Archivalische Quellen zur Geschichte und Kultur der Sorben sind Bestandteile der
Lausitzer Überlieferung. Sie finden sich deshalb in allen Archiven der
jeweiligen Herrschaftsträger in der Ober- und Niederlausitz, als da sind zentrale und regionale
Landesarchive, Stadt-, Kreis- und Gutsarchive, zentrale Kirchenarchive und
lokale Pfarrarchive. Für die Geschichtsschreibung bedeutsam
sind das Historische Archiv der Oberlausitz im Staatsfilialarchiv Bautzen, das Sächsische Hauptstaatsarchiv
in Dresden, das Brandenburgische
Landeshauptarchiv in Potsdam mit den
Beständen des ehemaligen Landesarchivs Lübben, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in
Berlin, das Staatsarchiv
Breslau (Archiwum Państwowe we
Wrocławiu), das Nationalmuseum und die Slawische Bibliothek in Prag, unter den Kirchenarchiven das
Bistumsarchiv der Diözese Dresden-Meißen (Domstiftsarchiv) in Bautzen, Archive der evangelischen
Kirche und das Archiv der Brüderunität Herrnhut. Materialien zur außenpolitischen Konstellation der
sorbischen Frage finden sich u. a. im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes
in Berlin.
Es ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der Quellen aus der Frühen Neuzeit keinen
eindeutigen Hinweis auf die Herkunft der historischen Akteure enthält. Die
Feststellung der Ethnizität ist vielfach nur anhand der Siedlungsgeschichte
und/oder durch Ableitung der Familiennamen möglich. „Wendensachen“ (→ Wenden) als Aktenbetreffe sind selten.
Quellen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit sorbischen Belangen entstanden
bzw. darüber Aussagen treffen, widmen sich meist der Sprachproblematik in Kirche,
Schule und dem damit verbundenen Schrifttum sowie vor Gericht. Als
eigenständiger, kulturhistorisch wertvoller Bestand muss die Überlieferung der
Wendischen
Predigergesellschaft zu Leipzig im Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenarchiv
Sachsens erwähnt werden. Schriftliche Zeugnisse der slawischen Wechselseitigkeit
im 19. und 20. Jh., die sich häufig aus persönlichen Beziehungen ergaben und in
den Unterlagen ausländischer Sorabisten als Reiseberichte oder Korrespondenzen
erscheinen, aber auch der Schriftverkehr von Freundesgesellschaften befinden
sich in den Archiven der jeweiligen Länder, etwa im tschechischen
Literaturarchiv in Prag und Litoměřice (Literární archiv Památníků národního písemnictví).
Seit dem 19. Jh. bezogen sich die Dokumente der deutschen Verwaltung in
staatlichen Archiven auch direkt auf das sorbische Kulturleben oder dienten der
Beobachtung ausländischer Kontakte der Sorben. Von 1920 bis 1945 gab es dafür
als Reichsbehörde die Wendenabteilung, deren Überlieferung das Staatsfilialarchiv Bautzen
besitzt. Akten von staatlichen sorbischen Institutionen aus der DDR-Zeit bewahren die jeweiligen Staatsarchive
sowie das Sorbische
Kulturarchiv auf.
Bestandsverzeichnis vom Nachlass Michał Hórniks in der Slawischen Bibliothek
in Prag; Repro: Sorbische Zentralbibliothek am Sorbischen Institut
Die Aufbewahrung von Dokumenten als historischen Quellen ist ein sekundärer
Aspekt der Archivgeschichte. Sammlungen sorbischer Hand- und Druckschriften
entstanden erst, als darin ein kulturhistorischer Wert erkannt wurde. Als
einziges Archiv dieser Provenienz existiert das Sorbische Kulturarchiv beim Sorbischen Institut in
Bautzen, das auf die Sammeltätigkeit der 1847 gegründeten Maćica Serbska
zurückgeht.
Von besonderem Interesse für die sorabistische Kultur- und Sprachforschung sind
Dokumente in Sorbisch. Die ältesten Sprachdenkmale bilden Bürgereide (→ Eid), überliefert aus dem Jahr 1532 für
Bautzen (Stadtarchiv) und Mitte des 16. Jh. für Lieberose (Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam). Mit
Ausnahme der Bürgereide und der Gerichtsakten sind die meisten ungedruckten
Sprachzeugnisse nicht aus einem Verwaltungsakt hervorgegangen. Es handelt sich
überwiegend um Übersetzungen religiöser Literatur, ihre Aufbewahrungsorte sind
entsprechend vielfältig, sowohl in Archiven als auch in Bibliotheken. So
befindet sich z. B. die handschriftliche Übersetzung des Neuen Testaments von
Mikławš Jakubica (1548) in der
Staatsbibliothek zu Berlin, ein niedersorbischer Psalter (2. Hälfte des 16. Jh.)
in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Ähnliches gilt für Handschriften über die Sorben,
etwa die volkskundliche Beschreibung der Oberlausitz von Abraham Frencel (1729) in der
Christian-Weise-Bibliothek in Zittau.
Lit.: Lausitzer Archivlandschaften. Beiträge der wissenschaftlichen Tagung zum
75-jährigen Jubiläum des Staatsfilialarchivs Bautzen, Halle/Saale 2009.