Von staatlichen und privaten Postverwaltungen herausgegebene, zur Frankierung von
Postsendungen dienende Wertzeichen. Sorbische Briefmarken enthalten sorbische
Bildmotive oder Beschriftungen. Der hoheitliche Charakter der Briefmarken wurde
durch Länderaufdrucke bzw. Symbole zum Ausdruck gebracht. Mit der Privatisierung
der Post seit Ende des 20. Jh. sind Briefmarken nur noch Anzeiger eines
privatrechtlichen Beförderungsvertrags. Auch private Postunternehmen verwenden
sorbische Motive auf ihren Editionen.
Aufgrund fehlender Staatlichkeit hat es den anderen Länderausgaben vergleichbare sorbische
Briefmarken nicht gegeben. Eine Ausnahme bilden drei 1920 in Prag mithilfe des Tschechisch-sorbischen
Vereins „Adolf Černý“ (→ Freundesgesellschaften) herausgegebene Briefmarken mit der Aufschrift
„Serbska Łužica“ (Sorbische Lausitz), den Bildern sorbischen Trachtenträgerinnen
(→ Tracht) aus der Ober- und
Niederlausitz und einer Ansicht
von Bautzen. Die Marken tragen die
Wertaufdrucke „20“, „50“ und „100“. Unklar ist, ob sie als Vorgriff auf eine
nach dem Ersten Weltkrieg angestrebte sorbische Autonomie (→ Autonomiebestrebungen) gedacht
waren oder nur der Propagierung der Autonomieidee dienten.
Die einzige frankaturgültige Briefmarke mit einem niedersorbischen Trachtenmotiv aus der NS-Zeit erschien 1935 innerhalb einer
Serie von Wohlfahrtsmarken der Deutschen Nothilfe mit Trachten aus deutschen
Regionen nach einem Foto des Volkstumsfotografen Hans Retzlaff (→ Fotografie). Sie trägt den
Wertaufdruck „8 + 4“ und die Landschaftsbezeichnung „Kurmark“.
Briefmarkensatz nach dem Entwurf von Harry Scheuner, 1982;
Repro: Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
1946 erschien in Cottbus eine Serie von
Briefmarken zugunsten des Wiederaufbaus, zu der auch zwei mit dem Bild von
Frauen in niedersorbischer Tracht gehörten; sie wurde durch die Post als
frankaturwürdig anerkannt. Die erste Edition der Deutschen Post der DDR war die
1956 zum 100. Geburtstag des Dichters Jakub
Bart-Ćišinski edierte Sondermarke mit dessen Bildnis, gestaltet
von Kurt Eigler nach der Vorlage von
Horst Šlosar, mit dem
ausgewiesenen Wert von 50 Pf. und einer Auflage von 2 Mio. Ihr folgte 1959 in
der Serie zur Erhaltung der Gedenkstätte Ravensbrück eine Briefmarke mit dem Porträt der sorbischen
Widerstandskämpferin Marja Grólmusec
(25 + 15 Pf., Auflage 1,1 Mio.). Die Gestaltung oblag Rudolf Skribelka. 1966 erschienen nach
Entwürfen von Jan Hanski und Gerhard Stauf zum 100. Geburtstag von
Jan Arnošt Smoler zwei Briefmarken
mit seinem in sorbischen Farben (→ Nationale Symbole) gehaltenen
Porträt (20 Pf.) und einer Darstellung vom Haus der Sorben (25 Pf., Auflage je 6 Mio.). 1972 erschien in
der Serie „Bedeutende Persönlichkeiten“ eine Briefmarke mit dem Porträt des
Komponisten Korla Awgust Kocor nach
dem Entwurf von Gerhard Stauf in einer Auflage von 4 Mio. Seit den 1960er Jahren
wurden Briefmarken mit sorbischen Trachtenmotiven ausgegeben, 1964 noch
ausschließlich deutsch beschriftet, später auch obersorbisch und niedersorbisch
je nach abgebildetem Motiv. Gestalter waren Ingeborg Friebel (1968), Hanna
Leitner und Fritz
Deutschendorf (1971) sowie Hans
Detlefsen (1977). Die Auflagehöhen variierten zwischen 2 und 15
Mio. 1982 edierte die Deutsche Post einen Sechserblock mit Werten von 10 bis 50
Pf. unter der Bezeichnung „Sorbische Volksbräuche“ in der Gestaltung von
Harry Scheuner und mit einer
Auflage von 3,6 Mio.
Briefmarke, 750 Jahre Kloster St. Marienstern, Entwurf von Hilmar Zill,
1998; Repro: Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Die Bundespost verwendete zum Tag der Briefmarke 1991 das historische Motiv „Briefträger im
Spreewald“ nach Dorothea
Fischer-Nosbisch (100 Pf., Auflage 3,6 Mio.), verzichtete aber
auf eine niedersorbische Betitelung. Unter Nutzung eines noch in der DDR
entstandenen Entwurfs von Ursula
Abramowski-Lautenschläger edierte die Bundespost 1991 nach
Grafiken von Měrćin Nowak-Njechorński
zwei Briefmarken zu sorbischen Sagen (60
Pf. und 100 Pf., Auflage 27 bzw. 33 Mio.). Die Emission der Bundespost von 1998
zum 750. Jubiläum des Klosters St. Marienstern (Panschwitz-Kuckau) wurde von Hilmar Zill gestaltet,
obersorbisch und deutsch beschriftet und hatte eine Auflage von 50 Mio. 2012 gab
das Bundesfinanzministerium eine Sondermarke zum 100. Geburtstag der Domowina heraus (145 ct). Der
Entwurf von Kitty Kahane stützt sich
auf ein Vogelhochzeitsmotiv.
Darüber hinaus gibt es zweisprachige Orts- und Sonderstempel zu verschiedenen
Anlässen sowie Ersttagsbriefe, Schmucktelegrammformulare der Deutschen Post mit
sorbischen Beschriftungen und zahlreiche ergänzende postalische Belege, die das
Thema Sorben zu einem philatelistischen Sammelgebiet gemacht haben.
Lit.: G. Neck: Die Oberlausitz – ein zweisprachiges Gebiet in der DDR, in: sammler express 39
(1985) 10; Michel Deutschland-Katalog 1994/95, München 1994; R. Springer: Die
Briefmarken-Probedrucke eines geplanten „Sorbischen Nationalstaates“ auf
deutschem Boden als Ausdruck der Autonomiebestrebungen der ethnischen Minderheit
der Sorben um 1920, in: Philatelie (März 1999) 269.