Größte Sammlung sorabistischer Literatur außerhalb der Lausitz (→ Bibliotheken). Sie erwuchs aus der
Anstaltsbibliothek des Wendischen Seminars in Prag. 1847 wurden vom Ältesten der Seminaristenvereinigung Serbowka die sorbischen Drucke
erstmals katalogisiert. Unter den über 50 Positionen waren die ältesten
katholischen Editionen, alle frühen gedruckten Grammatiken, ein niedersorbischer
Katechismus (1714), die sorbische evangelische Bibel von 1742 (→ Bibelübersetzungen) sowie ab 1843
sorbische Zeitschriften. Seither wurde neuere sorbische Literatur systematisch
gesammelt (1886 übergab Jaroměr Hendrich
Imiš als Geschenk die Ausgaben des Evangelisch-Lutherischen
Buchvereins); der Bestand erreichte um 1890 ca. 800 Bände. Die 1890 separat
aufgestellte Sammlung nahm auch wichtige Handschriften auf: die Jahresprotokolle
der Serbowka, die Anthologie literarischer Versuche „Kwětki“ (Blumen; sie
enthält frühe Texte von Mikławš
Jacsławk, Michał
Hórnik, Jan Ćěsla,
Jakub Bart-Ćišinski sowie die
Abschrift der handschriftlichen niedersorbischen Grammatik von Jan Bjedrich Fryco, 1797).
Katalog der Hórnik-Bibliothek, 1931; Repro: Sorbische
Zentralbibliothek am Sorbischen Institut
Stempel der Hórnik-Bibliothek, 1931; Repro: Sorbische
Zentralbibliothek am Sorbischen Institut
Nach dem Verkauf des Wendischen Seminars 1922 durch den Meißener Bischof Christian Schreiber
wurde die Veräußerung der Bibliothek an Antiquariate u. a. durch das Eingreifen
von Jan Skala verhindert. Die Bibliothek der Serbowka wurde in die Obhut der Freundesgesellschaft
Česko-lužický spolek „Adolf Černý“
gegeben, der Rest der Stiftsbibliothek, darunter die Bücher Bernard Bolzanos, vom tschechischen Staat
für Universitäten aufgekauft. Zu Ehren des einstigen Seminaristen Michał Hórnik
wurde die im Staatlichen Gymnasium in Prag-Smíchov aufgestellte Büchersammlung „Hórnikova lužická
knihovna“ genannt. (Die eigentliche Privatbibliothek Hórniks war seit 1895 in
der Bibliothek der
Maćica Serbska als Sondersammlung untergebracht.) In Prag studierende
Sorben nutzten diese Bibliothek und unterstützten Vladimír Zmeškal bei der Erstellung eines Buchkatalogs (1931).
Dieser verzeichnet, systematisch gegliedert, 1 003 Titel. In den 1930er Jahren
wanderte die Bibliothek in die Geschäftsräume des Vereins Společnost přátel
Lužice. 1939, nach Besetzung der „Rest-Tschechei“ durch Hitler-Deutschland,
wurde die Hórnik-Bibliothek auf Betreiben der Wendenabteilung sowie des Bundes
Deutscher Osten konfisziert und in die Amtshauptmannschaft Bautzen überführt. Nach Kriegsende ging ein
großer Teil der dort auf der Ortenburg aufbewahrten Bücher verloren, der
erhaltene Teil kehrte 1947 nach Prag zurück und wurde im Refektorium des
Wendischen Seminars, das 1945–1955 erneut sorbische Studenten beherbergte,
aufgestellt. Sorbische Verlage und Institutionen unterstützten die Bibliothek
mit freiwilligen „Pflichtexemplaren“. Mit der politisch erzwungenen Umwandlung
der Freundesgesellschaft in einen Verein zum Studium der sorbischen Kultur beim
Förderverein des Nationalmuseums in Prag wurde dieser zum neuen Besitzer; die
Unterbringung und (bis Mitte der 1970er Jahre) regelmäßige Öffnungszeiten im
Wendischen Seminar bestanden jedoch weiter. Schenkungen und Nachlässe von
Vereinsmitgliedern (Mikławš Krječmar,
Antonín Frinta, Bohumila Šretrová, Jan Petr) sowie eine umfangreiche
Übereignung niedersorbischer Bücher und Presseorgane durch Fryco Latk bereicherten in den 1980er Jahren
die Hórnik-Bibliothek. Durch das Hochwasser der Moldau im August 2002 wurde ein
Teil der Bestände, darunter unikale Drucke, vernichtet. Die Handschriften
befinden sich seitdem im Depot des Prager Nationalmuseums. Die Bibliothek konnte
nach der Zwischenlagerung im Keller einer Prager Grundschule 2009 in das Gebäude
des Wendischen Seminars zurückkehren und wird weiterhin von der Prager
Freundesgesellschaft betreut.
Lit.: V. Zmeškal: Hórnikova Lužická knihovna v Praze, Praha 1931; J. Cyž:
Hórnikowa knihownja w Praze, in: Rozhlad 24 (1974) 2; J. Berg/E. Morscher:
Bernhard Bolzanos Bibliothek, Sankt Augustin 2002; F. Šěn: Lužickosrbsko-české
knihovnické styky. Význam a osud Hórnikovy lužické knihovny v Praze a
lužickosrbské knihovnické projekty, in: Stoletý most mezi Prahou a Budyšínem,
Hg. M. Černý/P. Kaleta, Praha 2008.