XS
SM
MD
LG
XL
XXL
🌐
Ausstellung des SÀchsischen Hand­werks und Kunst­gewerbes 1896
von Hans Mirtschin

PrĂ€sentation im Ausstellungspalast an der StĂŒbelallee in Dresden, die von Juni bis September 1896 unter der Schirmherrschaft des sĂ€chsischen Königs Albert stattfand. Sie stand in der Tradition der seit Mitte des 19. Jh. veranstalteten Industrie- und Gewerbeschauen und sollte die Leistungskraft des sĂ€chsischen Handwerks aufzeigen.

Werbeblatt fĂŒr die Wendische ethnograïŹsche Ausstellung; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

WĂ€hrend die Erinnerungen an die Handwerksmesse schnell verblassten, wurden die ergĂ€nzenden Freiluftanlagen „Alte Stadt“ und „Dorfanlage“ fĂŒr die sĂ€chsische und die sorbische Volkskunde folgenreich. Beide Ausstellungsteile entsprachen dem Muster der ethnografischen Schaubilder, die seit der Pariser Weltausstellung von 1867 derartige Expositionen begleiteten. Aus der vom Maler Oskar Seyffert und Landbaudirektor Karl Schmidt zusammengetragenen Sammlung ging 1913 das Landesmuseum fĂŒr SĂ€chsische Volkskunst hervor. Der 1897 gegrĂŒndete Verein fĂŒr sĂ€chsische Volkskunde war ebenso eine Konsequenz der Ausstellung wie der 1908 entstandene Landesverein SĂ€chsischer Heimatschutz. Die „Dorfanlage“ sollte, als GegenstĂŒck zur „Alten Stadt“, sĂ€chsische Volksarchitektur vorstellen. Angeregt durch ArnoĆĄt Muka und ermutigt durch die Böhmisch-slawische ethnografische Ausstellung 1895 in Prag, erfolgte jedoch eine Ausrichtung auf Architekturen und ethnografische Objekte aus der sorbischen Lausitz.

Schon auf der Weltausstellung 1893 in Chicago wurde als Teil eines „Deutschen Dorfes“ ein Spreewaldhaus gezeigt und auf der Berliner Gewerbeausstellung 1896 ein Spreewaldgehöft errichtet, in dessen Scheune das Museum fĂŒr deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes (Berlin) seine Spreewaldstube zu Werbezwecken aufgebaut hatte. Mukas Bestreben war es, inspiriert von der Prager Ausstellung, das sorbische Volk in der Gesamtheit seiner LebensĂ€ußerungen vorzufĂŒhren. Statt „Dorfanlage“ verwendete man die Bezeichnung „Wendisches Dorf“. Nur zwei GebĂ€ude hatten ihren Ursprung außerhalb des sorbischen Siedlungsgebiets. Das „Pillnitzer Haus“ ging auf ein GebĂ€ude aus Ebersbach im Oberlausitzer Bergland zurĂŒck, das „Erbgericht“ war der Nachbau eines Gasthauses aus dem böhmischen Herrnskretschen/​heute: Hƙensko (Tschechien). Die von Ralbitz nach Dresden versetzte „Alte Schule“ mit ihren Block- und FachwerkwĂ€nden bildete das zentrale GebĂ€ude des „Wendischen Gehöfts“. Eine Spreewaldlandschaft mit typischem Blockhaus und einem GewĂ€sser, auf dem SpreewaldkĂ€hne verkehrten, gehörte dazu. Der Architekt war August Grothe, dessen Entwurf fĂŒr das Wendische Haus in Bautzen ebenfalls gezeigt wurde. Handelte es sich bei den HĂ€usern, bis auf die „Alte Schule“, nicht um Objekte, die strenger ethnografischer NachprĂŒfung standhielten, so bemĂŒhte sich der Architekt doch um eine AnnĂ€herung an die Realstrukturen. Von den elf GebĂ€uden der Ausstellung sind fĂŒnf in verschiedenen Gegenden Sachsens erhalten geblieben. Das von Grothe nach dem Muster der TorhĂ€user in Dörfern der Lausitzer Heide entworfene TorgebĂ€ude wurde 2005 in NebelschĂŒtz wieder aufgestellt.

Blick in das „Wendische Dorf“; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut

Das Objekt, durch das die „Dorfanlage“ im Sinne eines „Wendischen Dorfes“ Eindeutigkeit erlangen sollte, das „Wendische Volksmuseum“, gehörte nicht zum ursprĂŒnglichen Plan. Im „Wendischen Volksmuseum“ wurden die Zeugnisse sorbischer Volkskunst und sorbischen Volkslebens prĂ€sentiert. Die Ausstellung war aus ĂŒber 1 400 eingesandten Exponaten aufgebaut worden. Im Mittelpunkt standen aus 60 Trachtenfigurinen gebildete Szenen aus dem sorbischen Dorfleben: Kirchgang, Spinnstube, Hochzeitszug, Tanz nach dem Hochzeitsmahl.

Das „Wendische Dorf“ hatte fĂŒr das sorbische Kulturleben eine vergleichbare Bedeutung wie die Gesamtausstellung fĂŒr die sĂ€chsische Volkskunde. Aus dem „Wendischen Volksmuseum“ ging das Wendische Museum in Bautzen hervor. Die fĂŒr die Ausstellung von 1896 zusammengestellte Sammlung bildet bis heute den Grundstock des Sorbischen Museums. WĂ€hrend der Schau kredenzten Sorbinnen in Tracht den Besuchern Milch, sorbische Musikanten aus Schleife spielten auf und ein Hochzeitsbitter geleitete die GĂ€ste in die SchankstĂ€tte „Pillnitzer Haus“. Höhepunkte waren zwei Konzerte mit 180 SĂ€ngerinnen und SĂ€ngern in Tracht unter Leitung von Bjarnat Krawc sowie eine Kirmes mit Bauerntheater, ein Hochzeitszug und ein Maibaum. Bei einem Trachtenfest kamen von 2 000 Teilnehmern 1 200 aus der sorbischen Region. Im Gegensatz zum ĂŒbrigen Sachsen stellten die Sorben Trachten vor, die im Alltag, beim Kirchgang und zu Festlichkeiten noch in Gebrauch waren.

Lit.: H. Mirtschin: Das Wendische Dorf auf der Ausstellung des SĂ€chsischen Handwerks und Kunstgewerbes in Dresden 1896. Bausteine zu seiner Rekonstruktion, in: Lětopis 41 (1994) 1; Korjenje – Wurzeln. Über die Sorbische volkskundliche Ausstellung in der Ausstellung des SĂ€chsischen Handwerks und Kunstgewerbes 1896 in Dresden, Hg. G. Bruk, Bautzen 1996; M. Wörner: VergnĂŒgen und Belehrung. Volkskultur auf den Weltausstellungen 1851–1900, MĂŒnster 1999; M. Kania-SchĂŒtz: Volkskunde oder Volkskunst? Oskar Seyffert und sein Engagement fĂŒr die Volkskunde in Sachsen, in: Volkskunde in Sachsen, Heft 13/14, Dresden 2002.

Metadaten

Titel
Ausstellung des SÀchsischen Hand­werks und Kunst­gewerbes 1896
Titel
Ausstellung des SÀchsischen Hand­werks und Kunst­gewerbes 1896
Autor:in
Mirtschin, Hans
Autor:in
Mirtschin, Hans
Schlagwörter
Ausstellung; TemporÀre Architektur; Volksarchitektur; Museum; Volkskundemuseum; Ethnografie; Volkskunde; Volkskunst; Kulturereignis
Schlagwörter
Ausstellung; TemporÀre Architektur; Volksarchitektur; Museum; Volkskundemuseum; Ethnografie; Volkskunde; Volkskunst; Kulturereignis
Abstract

PrĂ€sentation im Ausstellungspalast an der StĂŒbelallee in Dresden, die von Juni bis September 1896 unter der Schirmherrschaft des sĂ€chsischen Königs Albert stattfand. Sie stand in der Tradition der seit Mitte des 19. Jh. veranstalteten Industrie- und Gewerbeschauen und sollte die Leistungskraft des sĂ€chsischen Handwerks aufzeigen.

Abstract

PrĂ€sentation im Ausstellungspalast an der StĂŒbelallee in Dresden, die von Juni bis September 1896 unter der Schirmherrschaft des sĂ€chsischen Königs Albert stattfand. Sie stand in der Tradition der seit Mitte des 19. Jh. veranstalteten Industrie- und Gewerbeschauen und sollte die Leistungskraft des sĂ€chsischen Handwerks aufzeigen.

Enthalten in Sammlung
Enthalten in Sammlung
Im Sorabicon 1.0 zu finden unter
Im Sorabicon 1.0 zu finden unter

Entdecke mehr

Sorben
Wendische Kirchen
Sprach­purismus
Volksbauweise
Nationale Wiedergeburt
Dialekte