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Wendenpforte
von Alfred Roggan

Nebeneingang an mehreren Kirchen in der Niederlausitz, der inzwischen meist verschlossen wurde. In regionalen Kirchenbeschreibungen wird auf die sogenannte Wendenpforte hingewiesen, die an einigen spĂ€tmittelalterlichen Kirchen auf der Nordseite zu finden ist. Sie erscheint von außen im östlichen Drittel als auffallend niedrige und schmale Eingangspforte, von innen jedoch in nahezu normalen Ausmaßen. Die Wendenpforte ist heute oft vermauert, so z. B. an den Backsteinkirchen von Briesen, Kolkwitz oder Papitz. Gemeinsam ist allen Wendenpforten die einstige rĂ€umliche NĂ€he bzw. direkte Blickbeziehung zum Taufstein sowie zum Altarvorfeld. Diese Konstellation wird in örtlichen Überlieferungen so erklĂ€rt: Die einstmals heidnischen Wenden sollten durch die geringe Durchgangshöhe zur demĂŒtigen Geste des Kopfsenkens oder des Kniebeugens vor Altar und Taufstein gezwungen werden.

Wendenpforte an der Kirche in Sacro; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Zugemauerte Wendenpforte an der Kirche in Kolkwitz; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Diese Deutung beruht freilich auf romantisierenden Mythen und scheint im ersten Drittel des 19. Jh. aufgekommen zu sein. Sie fand keine Aufnahme in wissenschaftliche Veröffentlichungen bzw. Baubeschreibungen. Dies wohl auch deshalb, weil die Dorfkirchen erst errichtet wurden, als die Christianisierung schon 100–200 Jahre formal abgeschlossen war, »Heiden« also nicht mehr existierten. Die eigentliche Bestimmung der Pforten als PriestereingĂ€nge kann deren Lage im BaugefĂŒge sowie eine gelegentliche Ähnlichkeit mit SakristeizugĂ€ngen anderer spĂ€tmittelalterlicher Kirchen erkennen helfen. Die geringe Durchgangshöhe nach Anhebung des GelĂ€ndeniveaus, etwa durch Sandanflug oder Bestattungen, ist somit ein kulturelles Zeugnis der Bauwerksgeschichte, nicht der Beweis fĂŒr Heidenbekehrung.

Lit.: K. Reissmann: Die KunstdenkmĂ€ler der Provinz Brandenburg, Bd. 5, Teil 3: Die KunstdenkmĂ€ler des Stadt- und Landkreises Cottbus, Berlin 1938; Mittelalterliche Dorfkirchen – sakrale Baukunst im Umland von Cottbus/​Chóƛebuz, Hg. Wendisches Museum, Cottbus 2001.

Metadaten

Titel
Wendenpforte
Titel
Wendenpforte
Autor:in
Roggan, Alfred
Autor:in
Roggan, Alfred
Schlagwörter
TĂŒr; Architektur; Baudenkmal; Kirchenbau; Mythos; Pforte
Schlagwörter
TĂŒr; Architektur; Baudenkmal; Kirchenbau; Mythos; Pforte
Abstract

Heute meist verschlossener Nebeneingang an mehreren Kirchen in der Niederlausitz. Sie befand sich hÀufig in rÀumlicher NÀhe bzw. direkter Blickbeziehung zum Taufstein sowie zum Altarvorfeld.

Abstract

Heute meist verschlossener Nebeneingang an mehreren Kirchen in der Niederlausitz. Sie befand sich hÀufig in rÀumlicher NÀhe bzw. direkter Blickbeziehung zum Taufstein sowie zum Altarvorfeld.

Enthalten in Sammlung
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Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
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