Südliches Gebiet der Niederlausitz.
Schließt im Norden an den Cottbuser
Kreis, im Westen an die Calauer
Region, im Osten an die Neiße sowie an die Schleifer Region an. Mittelpunkt ist die Stadt
Spremberg mit den umliegenden 41
Ortschaften. Bis Mitte des 19. Jh. weitgehend sorbisch und ländlich geprägt,
veränderte sich die ethnische Struktur der Spremberger Region durch den Braunkohlenbergbau grundlegend.
Seit dem hohen Mittelalter von Norden und Süden her durch Sorben besiedelt, war das ertragsarme Gebiet von der
deutschen Kolonisation kaum betroffen.
1349 besaß der thüringische Graf Günther von
Schwarzburg-Wachsenburg Stadt und Schloss Spremberg, 1360 kaufte
Kaiser Karl IV. die Herrschaft
Spremberg für 5 050 Schock Prager Groschen. 1394 verpfändete Johann von Görlitz, ein Sohn Karls IV. und
Herr der Niederlausitz, Schloss und Stadt an Otto
von Kittlitz. Danach kam es zum häufigen Wechsel der
Herrschaften. 1680 erstand Herzog Christian I.
von Sachsen-Merseburg aus dem Konkurs der Familie Redern/Kittlitz
die Herrschaft Spremberg. Nach seinem Tod und dem Erlöschen dieser Linie fiel
1738 die gesamte Markgrafschaft wieder an Kursachsen. Sie war von
brandenburgischen und Saganer
Enklaven durchsetzt.
Karte-Iris Brankackowa: Spremberger Region um 1790; Karte: Iris Brankatschk
Wendische Kirche in Spremberg, 2013; Fotografin: Hana Schön, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Proschimer Jugend, 1943; Fotograf: Karl Domann, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
In der Spremberger Region erfolgte die Reformation um 1537. Seitdem ist auch die Wendische Kirche in Spremberg bezeugt, in der
für die Landgemeinden sorbisch gepredigt wurde. 1705 brannte sie beim großen
Stadtbrand ab und wurde 1713 als Fachwerkbau neu errichtet. Wegen Geldmangels
fand die Einweihung erst 1735 statt. Baufällig geworden, erhielt sie 1835 einen
klassizistischen Neubau. Sorbische Gottesdienste wurden auch in den Kirchspielen
der Region gehalten. Als 1815 die Niederlausitz preußisch wurde, kam es zu
einschneidenden Veränderungen bei der Anwendung der sorbischen Sprache: Der
Schulunterricht durfte nur noch in Deutsch erteilt werden, die sorbische Predigt
wurde schrittweise eingeschränkt. Die sorbischen Gottesdienste endeten in
Dubraucke (seit 1937 Eichwege) 1860, in Graustein 1876, in Groß Buckow 1869, in Groß Luja 1879, gänzlich 1898, in
Hornow 1880, gänzlich 1908, in
Jessen 1865, danach gab es noch
einige Jahre Lesegottesdienst durch den Lehrer, in Stradow 1874, gänzlich 1889, in Steinitz 1897, in Welzow 1897, in Wolkenberg 1884, gänzlich 1889, in
Spremberg 1874, danach gab es
noch einige Jahre an Feiertagen nachmittags Lesegottesdienst.
1924 bescheinigten auf Anfrage des Kreisschulrats die Gemeindevorsteher von
Graustein, Groß Luja, Klein Buckow, Lieskau, Sellessen,
Terpe und Weskow, dass bei ihnen die Kinder noch das
Sorbische verwendeten.
In Spremberg etablierte sich 1837 die Druckerei Saebisch (→ Buchdruck), die ab 1842 auch sorbische Gesang- und
Predigtbücher sowie andere geistliche Schriften druckte. Eine weitere Druckerei
wurde 1907 von Christian Greschow in
Neuwelzow gegründet.
Bauernhof in Gosda, 1966; Fotograf: Błažij Nawka, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Bis Ende des 19. Jh. bewahrte die im Kreis Spremberg getragene Tracht ihren besonderen Charakter, wandelte sich aber –
vom allgemeinen Geschmack beeinflusst – zu Beginn des 20. Jh.: Die Kuschaua
(kleine Haube) wurde abgelegt, die Jackenformen passten sich der städtischen
Mode an. Einzelne neue Teile der Festtracht, wie Spitzenhaube und bestickte
Schürzen, wurden aufgenommen. In dieser Form wurde sie bis Mitte des 20. Jh.
getragen, vorhandene Trachtenstücke danach noch zum Zampern verwendet (→ Fastnacht). Von Tanzgruppen und
Trachtenvereinen wird sie heute bei Festen gezeigt.
Spinnstubentracht aus Groß Buckow, 1977; Fotograf: Lotar Balke, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Das Jahresbrauchtum beginnt mit der „Gromada“ (zu niedersorb. gromada
,Versammlung‘), einer Art Rechenschaftslegung über das vergangene Jahr, die mit
einem Umtrunk endet. Dem schließt sich die Fastnacht an, die mit dem Verzehr der
eingezamperten Gaben ausklingt. Ein reiches Brauchtum rankt sich um das
Osterfest (→ Osterbräuche): das Verzieren
von Ostereiern, das Ostersingen, das sich bis
zum Ortsabbruch in Wolkenberg als Singen der Burschen erhalten hat, das
Osterfeuer, das gemeinschaftliche Osterwasserholen und das Waleien. Zum 1. Mai
wird der Maibaum (→ Maibaumwerfen)
aufgestellt und Ende Mai geworfen; zum Pfingstfest werden die Hoftore mit
Pfingstmaien geschmückt. Ist die Ernte beendet, wird auf dem Feld mit einem
Imbiss „Kokot“ gefeiert (→ Erntebräuche).
Nach fester Reihenfolge wird in den Dörfern die Kirmes begangen, die sich inzwischen zum Familienfest gewandelt hat.
Im Herbst findet bzw. fand das Vogelschießen statt.
In der Volksliedersammlung von Leopold
Haupt und Jan Arnošt
Smoler (1841/43) sind 20 Lieder aus der Spremberger Region zu
finden. Allein in Türkendorf und
weiteren Orten des Kirchspiels Groß Luja sammelte Jan Boguchwał Markus 1837/38 75 sorbische Volkslieder. Auch die
sorbische Musik spielte im 19. Jh. in der Region eine große Rolle. So warb das
Spremberger Kreisblatt 1850 für das sonntägliche Tanzvergnügen
„Rejowatzschinium“ (von obersorb. rejować ,tanzen‘), bei dem
Dudelsackmusik erklang (→ Volksmusikinstrumente).
Erster Band von Erwin Strittmatters Romantriologie, Aufbau-Verlag 1985–1992
Mit Feudalablösung und Separation wandelten sich die Formen der Volksbauweise. Die traditionellen Blockbauten
wurden z. T. durch Fachwerk- und schließlich durch Rohziegelbauten abgelöst.
Sonderformen wie das Torhaus verschwanden, es kam meist zur aufgelockerten
Hofform, dem Drei- und Vierseithof.
Von der Mitte des 19. Jh. einsetzenden Industrialisierung war die Spremberger Region stark betroffen. Bereits
1843 kam es zum Aufschluss von Braunkohlengruben. 1856 wurde in Spremberg die
erste Tuchfabrik und 1861 die erste Pappenfabrik errichtet. Durch den Bergbau
devastiert wurden die Ortschaften Gosda, Groß Buckow,
Haidemühl, Jessen, Josephsbrunn, Kausche, Klein Buckow, Radewiese, Roitz,
Stradow, Straußdorf, Wolkenberg und
z. T. Pulsberg.
In Spremberg wirkte zu Beginn des 20. Jh. der Arzt, Komponist und Autor Kurt Karnawka, der seine sorbische Herkunft
in Kompositionen und Texten thematisierte („Wendische Tänze für Pianoforte“,
1900; „Der Wendenbauer“, 1933 u. a.). Aus dem östlichen Teil der Spremberger
Region, aus Bohsdorf, stammte der
Schriftsteller Erwin Strittmatter, der
die deutsch-sorbische Alltagswelt in der Zeit der Weimarer Republik auch sprachlich nachgewiesen
hat. Besonders im Romanzyklus „Der Laden“ sowie in einigen
„Großvatergeschichten“ setzte er dem sog. „Ponaschemu“ (Lausitzer Dialekt mit
Versatzstücken des Sorbischen) ein literarisches Denkmal.
Lit.: E. Muka: Statistika łužiskich Serbow, Bautzen 1884–1886; Gesamtgeschichte
des Kreises Spremberg, bearb. von K. Märten, Spremberg 1924; R. Lehmann: Das
Wendentum im Kreise Spremberg um die Mitte des 19. Jahrhunderts, in:
Kreiskalender Cottbus Calau Spremberg 1930, Cottbus 1929; F. Förster: Der
Braunkohlenbergbau bei Spremberg bis 1880, in: Lětopis B 24 (1977) 1; Sorbische
Identität und Kultur in der Ortslage Proschim (Prožym) mit Karlsfeld, Hg. E.
Tschernokoshewa u. a., Bautzen 2011.