Kunstvoll verzierte und geschmückte Hühner- oder andere Eier, die vorwiegend in
der Fastenzeit vor Ostern gestaltet werden. Überliefert sind bei den Sorben vier
Verzierungstechniken: die Wachsreservetechnik, die Wachsbossiertechnik, die
Kratztechnik und die Ätztechnik. Die zweisprachige Lausitz zählt heute zu jenen
Gebieten in Europa, wo Ostereier traditionell am Karfreitag in den Familien
verziert werden. Das „Eiermalen“ (obersorb.
Das Ei gilt allgemein als Symbol des Lebens, der Fruchtbarkeit und der Kraft.
Diese Bedeutung ergibt sich aus der Auffassung, dass alles Leben aus dem Ei
entstanden sei, weshalb man gern vom Welten-Ei spricht. So spielt das Ei in den
Überlieferungen vieler Völker eine Rolle. Unbekannt ist, seit wann Eier verziert
werden. Nachdem das Zinsei im Mittelalter Teil der Jahressteuer für die
Feudalherrn oder die
Ostereierverzieren in Trebendorf, 1956; Fotograf: Błažij Nawka, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Die älteste und verbreitetste Technik ist die Wachsreservetechnik, die der Batiktechnik in der Textilgestaltung entspricht. Mit einer Stecknadelkuppe und zurechtgeschnittenen Federkielen wird heißes Wachs auf das Ei aufgetragen, das danach ins Farbbad getaucht wird. Dieser Vorgang kann mehrmals wiederholt werden, sodass mehrfarbige Muster erscheinen, wenn man anschließend das Wachs an einer Kerze schmelzen lässt und mit einem Läppchen abwischt. Bei der Wachsbossiertechnik, die fast in Vergessenheit geraten war und erst seit den 1990er Jahren wieder intensiv in Gebrauch ist, wird heißes, meist farbiges Wachs auf das naturbelassene oder gefärbte Ei aufgetupft. Dort bleibt es als Schmuckelement sichtbar. Bei der Kratztechnik werden mit einem scharfen Gegenstand (Messer, Feile oder Bohrer) Muster in das zuvor kräftig gefärbte Ei eingekratzt. Sie gleichen feinen, filigranen Zeichnungen und zeigen unterschiedliche, individuell variable Ornamente. Älter als die Kratztechnik ist die aufwendige Ätztechnik, die Ende des 20. Jh. stark zurückgegangen ist. Dabei werden mithilfe verdünnter Säure durch einen Gänsefederkiel oder eine Stahlfeder Muster in die schwache Farbschicht geätzt. Nach jedem Strich muss die überschüssige Säure rasch mit einem Tuch abgetupft werden, damit sie nicht auf dem Ei verläuft.
Von alters her wurde das Ei gefärbt. Schon die alten Ägypter, Chinesen und Perser
kannten gefärbte Eier, sie feierten z. B. das neue Jahr als „Fest des roten
Eis“. Da Rot eine alte Kult- und Opferfarbe ist, gilt die Rotfärbung seit
Jahrhunderten als die einfachste symbolische Verzierung. Bei den Sorben hieß
noch im 19. Jh. die Sitte, bei Paten das Ostergeschenk abzuholen, „nach den
roten Eiern gehen“ (niedersorb.
Wachreservetechnik
Kratztechnik
Ätztechnik
Die Kraft des Eis als magisches Symbol sollte durch Ornamente gesteigert werden.
Dabei gewannen überlieferte Zeichen, die zu Reihen kombiniert wurden, oft
tiefere Bedeutung. Heute werden zu heidnischer und christlicher Symbolik gern
persönliche Varianten hinzugefügt. Aus der Vielfalt der Möglichkeiten haben sich
v. a. stilisierte geometrische Formen behauptet. Sorbische Ostereier sind auf
Symmetrie, Harmonie, Rhythmik und Gleichgewicht ausgerichtet. Das geometrische
Ornament ist das älteste und findet sich bei den Wachstechniken in den
Grundformen Linie, Dreieck, Rhombus und Kreis. Die Darstellung der Sonne als
Quelle von Licht und Leben zählt in Form des Sonnenrads oder des Strahlenbündels
zu den ältesten und häufigsten Symbolen. Dreiecke stehen für verschiedene Formen
der Dreieinigkeit, die z. B. die göttliche Trinität oder die Familie
versinnbildlichen. Dies ist etwa in folgender Ornamentkette sichtbar: Das
Sonnenrad wird von einer Reihe aus Dreiecken, die im Volksmund auch Wolfszähne
genannt werden, umschlossen. Das Lebensglück (die Sonne) wird damit symbolisch
geschützt. Die Kombination verschiedener Symbole ergibt jeweils ein Grundmotiv:
den Wunsch nach Glück und Liebe sowie nach Schutz vor dem Bösen. Das stilisierte
Ornament dominiert in der Kratz- und Ätztechnik, besonders bei der Darstellung
von Blumen, Ranken, Rosetten, Sternen und im sog. Lebensbaum als Sinnbild für
Fruchtbarkeit und Wachstum. Als christliche Ostersymbole werden gern Lamm und
Kreuz verwendet. In der naturalistischen Ornamentik erscheinen Schnee- und
Maiglöckchen, mitunter ganze Jagdszenen mit Rehen, Hasen, Vögeln oder sogar
Bienen. In einigen Teilen der Lausitz war es früher üblich, einen Spruch auf das
Ei zu kratzen, namentlich gute Wünsche zum Osterfest oder sorbische
Seit Mitte des 20. Jh. haben sich Muster und Farben gewandelt. Dazu hat besonders der vom
Lit.: L. Balke: Das Ei: Vom Kultgegenstand zum Souvenir. Unter besonderer Berücksichtigung der sorbischen Ostereier, in: I. Ziehe: Rund und schön. 10 Jahre Europäischer Ostermarkt, Berlin 2003; J.-M. Čornakec: Kleine sorbische Ostereierfibel, 7. Auflage, Bautzen 2010.
Metadaten
Kunstvoll verzierte und geschmückte Hühner- oder andere Eier, die vorwiegend in der Fastenzeit vor Ostern gestaltet werden. Überliefert sind bei den Sorben vier Verzierungstechniken: die Wachsreservetechnik, die Wachsbossiertechnik, die Kratztechnik und die Ätztechnik.
Kunstvoll verzierte und geschmückte Hühner- oder andere Eier, die vorwiegend in der Fastenzeit vor Ostern gestaltet werden. Überliefert sind bei den Sorben vier Verzierungstechniken: die Wachsreservetechnik, die Wachsbossiertechnik, die Kratztechnik und die Ätztechnik.