenheiten und als Administrator des Bistums eine neue Stabilität in das gefährdete katholische Kirchenwesen. Mit seinem Versuch, die deutsche und die sorbische Sprache in die Abendmahlsliturgie einzuführen, hatte er indes keinen Erfolg. Auch sein Vorhaben, in den beiden Lausitzen ein selbstständiges Bistum zu errichten, gelang nicht.

Katholische Kirche und Friedhof in Crostwitz, ohne Datum; unbekannter Fotograf, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Während sich die mittelalterliche Kirche bei ihrer Wirkung auf Gebetsformeln und kultische Handlungen beschränken konnte, wuchs mit der Reformation eine Kirche des Wortes. Die Gottesdienste wurden in Sorbisch und Deutsch statt in Latein gehalten. Um 1600 waren etwa 90 % der Sorben evangelisch-lutherisch. Für ihre muttersprachliche Betreuung bestanden in den Städten der Ober- und Niederlausitz Wendische Kirchen. Unter den neuen Anforderungen begann im 16. Jh. die Ausbildung einer geistlichen Literatur in sorbischer Sprache. In Göda wurde eine Lateinschule für sorbische Knaben zur Vorbereitung auf das Universitätsstudium eingerichtet. Die Stände der Oberlausitz riefen die Sorben auf, ihre Söhne zum Studium zu schicken, sodass von 1540 bis 1546 in Wittenberg 40 junge Männer für das Pfarramt ordiniert werden konnten. Von 1542 bis 1572 gingen aus Hoyerswerda elf und aus Wittichenau sechs Theologen hervor. Dem Priesternachwuchs der katholischen Kirche diente das 1728 in Prag eröffnete Wendische Seminar.

Für die Kirchenordnung in beiden Lausitzen nach Übergang an das Kurfürstentum Sachsen waren die Bestimmungen des Traditionsrezesses von 1635 maßgebend, die keine Veränderungen am damaligen Stand erlaubten. Daher blieb die Kirchenverfassung so, wie sie sich im 16. Jh. herausgebildet hatte. Weder der Übertritt des Hauses Hohenzollern unter Johann Sigismund zur reformierten Lehre 1613 noch die Konversion Augusts des Starken 1697 und danach des Hauses Wettin zur katholischen Kirche wirkten sich auf die Konfession der Landesbewohner aus. Die führende Stellung der Landstände, die sich in der Vorherrschaft der beiden Landtage äußerte, zeigte sich auch bei den Kirchenpatronen. Die Zentralisierung der Kirchenverwaltung war auf ein Mindestmaß begrenzt. Auch der Pietismus brachte keine Veränderung der Situation, da er als „ecclesiola in ecclesia“ innerhalb der evangelischen Kirche wirkte. Eine Ausnahme war die 1751 gegründete Kolonie der Brüdergemeine in Kleinwelka, die erste freikirchliche Gemeinschaft im sorbischen Raum; ihre Arbeit im Niederlausitzer Limberg 1781–1857 beschränkte sich dagegen auf die Sammlung und Betreuung evangelischer Kirchenmitglieder.

Altlutherische Kirche in Klitten, 2013; Fotografin Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Der niedersorbische Sprachraum fiel in den Kompetenzbereich dreier Konsistorien: Berlin-Cölln für den Kurmärkisch-Wendischen Distrikt, Lübben für die sächsische Niederlausitz und Küstrin für den zu Brandenburg gehörenden Cottbuser Kreis. Erst nachdem die Niederlausitz 1657 dem Sekundogenitur-Fürstentum Sachsen-Merseburg zugefallen war, wurde dort eine gewisse Konzentration der Verwaltung angestrebt, in deren Folge das Amt des Offizials in Lübben zu einem landesherrlichen Konsistorium ausgebaut wurde (→ Dezemberreskript). Eine generelle Änderung trat nach Übergang der gesamten Niederlausitz und der nordöstlichen Oberlausitz an das Königreich Preußen ab 1815 ein. Der durch den Wiener Kongress erstarkte preußische Staat nahm keine Rücksicht auf den Traditionsrezess. König Friedrich Wilhelm III. nutzte das Reformationsjubiläum 1817, um in seinem Herrschaftsbereich die lutherische und die reformierte Kirche zu einer „Union“ zu vereinigen. Sichtbarer Ausdruck der konfessionellen Einheit sollte das von ihm entworfene Gottesdienstbuch sein, das er auch in die obersorbische Sprache übersetzen und in zwei Auflagen drucken ließ. Gegen die Zwangsvereinigung von Reformierten und Lutheranern regte sich jedoch Widerstand, der ab 1830 zur Entstehung selbstständiger Gemeinden führte, die sich 1841 zur Evangelisch-lutherischen Kirche in Preußen (Altlutheraner) zusammenschlossen. Altlutherische Gemeinden mit starker sorbischer Prägung bestanden nach 1840 unter maßgeblicher Mitwirkung von Pfarrer Jan Kilian in der preußischen Oberlausitz (Weigersdorf und Klitten) und in der Niederlausitz (Spremberg und Döbbrick). Hunderte von sorbischen Altlutheranern wanderten ab 1848 nach Australien und Nordamerika aus, wo sie eigene Gemeinden gründeten und diese in lutherische Kirchen mit deutschen Ursprung integrierten (→ Auswanderung). Die sorbischen Auswanderer nach Texas begründeten den texanischen Zweig der Lutheran Church Missouri Synod, die bis heute existiert.

Evangelische Kirche des 1979 devastierten Ortes Tzschelln, 1954; Fotograf: Ernst Tschernik, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Die territorialen Veränderungen von 1815 bedeuteten, dass die preußische Oberlausitz an die Provinz Schlesien kam. Die große sorbisch-katholische Pfarrgemeinde Wittichenau wurde 1821 in das Bistum Breslau/​heute: Wrocław (Polen) eingegliedert. In einigen evangelischen Gemeinden entstanden Freikirchen mit sorbischem Einschlag. In Werben in der Niederlausitz wurde 1867 durch den Krämer Kołoźej und den Häusler Tropa eine katholisch-apostolische Gemeinde gegründet. Ihre ca. 150 Mitglieder, die damals auch Irvingianer genannt wurden, traten aber nicht aus der evangelischen Kirche aus. Im Oberlausitzer Kirchspiel Schleife rief Gottlob Kowal vor 1930 eine freikirchlich-baptistische Gemeinde ins Leben, in deren Anfangszeit bei Predigt und Unterweisung vorwiegend das Sorbische verwendet wurde.

In der Niederlausitz herschte zumeist aus wirtschaftlichen Gründen schon im 19. Jh. akuter Mangel an sorbischen Pfarramtskandidaten. Mit dem Verbot sorbischer Gottesdienste zur NS-Zeit erlosch 1941 das niedersorbische Kirchenleben. Nach 1949 verhinderte der Cottbuser Generalsuperintendent Günter Jacob die Besetzung vakanter Pfarrstellen mit sorbischen Kandidaten. Erst eine Laieninitiative erreichte 1987 das Wiederaufleben niedersorbischer Gottesdienste.

Empore in der evangelischen Klosterkirche (Wendische Kirche) in Cottbus, 2013; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

In der sächsischen Oberlausitz blieb die alte lutherische Kirchenverfassung bis 1926 in Kraft, danach wurde sie durch die Einrichtung von Superintendenturen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens angepasst. Für die Sorben wurde das Amt des Oberpfarrers geschaffen. Die staatskirchlichen Formen der evangelischen Kirchenverfassung hatten über das Ende der Monarchie 1918 und über den Umbruch von 1945 hinaus Bestand. 1949 wurden für das zweisprachige Gebiet in Sachsen durch ein Kirchengesetz (novelliert 2003) die Sorbische Superintendentur und der Sorbische Kirchgemeindeverband installiert, wodurch erstmals eine rechtlich gesicherte Selbstverwaltung der Sorben innerhalb einer Kirche entstand. Das Restgebiet der preußischen Oberlausitz links der Neiße wurde 1947 einem in Görlitz geschaffenen evangelischen Konsistorium mit der Bezeichnung Görlitzer Kirchengebiet unterstellt. 1951 wurde daraus die Evangelische Kirche von Schlesien. Sie wurde 1968 in Evangelische Kirche des Görlitzer Kirchengebiets und 1992 in Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz umbenannt, die sich 2004 mit der Berlin-Brandenburger Landeskirche zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) vereinigte. Diese verabschiedete 2005 ein Gesetz über die kirchliche Arbeit mit Sorben bzw. Wenden, worin die Bildung eines speziellen Beirats festgeschrieben wurde.

Katholische Kapelle in Schmochtitz, 2013; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Die römisch-katholischen Sorben gehören weiterhin zwei deutschen Bistümern an. 1921 wurde das Bistum Meißen mit Sitz in Bautzen wiedererrichtet, es vereinte die Apostolische Administratur der Oberlausitz und das Apostolische Vikariat Sachsen. Die sorbischen Gemeinden verloren dadurch ihre traditionelle Priesterausbildung, die fortan statt in Prag ab 1922 in Paderborn, ab 1952 in Erfurt bzw. in den Priesterseminaren 1927–1945 in Schmochtitz, ab 1953 in Neuzelle stattfand. Nach 1945 entstand in Görlitz eine Apostolische Administratur für den deutsch gebliebenen Teil des Erzbistums Breslau, der seit 1994 als Bistum Görlitz firmiert. Zu diesem zählt auch die Kirchgemeinde Wittichenau, denn die von Sorben mehrfach geäußerte Erwartung ihrer Rückgliederung an das Bistum Meißen wurde nicht erfüllt. Dem Druck zur sprachlichen und kulturellen Assimilation an das Deutsche haben die katholischen Sorben stärker widerstanden, weil sie infolge der doppelten Abgrenzung durch Nationalität und Religion ihre Identität stabilisieren konnten.

Lit.: W. Schlesinger: Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, 2 Bde., Köln 1962; K. Blaschke/ W. Haupt/​H. Wiessner: Die Kirchenorganisation in den Bistümern Meißen, Merseburg und Naumburg um 1500, Weimar 1969; R. Lehmann: Untersuchungen zur Geschichte der kirchlichen Organisation und Verwaltung der Lausitz im Mittelalter, Berlin 1974; K. Blaschke: Lausitzen, in: Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500–1650, Band 6: Nachträge, Hg. A. Schindling/​W. Ziegler, Münster 1996; Eine Kirche – zwei Völker. Deutsche und sorbische Quellentexte zur Geschichte des Bistums Dresden- Meißen, 3 Bände, Bautzen/​Leipzig 2003, 2008, 2013; D. Teichmann: Wendische Kirchengeschichte und Kirchenliteratur in der Niederlausitz seit der Reformation bis 1800, Cottbus 2009; Stätten und Stationen religiösen Wirkens, Hg. L.-A. Dannenberg/​D. Scholze, Bautzen 2009.

Metadaten

Titel
Kirche
Titel
Kirche
Autor:in
Malink, Jan; Blaschke, Karlheinz
Autor:in
Malink, Jan; Blaschke, Karlheinz
Schlagwörter
Glaube; Christentum; Katholische Kirche; Evangelische Kirche; Konfession; Kirchenbau
Schlagwörter
Glaube; Christentum; Katholische Kirche; Evangelische Kirche; Konfession; Kirchenbau
Abstract

Soziale Organisationsform von Religion, in der über die Jahrhunderte fest gefügte Strukturen entwickelt wurden, die im Wesentlichen bis in die Gegenwart bestehen.

Abstract

Soziale Organisationsform von Religion, in der über die Jahrhunderte fest gefügte Strukturen entwickelt wurden, die im Wesentlichen bis in die Gegenwart bestehen.

Enthalten in Sammlung
Enthalten in Sammlung
Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
Im Sorabicon 1.0 zu finden unter

Entdecke mehr

Wendische Volkspartei
Volksliteratur
Senftenberger Region
Bienenzucht
Küche
Wenden­abteilung