Epoche zwischen 1949 und 1990, die mit der Gründung eines sozialistischen Staates
nach sowjetischem Vorbild im Osten Deutschlands begann. Ihr ging die
Machtübernahme der Kommunisten in der Sowjetischen Besatzungszone zwischen 1945
und 1949 voraus. Sie endete 1989/90 mit der
Nach der deutschen Kapitulation am 8.5.1945 kam es in der
In der
Sorbische Delegation beim Präsidenten der DDR Wilhelm Pieck, 1950; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Zeugnisausgabe an die erste Abiturklasse der Sorbischen Oberschule, 1951; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
In den 1940er und 1950er Jahren stand der Aufbau des Schulwesens und eines
Institutionennetzes im Vordergrund der sorbischen Bemühungen. Am 6.1.1946 wurde
in Radibor das erste sorbische
Seit 1947 arbeitete wieder eine sorbische Druckerei (bis 1956 als private Genossenschaft), ab
Juli 1947 erschien die obersorbische Tageszeitung „Nowa doba“; die
niedersorbische Wochenzeitung „Nowy Casnik“ folgte ab Dezember 1947 zunächst als
monatliche Beilage (→
Noch vor Gründung der DDR erreichten Mitglieder der Domowina nach einem Vorschlag
von Korla Janak, dass am 23.3.1948 vom Sächsischen Landtag das Gesetz zur
Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung erlassen wurde, das als Grundlage
des späteren Minderheitenschutzartikels 11 der DDR-Verfassung von 1949 diente (→
Der politisch-ideologische Einfluss auf die sorbischen Entwicklungen nahm seit dem Zusammengehen der Domowina mit der SED stetig zu. Damit einher ging der Bruch mit dem Sorbischen Nationalausschuss im Oktober 1946. Nach einer Beratung führender Domowina-Vertreter mit dem Parteivorstand der SED im November 1947 wurde die Domowina als alleinige Interessenvertreterin in der zweisprachigen Region anerkannt und entsprechend ausgerichtet. Mitglieder des Nationalausschusses wurden diskreditiert, in den folgenden Jahren kam es zu politisch motivierten Verhaftungen wie 1950 von Jurij Rjenč und Bjarnat Rachel. Seit Beginn des offenen Konflikts zwischen Jugoslawien und der Sowjetunion 1948 gerieten weitere Sorben unter dem Verdacht des Titoismus ins Visier der Staatssicherheit.
Wahlplakat von Horst Šlosar, 1958; Repro: Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Margot Honecker besucht den Festakt zum 10. Jahrestag des Sorbischen Instituts für Lehrerbildung, 1956; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Die sorbische Jugend versuchte im Zuge der Brigadebewegung mit der Schaffung der „Serbska młodźina“ am 13.7.1946 eine eigenständige Organisation aufzubauen, sie wurde jedoch bald sukzessive in die Freie Deutsche Jugend (FDJ), der einzig staatlich anerkannten Jugendorganisation der DDR, überführt. Ebenso misslangen Bemühungen, in anderen Parteien wie CDU oder der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) nationale und kulturelle Belange der Sorben unabhängig zu behandeln, da alle Parteien bis Ende der 1940er Jahre den Vorgaben der herrschenden SED unterworfen wurden. Einzelne dort engagierte Sorben wie Pawoł Šołta (DBD) gerieten in Haft.
Durch Reorganisierung und Zentralisierung der Domowina wurden zwischen 1949 und 1956 in der Niederlausitz vier, in der Oberlausitz sechs Kreisverbände sowie ein Hochschulverband geschaffen. Gleichzeitig kam es zu personellen Veränderungen. Der bisherige Vorsitzende Pawoł Nedo wurde 1950 vom SED-Funktionär Kurt Krjeńc abgelöst, weitere Vorstandsposten wurden mit kaderpolitisch geschulten Personen besetzt, die bisher kaum in der sorbischen Bewegung aktiv gewesen waren. Krjeńc (bis 1973) und nach ihm der 1. Sekretär des Bundesvorstands Jurij Grós leiteten während der DDR-Zeit die Geschicke der Domowina und somit das offizielle sorbische nationale und kulturelle Leben. Die Kreisverbände in der Niederlausitz und in der östlichen Oberlausitz verzeichneten bis 1989 steigende Mitgliederzahlen, während die anfänglich hohen Zahlen in den Verbänden Bautzen, Crostwitz/Kamenz und Hoyerswerda stagnierten oder zurückgingen.
Auf Landesebene bestand seit 1946/47 in Sachsen ein Sekretariat für sorbische
Fragen beim Bezirksvorstand Lausitz der SED. In Brandenburg gab es zunächst kein
solches Gremium. Erst als durch eine Regierungsverordnung vom 12.9.1950, die
inhaltlich weitgehend dem sächsischen Sorbengesetz entsprach, auch in
Brandenburg eine gesetzliche Grundlage für die Förderung der Sorben geschaffen
war, wurde in
Kinder eines sorbischen Kindergartens beglückwünschen Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA), um 1966; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Bühnenprogramm zum III. Festival der sorbischen Kultur 1972 in Bautzen; Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Bis 1958 versuchte Fred Oelßner, Mitglied des SED-Politbüros, eine staatlich
streng gesteuerte, jedoch auf breite sprachliche und kulturelle Förderung
ausgerichtete Sorbenpolitik durchzusetzen. Unter diesen Bedingungen schritt die
Institutionalisierung des sorbischen Kulturlebens voran. 1951 und 1952
entstanden die wissenschaftlichen Institute in Bautzen (→
Im Bereich der
In
XI. Bundeskongress der Domowina 1987 in Cottbus; Fotograf: Rainer Weisflog, Sorbisches Kulturarchiv am Sorbischen Institut
Dokumentation zur politischen Verfolgung von Sorben in der DDR-Zeit, Domowina-Verlag 2004
Die Gründung eines staatlich geförderten Verlagswesens, die Institutionalisierung der Wissenschaft sowie die materielle Absicherung schriftstellerischer Tätigkeit boten günstige Rahmenbedingungen für eine kontinuierliche Literaturproduktion. Neben vielen Einzelveröffentlichungen konnten zahlreiche große Editionsprojekte realisiert werden, etwa die „Stawizny serbskeho pismowstwa“ (Geschichte des sorbischen Schrifttums, ab 1954), die Reihe „Sorbische Volkstrachten“ (ab 1954), der „Sorbische Sprachatlas“ (1965–1996) oder Gesamtausgaben namhafter sorbischer Autoren. Jedoch waren auch dem publizistischen Betrieb politisch-ideologische Grenzen gesetzt, Kontrolle und Zensur wirkten – wie in der gesamten DDR – in allen sorbischen Medien repressiv auf die freie Literaturentwicklung und Meinungsbildung ein.
Obwohl die strukturellen Bedingungen für die Sorben in der Lausitz besser als je zuvor waren,
gab es aufgrund systembedingter Beschränkungen ständig Konflikte. Zwischen 1952
und dem sog. „Sozialistischen Frühling“ 1960 kam es durch die
Trotz kultureller und schulischer Förderung schritt die
Noch wenig erforscht ist, in welchem Ausmaß sorbische Institutionen an der politisch-ideologischen Überwachung von Angehörigen der Minderheit und der sorbischen Kultur beteiligt waren. Das Ministerium für Staatssicherheit hatte in allen Einrichtungen inoffizielle Mitarbeiter angeworben, die oft selbst Sorben waren. Diese observierten sowohl die eigenen Kollegen als auch sorbische kulturelle Aktivitäten, die nicht von der Domowina ausgingen. So wurden einerseits politisch missliebig gewordene Sorben durch Verhaftung (so 1958 der sorbische Zeitungsredakteur Hinc Šołta), Entlassung, Versetzung und Diskreditierung aus der sorbischen Öffentlichkeit gedrängt und andererseits unabhängige Versuche kultureller Betätigung unterbunden (z. B. 1988 Verbot der Zeitung „Serbski Student“).
Studie über die Infiltration des sorbischen Kulturlebens durch die Staatssicherheit, Domowina-Verlag 2016
Das Verhältnis der christlichen
Auf evangelischer Seite konnten weder in der Ober- noch in der Niederlausitz Vereine etabliert werden, was auch durch die Zugehörigkeit der evangelischen Sorben zu drei verschiedenen Landeskirchen bedingt war. Vereinzelte Bemühungen zur Stärkung des öffentlichen kirchlichen Lebens blieben bis in die 1980er Jahre hinein weitgehend erfolglos und gingen auch danach nur von privaten Initiativen aus.
1987 wurde zwischen Domowina und sorbischen Christen ein Dialog eingeleitet. Dies widerspiegelte sich in gegenseitigen Einladungen zu Feierlichkeiten, der Einrichtung sorbischer kirchlicher Rundfunksendungen, Möglichkeiten von Meinungsäußerungen in sorbischen Medien sowie Gesprächen zwischen Funktionären und Geistlichen.
In der Zeit der politischen Wende waren es meist jüngere Intellektuelle und
Vertreter der Kirchen, die im Rahmen der
Lit.: Serbja pod stalinistiskim socializmom (1945–1960), Bautzen 1992; P. Schurmann: Die sorbische Bewegung 1945–1948 zwischen Selbstbehauptung und Anerkennung, Bautzen 1998; E. Pech: Die Sorbenpolitik der DDR 1949–1970. Anspruch und Wirklichkeit, Bautzen 1999; D. Kotsch: Minderheitenpolitik in der SBZ/DDR nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Sorben, sowjetische Besatzungsherrschaft und die staatliche Sorbenpolitik, Potsdam 2000; L. Elle: Die Domowina in der DDR, Bautzen 2010. T. Meškank: Sorben im Blick der Staatssicherheit. Die Akten der K 5 und des MfS der DDR 1949–1989, Bautzen 2016. P. Schurmann: Sorbische Interessen und staatliche Minderheitenpolitik in der DDR. Quellenedition (1947–1961), Bautzen 2016. M: Richter: Deutsche Parteien in der sorbischen Oberlausitz 1945–1953. Die politische Entwicklung in den zweisprachigen Kreisen nach dem Zweiten Weltkrieg, Bautzen 2017.
Metadaten
Epoche zwischen 1949 und 1990, die mit der Gründung eines sozialistischen Staates nach sowjetischem Vorbild im Osten Deutschlands begann. Ihr ging die Machtübernahme der Kommunisten in der Sowjetischen Besatzungszone zwischen 1945 und 1949 voraus. Sie endete 1989/90 mit der politischen Wende.
Epoche zwischen 1949 und 1990, die mit der Gründung eines sozialistischen Staates nach sowjetischem Vorbild im Osten Deutschlands begann. Ihr ging die Machtübernahme der Kommunisten in der Sowjetischen Besatzungszone zwischen 1945 und 1949 voraus. Sie endete 1989/90 mit der politischen Wende.