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Stiftungen
von Měrćin Völkel und Dietrich Scholze

Widmungen von Vermögen für vom Stifter festgelegte Vorhaben bzw. die aus diesem Verfahren entstandenen Einrichtungen. Zur Förderung des geistigen, kulturellen oder wirtschaftlichen Lebens der Sorben wurden seit 1700 vornehmlich durch Privatpersonen verschiedene Stiftungen oder Legate errichtet. Sie dienten zunächst sog. mildtätigen Zwecken, d. h. der finanziellen Unterstützung von Schülern, Studenten, Handwerksburschen, Waisen oder der Dorfarmut.

Aufseiten der katholischen Sorben widmeten die Brüder Měrćin Norbert Šimon und Jurij Józef Šimon, beide als Geistliche auch in Böhmen tätig, Anfang des 18. Jh. ihr beträchtliches Vermögen der Gründung des Wendischen Seminars in Prag, wo ab 1727 der Priesternachwuchs für die Lausitz (später für das gesamte Bistum Meißen) wohnte und studierte. Die erforderliche Urkunde wurde 1724 vom Bautzener Domstift angenommen und von Kaiser Karl VI. bestätigt. Sie besagte, es seien „12 arme, von katholischen Eltern geborene oder zu dem römisch-katholischen Glauben bekehrte Oberlausitzer Kinder und taugliche subjekta ad studia aufzunehmen“ (nach Georg Wuschanski). Das Werk der Brüder Šimon wurde durch Zustiftungen fortgeführt, sodass das Wohnheim später erweitert werden konnte. Das Seminar bestand bis 1922, als das Gebäude verkauft wurde.

Satzung des Vereins zur Unterstützung studierender Wenden, 1880; Repro: Sorbische Zentralbibliothek am Sorbischen Institut

Von aufklärerischem Ethos getragen war die Stiftung des sorbischen evangelischen Rechtsanwalts und Oberguriger Rittergutsbesitzers Jan Michał Budar. Der „Bauernadvokat“ vertrat sorbische Erbuntertanen gegenüber der Obrigkeit und setzte in seinem 1767 hinterlegten Vermächtnis die gesamte „hiesige Wendische, Meißnische, auch Ober- und Nieder-Laußnitzische Armuth, ohne Unterschied der Religion“ zum Universalerben ein (nach Frido Mětšk). Aufgrund von Unterschlagungen wurde die „Budar’sche Stiftung“ erst 1830 in Preußen und 1833 in Sachsen wirksam. Bis nach dem Ersten Weltkrieg wurden bedürftige Sorben aus dem Vermögen jährlich unterstützt. Dem Stifter errichteten Sorben 1867 in Großpostwitz ein Denkmal (→ Denkmale).

Mitte des 19. Jh. stiftete der Laubaner Klosterpropst und Stadtpfarrer Jan Mahr, einst Zögling des Wendischen Seminars, in seinem Testament 10 000 Taler zugunsten sorbischer katholischer Studenten und Lehrlinge, wovon ab 1859 jeweils sieben Stipendien öffentlich ausgeschrieben wurden. Mit einer einmaligen Spende von 2 000 Mark begründete der polnische Schriftsteller Józef Ignacy Kraszewski 1879 eine Stiftung für Gymnasiasten, die gute Leistungen im Fach Sorbisch prämierte; das Geld war zugleich der Grundstock für den Verein zur Unterstützung studierender Wenden (→ Vereinswesen). Laut Satzung von 1880 förderte man „junge Wenden jeden wendischen Dialekts, welche sich auf Seminarien, Gymnasien und Universitäten für das Lehr- und Predigtamt sowie für die Ausbildung der Advokatur und Medizin etc. unter den Wenden vorbereiten“ (nach Sigmund Musiat). Das Vermögen dieser „Fundation“, das durch weitere Spenden vergrößert worden war, zogen die NS-Behörden ein; eine Rückgabe erfolgte nach 1945 nicht.

Die Maćica Serbska richtete nach 1918 mit Mitteln sorbischer und ausländischer Stifter (u. a. Arnošt Muka, Josef Páta) mehrere Fonds zur Förderung der Literatur, zum Studium von Sprache und Volkskunde ein, die sämtlich der Inflation zum Opfer fielen. In Prag wurden noch 1926 mehrere Stipendien aus alten Stiftungen des Wendischen Seminars ausgeschrieben, mit denen Familienangehörige der Stifter, aber auch katholische Sorben bzw. Oberlausitzer beim Studium in der ČSR unterstützt werden sollten.

Denkmal für Jan Michał Budar in Großpostwitz; Fotograf: Franz Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Die erste mit staatlichen Zuwendungen versehene, seit 1998 rechtsfähige Stiftung zur Förderung von sorbischer Sprache, Kultur, Kunst und Wissenschaft in beiden Lausitzen ist die 1991 errichtete Stiftung für das sorbische Volk mit Sitz in Bautzen. Sie unterhält sorbische Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen, daneben finanziert sie freie Projekte natürlicher und juristischer Personen. Damit entspricht sie der im Einigungsvertrag übernommenen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Wahrung der nationalen und kulturellen Identität der Sorben in Sachsen und Brandenburg.

Lit.: M. Hórnik: Dr. Jan Mahr a jeho wotkazanje, in: Časopis Maćicy Serbskeje 15 (1862) 1; G. Wuschanski: Das wendische Seminar St. Peter auf der Kleinseite in Prag, in: Die theologischen Studien und Anstalten der katholischen Kirche in Österreich, Hg. H. Zschokke, Wien/ Leipzig 1894; J. Nowak: Prěnje 20 lět Towaŕstwa Pomocy za studowacych Serbow, in: Časopis Maćicy Serbskeje 60 (1902) 2; F. Mětšk: Die Bedeutung der Budarschen Stiftung (1767) für die sorbische Sprach- und Volkstumsstatistik, in: F. Mětšk: Studien zur Geschichte sorbisch-deutscher Kulturbeziehungen, Bautzen 1981; M. Völkel: Józef Ignacy Kraszewski und die Sorben. Zur Rezeption polnischer Literatur durch die Sorben nach 1945, in: Zeitschrift für Slawistik 31 (1986) 4; S. Musiat: Sorbische/ Wendische Vereine 1716–1937. Ein Handbuch, Bautzen 2001.

Metadaten

Titel
Stiftungen
Titel
Stiftungen
Autor:in
Völkel, Měrćin; Scholze, Dietrich
Autor:in
Völkel, Měrćin; Scholze, Dietrich
Schlagwörter
Minderheitenpolitik; Wohltätigkeit; Bildungspolitik; Student; Gymnasiast; Stiftung; Stipendiat; Fürsorge
Schlagwörter
Minderheitenpolitik; Wohltätigkeit; Bildungspolitik; Student; Gymnasiast; Stiftung; Stipendiat; Fürsorge
Abstract

Widmungen von Vermögen für vom Stifter festgelegte Vorhaben bzw. die aus diesem Verfahren entstandenen Einrichtungen. Zur Förderung des geistigen, kulturellen oder wirtschaftlichen Lebens der Sorben wurden seit 1700 vornehmlich durch Privatpersonen verschiedene Stiftungen oder Legate errichtet.

Abstract

Widmungen von Vermögen für vom Stifter festgelegte Vorhaben bzw. die aus diesem Verfahren entstandenen Einrichtungen. Zur Förderung des geistigen, kulturellen oder wirtschaftlichen Lebens der Sorben wurden seit 1700 vornehmlich durch Privatpersonen verschiedene Stiftungen oder Legate errichtet.

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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