Verzeichnis von Büchern oder anderen Schriften, auch systematische Erfassung von
Publikationen zu einem bestimmten Thema. Die erste Aufzählung von Buchausgaben
in sorbischer Sprache bzw. über das Sorbische bot 1693 Abraham Frencel. Noch heute von Wert ist
Christian Knauthes chronologische
Bibliografie sorbischer Drucke im Anhang seiner Werke über die Geschichte des
Buchdrucks (1740) und des Kirchenwesens in der Oberlausitz (1767). Auch Pastor
Kryšan Bjedrich Faber, sein
Schwiegersohn Pětr Ponich und sein
Enkel Bohačesć Bjedrich Ponich
widmeten sich im 18. und zu Beginn des 19. Jh. der Sammlung und Beschreibung
aller sorbischen Drucke. Niedersorbische Bücher registrierte 1785 Carl Christian Gulde, eine knappe
Bibliografie der Literatur über die Sorben stammt
von Christian Adolph Pescheck („Neues
Lausitzisches Magazin“ 1844, 1846). Unveröffentlicht blieb Hendrich Awgust Krygars bis 1848 reichende,
kommentierte Bibliografie obersorbischer literarischer Editionen.
Mit der Gründung der Maćica
Serbska (1847) und ihrer Bibliothek (→ Bibliothek der Maćica
Serbska) erhielt die bibliografische Arbeit eine neue Grundlage und
eine veränderte Zielstellung. Korla Awgust
Jenč, der 1848 Krygars Manuskript für eine kurze Übersicht des
obersorbischen Schrifttums der evangelischen Sorben nutzte, stellte über 30
Jahre im „Časopis Maćicy Serbskeje“, meist im Fünfjahresturnus, eine
systematische Bibliografie sämtlicher selbstständiger sorbischer Drucke
zusammen. Seine Vorbemerkungen zeigen, dass ihm nicht allein am Nachweis des
Gedruckten lag – seine Bibliografie sollte ein Spiegel der sprachreformerischen,
volksbildnerischen und literaturfördernden Bemühungen der Maćica Serbska sein.
Nach Entstehung konfessioneller Buchgemeinschaften registrierte Handrij
Dučman speziell das Schrifttum der katholischen Sorben. Die
niedersorbische Literatur trug Jenč in einem eigenen, umfangreichen
bio-bibliografischen Verzeichnis zusammen.
Nach 1880 gibt es größere Lücken in der bibliografischen Erfassung. Erst in den 1920er Jahren
fand sich unter den Maćica-Mitgliedern mit Jakub
Wjacsławk ein geeigneter Bibliograf, der bei der Sächsischen
Landesbibliothek in Dresden tätig
und verantwortlich für die „Bibliografie der sächsischen Geschichte“ war. Er
katalogisierte im Herbst 1922 die Bibliothek der Maćica Serbska. Seinen 1924
gedruckten Katalog erweiterte er durch Ergänzungen und Zeitschriftenauswertungen
zu einer Art sorbischer Nationalbibliografie bei historisch-systematischer
Anlage. Seine knapp 5 000 Titel umfassende „Wendische (Sorbische) Bibliographie“
enthält nicht nur die „gesamte noch erreichbare, in wendischer Sprache gedruckte
Literatur“, sondern „auch alle jene Schriften und Aufsätze, die sich irgendwie
auf das wendisch-sorbische Volk beziehen, ganz gleich in welcher Sprache sie
erschienen sind“ (Wjacsławk). Max
Vasmer gab 1929 diese Bibliografie gegen Widerstände
deutsch-nationaler Kreise in den „Veröffentlichungen des Slavischen Instituts
der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin“ heraus. Wjacsławk, nach 1945 Leiter der Städtischen
Bücherei und der Außenstelle des Sächsischen Staatsarchivs in Bautzen, bereitete damals eine zweite,
erweiterte Auflage seiner Bibliografie vor, die 1952 in den Berichten der
Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig erschien.
Jakub Wjacsławk; Fotograf: Kurt Heine, Sorbisches Kulturarchiv
am Sorbischen Institut
Nach dem Krieg übernahm das Institut für sorbische Volksforschung (→ Sorbisches Institut), dem die Sorbische
Zentralbibliothek 1951 angegliedert wurde, die Fortführung der
Bibliografie. Seit 1955 erstellten einzelne Abteilungen Spezial- und
Jahresauswahlbibliografien zur Geschichte, Literatur, Sprachwissenschaft und Volkskunde;
Jurij Młynk fasste das Material
1959 zur „Sorbischen Bibliografie 1945–1957 mit Nachträgen bis 1945“ zusammen.
Diese wurde wie alle folgenden Bände in der Schriftenreihe des Instituts beim
Domowina-Verlag
herausgegeben. Młynk löste sich in seiner Bibliografie von der
landeshistorischen Ausrichtung und verfolgte eine eher kulturpolitische
Zielsetzung. Isolde Gardoš führte 1971
die bis heute beibehaltene Systematik mit 14 thematischen Hauptgruppen ein,
Měrćin Wałda stellte 1976 die bibliografische Beschreibung der Titelaufnahmen
auf den RAK-Standard um. Die Sorbische Bibliografie wurde im Laufe der Zeit eine
slawistische Fachbibliografie zur Sorabistik, zugleich ein
regionalhistorisches Nachschlagewerk und Abbild des kulturellen und nationalen
Lebens der Sorben.
Franc Šěn stellte nach 1992 die
bibliografische Erfassung auf EDV-Basis um. Im Jahr 2008 erschien der letzte
Fünfjahresband (2001–2005) im Druck; danach stellte der Domowina-Verlag die
Herausgabe ein. Publikationen ab 1945 können nunmehr u. a. auf der Internetseite
des Sorbischen Instituts sowie auf der Internetseite www.slavistik-portal.de
recherchiert werden.
Lit.: H. Pohrt: Zur Herausgabe und Aufnahme der Wendischen (Sorbischen) Bibliographie von J.
Jatzwauk 1928–1932, in: Lětopis A 23 (1976) 2; F. Schön: Wegweiser zum Studium
der Geschichte und Kultur eines kleinen Volkes – die „Sorbische Bibliographie“,
in: Die Regionalbibliographie im digitalen Zeitalter. Deutschland und seine
Nachbarländer, Frankfurt am Main 2006; A. Pohončowa/W. Bejmak: Zawjazanje
Serbskeje bibliografije do digitalnych informaciskich systemow, in: Lětopis 65
(2018) 2.