Gesamtheit der ober- und niedersorbischen
Das altsorbische Sprachgebiet, das auf der Basis von Namen (bes. der Toponyme)
anhand lautlicher und struktureller Kriterien ermittelt werden kann, dürfte im
8. Jh. seine größte Ausdehnung erreicht haben. Die Grenzen lassen sich
lokalisieren durch Oder, Bober und Queis im Osten (heute auf polnischem
Territorium), Elbe und Saale im Westen (mit Siedlungsspuren bis zum Main, nach
Oberfranken und Nordbayern), eine ungefähre Linie zwischen
Die Ausdehnung des Sprachgebiets Ende des 16. Jh. zeigt eine Landkarte der
Oberlausitz von
Während die Sprache der
Gliederung der slawischen Sprachen
Die Siedlungsgebiete der Lusizer und Milzener waren zunächst durch einen ca. 30
km breiten unbewohnten Heidestreifen voneinander getrennt, dessen Besiedlung im
Hochmittelalter von Norden her durch niedersorbische Siedler erfolgte. Erst
später wurde dieses Gebiet auch von Süden durch Sprecher des Obersorbischen
eingenommen. So bildeten sich die sog. Übergangsdialekte heraus (→
Im Mittelalter stellte die sorbische Bevölkerung im Wesentlichen die Schicht leibeigener und höriger Bauern, weshalb das Sorbische funktional weitgehend auf die private bzw. halboffizielle Sphäre des Kontakts innerhalb der Familie bzw. der Dorfgemeinschaft beschränkt war. Das Fehlen überregionaler Kommunikation förderte die dialektale Differenzierung und verhinderte gleichzeitig die Herausbildung eines gemeinsamen Schrifttums.
Obwohl sich bereits zu Beginn des 16. Jh. eine sorbische Intelligenz herausbildete, entstand
zunächst keine sorbische
Als westslawische Sprachen weisen das Ober- und das Niedersorbische die
gemeinsamen Merkmale dieser Sprachengruppe auf. Dazu gehören u. a. der Erhalt
der Anlautgruppen *
Das Sorbische der Gegenwart wird durch die Sprachvarietäten Schriftsprache (auch Standard-
oder Literatursprache), Umgangssprache und Dialekt repräsentiert. Die
obersorbische und die niedersorbische Schriftsprache stellen jeweils das
überregionale und allgemein verbindliche Verständigungsmittel dar. Den Gegenpol
bilden die Dialekte als nur gesprochene Sprachen in ihrer spezifischen
regionalen Ausprägung. Als Zwischenstufe gilt die Umgangssprache. Als
obersorbische Umgangssprache betrachtet man die Varietät des Obersorbischen, die
von denjenigen Sorben, die nach 1945 geboren wurden und in Städten aufgewachsen
sind, im inoffiziellen und privaten Bereich gesprochen wird. Diese Sprachform
basiert einerseits auf verschiedenen Dialekten, andererseits auf der
Schriftsprache. Im Niedersorbischen könnte man die mündliche Form der
Schriftsprache, die von der niedersorbischen Bildungsschicht im inoffiziellen
und privaten Bereich genutzt wird, als Umgangssprache bezeichnen. Deren Sprecher
haben sich das Niedersorbische meist als Fremdsprache angeeignet und verfügen
nur selten über dialektale Kompetenz. Der Terminus sorbische Umgangssprache wird
in neuester Zeit von
Alle Sprecher des Sorbischen sind heute ausnahmslos zweisprachig und bilden in ihrem
Siedlungsgebiet – bis auf die
Standardisierungsgrad und Funktionsbreite der beiden sorbischen Schriftsprachen sind
ungleich. Das Obersorbische ist aufgrund seiner reichen schriftsprachlichen
Tradition und der größeren Sprecherzahl strukturell besser ausgebaut und
polyfunktional. Der Gebrauch beider sorbischen Schriftsprachen ist jedoch in
allen Domänen begrenzt, intensiv ist er im Bereich der Bildung und Kirche, kaum
üblich in der Verwaltung (→
Lit.: H. Faßke: Die sorbische Sprache als Objekt wissenschaftlicher Beschreibung, in: H. Faßke unter Mitarbeit von S. Michalk: Grammatik der obersorbischen Schriftsprache der Gegenwart. Morphologie, Bautzen 1981; H. Faßke: Der Weg des Sorbischen zur Schriftsprache, in: Language Reform: History and Future, Vol. VI, Hg. I. Fodor/C. Hagège, Hamburg 1994; H. Faßke: Deutsch – Sorbisch, in: Kontaktlinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung, Hg. H. Goebl/P. H. Nelde/Zd. Starý/W. Wölck, Berlin/New York 1997; H. Schuster-Šewc: Das Sorbische im slawischen Kontext. Ausgewählte Studien, Bautzen 2000; L. Scholze: Das grammatische System der obersorbischen Umgangssprache im Sprachkontakt, Bautzen 2008.
Metadaten
Gesamtheit der ober- und niedersorbischen Dialekte einschließlich der Übergangsdialekte sowie der ober- und niedersorbischen Schriftsprache; Eigenbezeichnungen serbšćina bzw. obersorb.
Gesamtheit der ober- und niedersorbischen Dialekte einschließlich der Übergangsdialekte sowie der ober- und niedersorbischen Schriftsprache; Eigenbezeichnungen serbšćina bzw. obersorb.